Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Sicherheitswacht spaltet Stadtrat

Weil das Konzept der Bürger in Uniform vor einem Jahr abgelehnt worden ist, wehrt sich eine Mehrheit gegen eine erneute Debatte. Es kommt zum Eklat und die vom Oberbürgermeister eingeladenen Vertreter der Polizei dürfen keine Expertise abgeben

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Erneut ist es im Stadtrat von Fürstenfeldbruck zu einem Eklat gekommen. Diesmal dürfte die Außenwirkung besonders verheerend sein. Denn als Folge des Streits zwischen einer Stadtratsmehrheit und Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) wurden eigens eingeladene Vertreter der Polizei und des Innenministeriums unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt. Eigentlich sollten sie eine Stellungnahme zur möglichen Einführung einer Sicherheitswacht geben.

Grund war die Absetzung des Tagesordnungspunkts. Dritte Bürgermeisterin Karin Geißler (Grüne) begründete ihren Antrag damit, dass sich der Hauptausschuss vor fast einem Jahr nach intensiver Debatte mit acht gegen sieben Stimmen bereits gegen die Einführung der Sicherheitswacht votiert hatte. Die Sicherheit sei auch ohne eine solche Truppe gegeben, so damals der Tenor der Mehrheit.

Bei Stadträten vor allem aus den Reihen von SPD, BBV, Grünen sowie Die Partei und Frei liegen die Nerven blank, wenn sie den Verdacht haben, dass die Stadtspitze längst beschlossene Dinge ohne triftigen Grund wieder auf den Tisch bringen will. Darin wird von Kritikern einer der Gründe gesehen, dass in der Kreisstadt angeblich zu wenig vorangeht. Auch beim Punkt Sicherheitswacht gebe es offenbar keine neuen Erkenntnisse. CSU-Fraktionssprecher Andreas Lohde versuchte vergebens, die letztlich mit 20 gegen 17 Stimmen beschlossene Absetzung zu verhindern und es der Brucker Polizeichefin Nina Vallentin sowie den beiden Vertretern des Innenministeriums und des Präsidiums Oberbayern Nord zu ermöglichen, Stellung zu nehmen. Vallentin hatte eigens ihren Urlaub unterbrochen. Lohde lenkte den Blick aufs Umfeld des sogenannten Asyl-Ankerzentrums am Fliegerhorst. Eine Sicherheitswacht könne auch in diesem Bereich dazu beitragen, die Situation zu entschärfen.

Polizeisprecher Michael Fischer betonte am Freitag, die Asylunterkunft selbst sei vom Thema Sicherheitswacht deutlich zu trennen. "Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun". In der Asylunterkunft und an der Pforte ist professionelles Sicherheitspersonal eingesetzt. Daran soll sich nichts ändern. Auch die fehlenden Stellen bei der Polizei könnten durch ehrenamtliche Helfer einer Sicherheitswacht nicht kompensiert werden. Gleichwohl gibt es nach Auffassung Fischers geeignete Einsatzbereiche für "Bürger in Uniform". So könnten sie Aufgaben übernehmen, die früher Kontaktbeamten der Polizei innehatten - als Ansprechpartner im öffentlichen Raum für ihre Mitbürger. Zudem könnte sie den städtischen Ordnungsdienst entlasten. Letztlich sei die Sicherheitswacht eine politische Entscheidung und die Polizei in der Sache neutral, so Fischer. Er macht keinen Hehl aus seinem Eindruck, dass Nina Vallentin über das schnelle Ende des Auftritts im Stadtrat "not amused" gewesen sei.

Bruck bleibt weiterhin die Möglichkeit, über die Inspektion einen Antrag ans Präsidium zu stellen. In einem Rundbrief, der im September bei der Stadt eingegangen ist, lobt Innenminister Joachim Herrmann die fast tausend Bürger, die bereits in fast 150 Gemeinden ehrenamtlich Streife gehen und damit "sichtbar Präsenz" zeigen. Im Bedarfsfall sollen sie über Funk die Polizei verständigen, nur im Notfall selbst eingreifen. Die Sicherheitswacht, so Herrmann, sei "weder Hilfspolizei noch Bürgerwehr". Sie würde vom Freistaat Bayern finanziert.

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SZ vom 02.03.2019
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