Fürstenfeldbruck:Unter Strom

Fürstenfeldbruck: Strom aus Photovoltaikanlagen wird direkt im Haus verbraucht, nur der Überschuss wird eingespeist.

Strom aus Photovoltaikanlagen wird direkt im Haus verbraucht, nur der Überschuss wird eingespeist.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Mit ungewohnter Leidenschaft diskutieren Fürstenfeldbrucks Kreisräte über die Details einer geplanten Photovoltaik-Kampagne

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Seine Bürger möchte der Landkreis für die Nutzung von mehr Sonnenenergie begeistern. Doch wie? Die dazu vom Klimaschutzmanagement im Landratsamt und dem Energiewendeverein Ziel 21 vorgelegte Idee für eine entsprechende Kampagne fand nun viel Widerspruch im Energie-, Umwelt- und Planungsausschuss des Kreistags. Gleichwohl wurde das geplante Vorgehen mit verschiedenen Veranstaltungen zum Thema, Energieberatungen, Flyern und einem Klima-Gewinnspiel mehrheitlich gebilligt.

Bei der Frage, wie der Landkreis seine vor wenigen Monaten beschlossene Kampagne für mehr Photovoltaikanlagen auf privaten und öffentlichen Dächern umsetzen solle, bewiesen die Ausschussmitglieder am Montag unerwartete Diskussionsfreude. Er sei "dankbar, dass dieser Problematik mal argumentativ auf den Grund gegangen" wurde, spottete Landrat Thomas Karmasin (CSU), als die Diskutanten nach etwa einer Stunde mit neun zu fünf Stimmen - dagegen waren SPD, FDP und Grüne - beschlossen, die Werbemaßnahme wie vorgesehen in Angriff zu nehmen.

Manche Wortbeiträge ließen indes kein gutes Haar an den Vorschlägen. Es sehe so aus, als habe sich "eine neue Schülerzeitungsredaktion gebildet und macht jetzt Aktionismus", lästerte FDP-Kreisrat Klaus Wollenberg. Dass man stattdessen auf die Erstellung eines Solarkatasters verzichte - was er zwei Monate zuvor noch selbst mitbeschlossen hatte -, wollte ihm nicht recht einleuchten. Johann Wörle (CSU) erinnerte an den Beschluss und daran, dass man sich zum Ziel gesetzt habe, "die Bürger noch mehr zu sensibilisieren und aufzuklären". Die neue Kampagne soll dazu beitragen, die solare Stromproduktion im Landkreis zu erhöhen und gleichzeitig die Stromimporte zu senken und damit auch die Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren. Denn eine vor einem halben Jahr vorgelegte Expertise hatte ergeben, dass der CO₂-Ausstoß im Landkreis weiter gestiegen ist - um 4,7 Prozent zwischen 2010 und 2015 - anstatt zurückzugehen.

Deshalb sollen nun mehr Photovoltaikanlagen auf die Dächer. Für die Auftaktveranstaltung zur entsprechenden Kampagne, die unter dem Motto "Zusammen schlau - FFB setzt auf PV" stehen soll, wurde bei Franz Alt als Referent angefragt. Etwa hundert Mal ist der 80-jährige Journalist und Buchautor pro Jahr mit seinen Vorträgen unterwegs. "Die Sonne schickt uns keine Rechnung" lautet der Titel eines seiner Bücher, erstmals veröffentlicht im Jahr 2004. Landrat Karmasin erinnerte in der Sitzung daran, schon vor etwa zwanzig Jahren einen Vortrag mit demselben Titel von ihm gehört zu haben, und reihte sich damit ein unter jene Kreisräte, die den Referenten Franz Alt nicht für die zukunftsweisendste Werbemaßnahme hielten. "Mehr als ausgelutscht" nannte Wollenberg die Personalie, was wiederum Max Keil (ÖDP) so nicht stehen lassen wollte. Wer Franz Alt so bezeichne, habe ihn noch nicht gehört oder hören wollen, so Keil. Werbung für Photovoltaik sei wichtig, "weil durch die Politik sehr viel Verwirrung entstanden ist auf diesem Gebiet". Keil spielte damit auf geänderte Einspeisevergütungen an.

Die CSU verteidigte die Kampagne. "Es ist wichtig, dass endlich was passiert", sagte ihr Fraktionssprecher Emanuel Staffler. Eine Vor-Ort-Beratung für die Bürger durch Fachleute von Ziel 21 könne viel mehr leisten als das bloße Aufrufen eines Solarkatasters im Internet, ergänzte Jakob Drexler (UBV), der die Idee einer Photovoltaik-Kampagne vor zwei Monaten ins Rollen gebracht hatte. Auch Katrin Ziewers, eine der beiden Klimaschutzmanagerinnen, verteidigte das Vorgehen: "Wir wollen mehr in die Fläche gehen und die Bürger auf Beratungsmöglichkeiten hinweisen." Sie verwies auf die Stadt Freiburg, deren Photovoltaik-Aktion so erfolgreich lief, dass sie nach einem Jahr auf unbestimmte Zeit verlängert wurde.

Die Grünen indes wollten sich nicht mit den Plänen anfreunden. "Ein Ding von gestern", sagte Christian Stangl. Es handle sich um "ein paar nette Einzelposten, aber keine Kampagne", sekundierte Jan Halbauer: "Das hat nur einen Placeboeffekt." Er glaube nicht, dass das Thema nicht schon landauf, landab bekannt sei, ergänzte Puchheims Bürgermeister und SPD-Kreisrat Norbert Seidl. Wer sich Solarmodule anschaffen wolle, so Seidl, der gehe zu seinem Energieversorger, zur Kommune oder gleich zu entsprechenden Firmen, um sich zu erkundigen - und um vor allem die Frage klären zu lassen: "Rechnet sich's?"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: