Fürstenfeldbruck:Spielerische Entdeckungstour

Das Kunsthaus Fürstenfeldbruck zeigt Druckgrafiken aus dem Werk von Roland Helmer. Bei einem Gespräch erfahren die Besucher viel über die Beziehung zwischen Farben und Formen - und die Sprache, die er über die Jahre entwickelt hat

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Eine Gruppe Neugieriger hat sich vor dem Künstler Roland Helmer versammelt, um zuzuhören, wie er seine Werke beschreibt und die Ideen dahinter erklärt. Es geht um Linien, Formen und Farben. Vor allem um die Beziehung von Farben untereinander, darum, wie sie sich gegenseitig beeinflussen und verändern, wenn sie nebeneinander stehen. "Ich glaube damit ist alles gesagt, was gesagt werden kann. Oder kann noch jemand etwas anderes sagen?", fragt Helmer seine Zuhörer, als er zu Ende erklärt hat. Als Antwortet erntet er ein kollektives, herzliches Lachen. Denn freilich kann niemand etwas ergänzen in dieser Sprache, von der sie eben gerade einmal ein paar Basisvokabeln gelernt haben. Denn genau das ist es, was die konkret-konstruktive Kunst Helmers ist: eine eigene Sprache, eine Kunst-Sprache, die er Werk für Werk seit nun 60 Jahren entwickelt hat und immer weiterentwickelt.

Im Kunsthaus Fürstenfeldbruck sind aktuell Druckgrafiken Helmers aus den vergangenen sechs Jahrzehnten zu sehen. Die Ausstellung mit dem Titel "Farbe im System" sollte bereits im vergangenen Jahr anlässlich Helmers 80. Geburtstag gezeigt werden, wurde dann aber Lockdown-bedingt verschoben. Ende März wurde nun endlich eröffnet, nur um nach wenigen Tagen wieder schließen zu müssen. Seit Freitag waren die Werke dann wieder zu sehen, an diesem Dienstag ist wieder Schluss. Geplant ist eine Ausstellungsdauer bis zum 25. April. Am Sonntagnachmittag hat Helmer einen der offenen Tage genutzt, um den Besuchern seiner Ausstellung in einem Künstlergespräch Rede und Antwort zu stehen.

Der Andrang ist groß, 20 Besucher dürfen sich gleichzeitig auf den beiden Ebenen des Kunsthauses aufhalten. Zeitweise müssen einzelne Interessierte sogar kurz anstehen. Das Publikum ist, anders als bei vielen Ausstellungen, gemischt, auch Familien mit Kindern sind da. "Eigentlich bin ich ja kein Kunstfan, aber hier gefällt mir schon einiges", verkündet einer der jungen Besucher.

Das mag auch daran liegen, dass Helmers Werke kein kunsthistorisches Wissen voraussetzen, keine Motive zeigen, die man entweder mag oder nicht. Wer einen Zugang zu seiner konkreten Kunst finden will, der braucht nicht mehr als einen aufmerksamen Blick und den Wunsch zu verstehen, was vor seinem Augen passiert. Sie ist eine sinnliche Erfahrung, eine Schulung für die Sinne.

Helmer ist ein Entdecker. Und er arbeitet akribisch und stringent an seinen Themen - über Jahrzehnte. Beispielhaft ist das an seinen Farbexperimenten zu sehen. In seiner Anfangszeit hat er die Farben in den Werken direkt nebeneinander gestellt, geschaut, wie sie aufeinander wirken. Später trennte er sie durch schwarz und weiße Linien und Flächen. "Und jetzt beginne ich, also seit 20 Jahren, lasierend mit den Farben über schwarz und weiß zu malen"

Bei aller Strenge, der exakten mathematischen, der geometrischen Strenge, die die konkrete Kunst verlangt, verliert Helmer nie eine gewisse Portion Humor, es gibt viel spielerisches. Etwa in "Rot, blau, grün", einem quadratischen Werk, mit blauen und grünen Linien die über eine rote Grundfläche gezogen sind. Je weiter sich der Betrachter vom Bild entfernt, desto schwerer ist es, die einzelnen Farben auseinander zu halten, zu sagen wo jetzt grün ist und wo blau und ob es überhaupt unterschiedliche Farben sind. Eine Spielerei ist auch ein Werk aus den Jahren 1982 bis 87, das in dieser Ausstellung erstmals so zu sehen ist, wie Helmer es damals geplant hat. In zehn Schritten geht er der Frage nach, ab wann man als Betrachter ein Werk nicht mehr als dreidimensionales Objekt sondern als Fläche wahrnimmt. Es besteht aus zehn Leinwänden, die Helmer mit unzähligen Farbpunkten komplett bespritzt hat. Jede Leinwand ist dabei etwas breiter, als die vorherige.

Während die Besucher also überlegen, wo sie nun die von Helmer gesuchte Grenze selbst setzen würden, erzählt der Künstler eine heitere Anekdote aus seiner Experimentierphase als junger Künstler mit seiner Form des "Drip Painting". "Ich habe damals unseren ganzen Keller mit Punkten übersät. Meine Mutter hat davon gar nichts gehalten. Vielleicht kann sie deswegen bis heute nicht viel mit meiner Kunst anfangen".

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