Fürstenfeldbruck:Verstöße gegen den Tierschutz

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Verbraucherschutzministerium bestätigt die Vorwürfe gegen den Schlachthof und listet vor allem hygienische und bauliche Mängel auf. Grünen-Politikerin Steinberger regt eine permanente Videoüberwachung an

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Kontrollen des staatlichen Veterinäramts zwischen 2012 und 2017 haben Verstöße gegen den Tierschutz sowie hygienische und bauliche Mängel im Brucker Schlachthof offengelegt. Das geht aus der Antwort des bayerischen Staatsministeriums für Umwelt- und Verbraucherschutz auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger (Grüne) hervor. Die Befunde zielen in dieselbe Richtung wie die Vorwürfe der Soko Tierschutz, die von Tierquälerei spricht. Laut der Grünen-Politikerin mangelt es "an regelmäßigen Kontrollen, an Hartnäckigkeit und an der Bereitschaft, genau hinzusehen." Wenn die Auskunft des Unternehmers, er habe Missstände beseitigt, genüge, sei das nicht im Sinne eines guten Verbraucherschutzes. Steinberger fordert, über eine permanente Videoüberwachung nachzudenken.

Das Ministerium konnte nicht ermitteln, wie oft und durch welche Behörden oder private Prüfer der Schlachthof oder die Brucker Schlachthof GmbH & Co. KG in den vergangenen fünf Jahren kontrolliert worden ist. Stattdessen haben die Mitarbeiter insgesamt 14 Kontrollen des Veterinäramts von Januar 2012 bis März 2017 ausgewertet. Ein Problem ist die Hygiene: Aufgelistet werden Verschmutzungen in verschiedenen Räumen, Algenablagerungen an einem Sicherungskasten oder ein verdreckter Schweineschlachtkörper. Personalwege für die Trennung von reinen und unreinen Bereichen würden nicht eingehalten, beim Betreten der Schlachthalle seien Sohlen nicht gereinigt worden, Wannen aus dem unreinen Bereich seien in der Schlachthalle gefunden worden.

Mehrfach weist der staatliche Veterinär auf Mängel an Gebäuden und Einrichtungen hin. So war die Fixiereinrichtung in der Betäubebox für Rinder nicht so eingerichtet, dass Kopfbewegungen vollständig einschränkt waren. In seiner Anwesenheit wurden Betäubungen nicht richtig ausgeführt, etwa bei Schweinen und Rindern, für Kälber wurde zu starke Munition verwendet. Ein Rind stand zwei bis drei Minuten in der entsprechenden Box, bevor mit der Betäubung begonnen wurde - die eigentlich innerhalb von Sekunden erfolgen soll, um das Tier nicht unnötig zu ängstigen. Bei einem Rind war die Zeitspanne zwischen Betäubung und Entblutung überschritten, was das Risiko erhöht, dass das Tier etwas spürt. Am 28. Januar 2014 war der Veterinär Zeuge, als Metzger Elektrotreiber beim Zutrieb eines Tieres aus Mutterkuhhaltung einsetzten. "Ein Mitarbeiter drehte einmalig den Schwanz um beim Zutrieb eines Rindes", heißt es außerdem.

Vergleichsweise positiv klingt eine Beschreibung vom 13. April 2015: "Die Betäubung ging äußerst ruhig und routiniert vonstatten. Bei einem von 20 Schweinen lag eine unzureichende Betäubung vor. Die unzureichende Betäubung wurde vom Personal erkannt, es erfolgte unverzüglich eine Nachbetäubung." Naheliegend sei freilich, dass sich die Belegschaft besonders bemüht, wenn der Veterinär zugegen ist, wie Steinberger bemerkt. Verstöße gegen das Tierschutzrecht seien so kaum zu ermitteln. Deshalb sei der Brucker Schlachthof erst aufgrund heimlicher Videoaufnahmen geschlossen worden.

Die Übersicht aus dem Ministerium ergänzt das Bild, das sich schon aus Mängellisten des Landratsamts ergeben hat, die bis ins Jahr 2012 zurückreichen. Die Kreisbehörde hat diese aus Meldungen des amtlichen Tierarztes zusammengestellt, der für eine private Firma im Auftrag des Veterinäramts an jedem Schlachttag anwesend ist. Anfang Juni war die Liste der SZ auf Nachfrage zugänglich gemacht worden. Diese Mängellisten werden in der Stellungnahme des Ministeriums auch aufgeführt. Für die Zeit vor 2012 existieren angebliche keine solchen Übersichten.

Der Schlachthof stellte Anfang Mai seinen Betrieb ein, nachdem die Soko Tierschutz Videos veröffentlicht hatte, die zeigen, wie Rinder mit Starkstromzangen traktiert und Schweine nur unzureichend betäubt werden. Anscheinend wurden Tiere aus ökologischer Landwirtschaft, die etwa 60 Prozent der Schlachttiere in Bruck ausmachten, verbotenerweise mit Elektroschockern betäubt. In einem Fall läuft ein Metzger mit Stiefeln über Schweine, ein anderer tritt einem Schaf gegen den in einem Gitter verfangenen Kopf. Am 10. Mai hatte das Landratsamt den Betrieb untersagt und Strafanzeige erstattet.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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