Fürstenfeldbruck:Verrat am Mandaten

Amtsgericht verurteilt Fachanwältin zu Geldstrafe

Ein Rechtsanwalt für beide Ehepartner in einem Scheidungsverfahren ist ungewöhnlich, aber nicht grundsätzlich unmöglich. Strafbar für den Juristen wird die Sache aber dann, wenn er formal nur einen der Partner vertritt. Wenn er dann dennoch beide gemeinsam berät, macht er sich des Parteiverrats schuldig. So nennt es das Strafgesetzbuch, wenn ein Rechtsanwalt gegen die Interessen seines Mandanten handelt. Dass selbst Juristen auf diesem diffizilen Terrain ins Schleudern kommen können, zeigt der Fall einer erfahrenen Fachanwältin für Familienrecht. Die 61-Jährige wurde von einem Brucker Amtsrichter wegen Parteiverrats zu 9100 Euro Geldstrafe verurteilt.

Konkret geht es um ein Gespräch Anfang August 2014 bei der 61-Jährigen aus dem östlichen Landkreis. Dass beide, inzwischen geschiedenen Eheleute damals bei ihr waren, um sich über die Scheidung beraten zu lassen, bestreitet die Anwältin vor Gericht gar nicht. Sie argumentiert vielmehr so, dass der Mann erst am Ende des Gesprächs mit dem Unterschreiben einer Prozessvollmacht zu ihrem Mandanten geworden sei. Dieser Logik folgt auch die Staatsanwaltschaft, die den ganzen Fall einstellen wollte. Aber die Rechtsanwaltskammer ist anderer Auffassung, und so landet die Scheidung eines Puchheimer Paares auf Umwegen vor Gericht.

Wie sich in der Verhandlung nach weit mehr als einer Stunde herausstellt, ist das Beratungsgespräch nicht der erste Kontakt zwischen Ehemann und Rechtsanwältin. Die beiden Eheleute hatten sich bereits in den drei Jahren davor anwaltlich zu den Möglichkeiten einer Scheidung beraten lassen; der Mann war bei der Angeklagten gewesen. Nach einer längeren Pause kontaktierte er die Rechtsanwältin Ende Juli 2014 per E-Mail. Er habe sich inzwischen mit seiner Frau geeinigt, schrieb er und listete unter anderem auf, wie viel Unterhalt Kinder und Frau bekommen (900 Euro), dass seine Frau 140 000 Euro von ihm bekommt und er das Haus behält. Ob diese Vereinbarung rechtlich in Ordnung sei und er mit seiner Frau zur Beratung vorbeikommen könne, fragte der Ehemann damals an.

Die Angeklagte sah seinerzeit schon Probleme mit dieser Vereinbarung, da der Unterhalt für die Frau deutlich unter den gesetzlichen Vorgaben lag. Das machte sie aber in ihrer Antwort nicht deutlich genug, wie ihr der Staatsanwalt in der Verhandlung klar macht. "Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass der Ehemann die Angeklagte für sein Scheidungsverfahren als Rechtsanwältin wollte", das gehe schon aus der Vorgeschichte hervor. Zudem sagten es beide vor Gericht so aus. Als die Staatsanwaltschaft diese Sache einstellen wollte, habe sie sich auf ein BGH-Urteil berufen, bei dem beide Ehepartner gemeinsam den Auftrag an die Rechtsanwältin erteilten. Davon könne hier keine Rede sein, sagt er in seinem Plädoyer und beantragt eine achtmonatige Bewährungsstrafe sowie 5000 Euro Geldauflage.

"Ich war wirklich der Meinung das Beste zu tun", sagt die Angeklagte als Schlusswort. Ihr Verteidiger beantragt angesichts des komplizierten Sachverhalts, den selbst die Staatsanwaltschaft zunächst falsch einstufte, einen Freispruch. Mit seinem Urteil wählt der Vorsitzende Richter Johann Steigmayer die Mitte. Die Angeklagte muss zwar jetzt mehr bezahlen, aber juristisch wiegt eine Haftstrafe, auch zur Bewährung, viel schwerer. Und die Rechtsanwaltskammer muss noch über die Zulassung der 61-Jährigen entscheiden.

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