Fürstenfeldbruck:Seltene Begegnungen

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In der von der Kirche Sankt Bernhard organisierten langen Nacht der Christen treffen sich unter Corona-Bedingungen Gläubige aus Fürstenfeldbruck und gedenken einiger Widerstandskämpfer gegen die Nazis

Von Anna Schorr

Mit Kerzen, Maske und Abstand - so konnte am Freitagabend die lange Nacht der Christen in Fürstenfeldbruck stattfinden. Zwischen 30 und 40 Gläubige aller Gemeinden der Stadt wanderten gemeinsam zu sechs verschiedenen Stationen im Stadtzentrum. Unter dem Thema "76 Jahre nach Kriegsende: Glaubenszeugnisse von damals - Ermutigung für heute!" wurde an jedem Halt das Leben und Wirken von Gläubigen dargestellt, die während der Zeit des Nationalsozialismus Widerstand geleistet hatten.

Mit erforderlichem Abstand gehen die Teilnehmer der langen Nach der Christen von Station zu Station und hören, zum Beispiel im Stadtpark, die Biografien von kirchlichen Widerstandskämpfern gegen die NS-Diktatur. (Foto: Leonhard Simon)

Eröffnet wurde die Veranstaltung in der Freien Evangelischen Gemeinde. Dort wurde Friedrich von Bodelschwingh Junior vorgestellt, der die Menschen in seinem Diakoniewerk vor den Nationalsozialisten verteidigt hatte. Von Klaviermusik begleitet, wurde sein 1938 veröffentlichtes Passionslied vorgetragen. Unter ihren Masken summten einige Anwesende leise mit. Mit Kerzen ausgestattet, ging es weiter zur Station am Wegkreuz im Stadtpark. Dort beteten die Gläubigen gemeinsam mit den Worten von Edith Stein, einer Ordensschwester, die sich gegen das Nazi-Regime aufgelehnt hatte und in Ausschwitz ermordet worden war. Wie auch bei anderen Stationen im Freien wurde der Vortrag von Akkordeon und Gesang begleitet. Auf dem von aufgestellten Kerzen erhellten Platz vor der Erlöserkirche lauschten die Gläubigen der Geschichte von Dietrich Bonhoeffer, der für sein Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen" bekannt ist und kurz vor Kriegsende hingerichtet worden war. Vor der Leonhardikirche wiederum wurde unter einem fast vollen Mond am Himmel der engagierten Widerstandskämpferin Freya von Moltke gedacht. Die Pfarrkirche Sankt Magdalena bot ausreichend Platz, so dass die Teilnehmer dem Vortrag über Pater Rupert Mayer lauschen konnten, der für seine Predigten in einem Konzentrationslager leiden musste. Zum Abschluss versammelten sich die Gläubigen in der Neuapostolischen Kirche, in der das Leben der Theologin Katharina Staritz während der NS- Herrschaft geschildert wurde.

In der Freien Evangelischen Gemeinde beginnen die Vorträge in der langen Nacht der Christen. (Foto: Leonhard simon)

Die Resonanz auf den Abend ist positiv: "Die lange Nacht der Christen ist eine wunderbare Idee", sagt eine Teilnehmerin auf dem Weg zur Erlöserkirche, "so kann man auch in Zeiten von Corona Gemeinschaft erleben." Gemeinschaftlich - wenn auch mit gebotenem Abstand - war laut Friedrich Deschauer, ehrenamtlichen Mitarbeiter in Sankt Bernhard und Mitorganisator, auch die Organisation der Veranstaltung. In einem ökumenischen Miteinander hätten alle Gemeinden der Stadt Fürstenfeldbruck zusammengearbeitet. Veranstalter war die Pfarrgemeinde St. Bernhard. Deschauer ist mit dem Abend zufrieden. "Wir wussten nicht, ob sich die Leute während der Pandemie trauen zu kommen, aber wir waren von der Teilnehmerzahl angenehm überrascht. Und das Wetter hat ja auch sehr gut mitgespielt", freut er sich. Etwas bedauerlich sei gewesen, dass die vorgetragenen Texte an manchen Stationen durch den Straßenlärm nicht vollständig zu verstehen gewesen wären. Aufgrund der Corona-Bedingungen hätten mehr Stationen als sonst im Freien stattfinden müssen. Positiv bewertet Deschauer, dass sich die Teilnehmenden so gut an die Abstands- und Maskenregelungen gehalten hätten.

Die lange Nacht der Christen gibt es seit dem Jahr 2007, nur vergangenes Jahr musste sie laut Deschauer pandemiebedingt ausfallen. Das Thema der diesjährigen Nacht sei eigentlich schon für letztes Jahr geplant gewesen. "Im Jahr 2020 wären es ja 75 Jahre nach Kriegsende gewesen. Aber so war das Thema heuer eben '76 Jahre nach Kriegsende'", erzählt Deschauer, "das Thema bleibt ja aber immer aktuell."

© SZ vom 30.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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