Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Unterricht in Demokratie

Lesezeit: 1 min

Bayernweites Projekt für Berufsschulen gestartet

Von Fabiana Braunstorfer, Fürstenfeldbruck

Meinungsvielfalt, Vertreterwahl und Mitbestimmungsrecht: Direkt an den Berufsschulen sollen Auszubildende demokratische Werte erfahren und umsetzen. Die Stiftung Bildungspakt Bayern gab vergangenen Mittwoch den Startschuss für einen Schulversuch, der zunächst für vier Jahre angesetzt ist. Bayernweit werden in zehn Modellschulen neue Beteiligungsformate getestet. Etwa 80 Gäste, darunter Regierungs- und Berufsschulvertreter, fanden sich im Veranstaltungssaal Fürstenfeld ein. Im Laufe des Vormittags zeigte sich: Schülern mangelt es nicht an politischem Interesse und Engagement. Denn damit Demokratieerziehung funktioniert, müssen vielmehr gängige Fächertrennungen und Zeitengpässe geprüft werden.

Die Initiatoren zeigten ein Video, in dem sich Schüler der Berufsschule Landsberg gegenseitig interviewen. Einige geben an, dass Politik und Demokratie in ihrem Alltag keine Rolle spiele. Eine Schülerin fühlt sich gar "überfordert". Doch die Lernmotivation scheint gegeben. Für das Fach Sozialkunde wünscht sich einer der Befragten mehr "Praxisbezug", ein anderer "aktuelle Diskussionen".

"Viele sagen, Politik interessiert mich nicht", sagte anschließend Rico Behrens, Professor für Politikwissenschaft und Leiter des Projekts "Starke Lehrer - Starke Schüler". Wenn man mit ihnen dann aber über andere verwandte Themen spreche, beispielsweise Umweltschutz, seien sie gut informiert und gesprächsfreudig. Deswegen rät Behrens, in Schulen mit einem "breiteren Politikbegriff" zu lehren. Behrens betonte außerdem, wie wichtig die Zusammenarbeit von Lehrern, Schülervertretern und außerschulischen Trägern sei. Denn man habe festgestellt, dass auch in Gremien nicht alle demokratischen Werte vertreten seien. Mit der Wahl einer Schülermitverantwortung (SMV) können Schülervertreter an der Gestaltung der Demokratieerziehung mitarbeiten.

Außerdem betonte der stellvertretende Landesschülersprecher Stefan Lindauer, "der Faktor Zeit ist wichtig". Denn Berufsschüler seien in der Regel nur an einem Tag pro Woche in den Lehrinstitutionen. Deswegen möchte Projektleiter Stefan Rieder mit der Entwicklung einer Plattform die digitale Vernetzung auch an Tagen außerhalb der Berufsschule ermöglichen.

Politik soll nicht mehr nur im Fach Sozialkunde thematisiert werden. Man könne in allen Unterrichtsfächern einen individuellen Weg finden, Werte zu vermitteln, sagte Staatssekretärin Anna Stolz. Man könne etwa Wahlen im Deutschunterricht analysieren. Fächerübergreifend könne man mit Projekten und Planspielen, wie etwa dem Spiel "Der Landtag sind wir", üben. Laut Stefan Rieder soll der Schulversuch dazu dienen, Umsetzungsmöglichkeiten anhand von "Best-Practice-Beispielen" zu zeigen. "Das Projekt ist für alle Schulen gedacht. Auch Fürstenfeldbruck wird profitieren."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4709888
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.12.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.