Fürstenfeldbruck:Schwindendes Gedenken

Tag der Heimat

Tag der Heimat auf dem Olchinger Friedhof: Ob die Veranstaltung in diesem Jahr stattfindet, ist fraglich.

(Foto: Johannes Simon)

Die öffentliche Erinnerung an die Vertreibung der Deutschen nimmt im Landkreis ab, doch die Flucht bleibt ein aktuelles Thema

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Ost- und Mitteleuropa sind mehrere Jahrzehnte lang ein hoch umstrittenes Thema der deutschen Politik gewesen. Von Forderung nach Gerechtigkeit bis Kriegstreiberei lauteten die Urteile über Reden und Forderungen, die an den Tagen der Heimat laut wurden. Seit Staaten wie Polen oder die Tschechische Republik zur Europäischen Union gehören und die Grenzen offen sind, sind die Vertriebenenverbände und ihre Kritiker viel leiser geworden. "Die Erlebnisgeneration stirbt aus", sagt der Olchinger Rechtsanwalt Ewald Zachmann, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, also des Interessenverbandes der deutschsprachigen Umsiedler aus der Bukowina. Dieser Landstrich ist heute aufgeteilt, der Norden gehört zur Ukraine, der Süden zu Rumänien.

Die Kinder und Enkel der Flüchtlinge interessieren sich vielleicht noch für die Geschichte der Deutschen in Ost- und Mitteleuropa, sind aber nicht mehr in Verbänden engagiert. So rechnet Zachmann, dass es zu dem Thema im Herbst nur noch eine Veranstaltung in Gernlinden geben wird. In Germering finde schon seit zwei Jahren nichts mehr statt, sagt er, und ob es in Olching noch zu einer Feierstunde im Friedhof kommt, ist fraglich.

Das Thema Flucht und Vertreibung ist jedoch wieder aktuell. Auch im Landkreis. Die Flüchtlinge sind keine Deutschen, sondern sie fliehen nach Deutschland. Die Politik reagiert langsam darauf. Seit zwei Jahren gibt es am 20. Juni deutschlandweit einen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung. Er ist bislang wenig bekannt. Schwerpunkt ist die Erinnerung an die deutschen Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg. Dass der Gedenktag auf den Weltflüchtlingstag fällt, zeigt aber, dass die deutsche Politik inzwischen auch die internationalen Fluchtbewegungen und ihre Folgen im Blick hat.

Manuel Leupold, Integrationsfachkraft im Rathaus Germering, mahnt eine langfristige, auf Integration gerichtete Politik an. Er selbst hat bereits einiges organisiert. So gibt es in Germering unter anderem eine interkulturelle Woche, ein Einbürgerungsfest, einen Dolmetscherpool und eine Praktikumsbörse, mit deren Hilfe Migranten erste berufliche Erfahrungen sammeln können. Gerade beim Erlernen der deutschen Sprache und der Integration ins Berufsleben erwartet Leupold noch mehr Initiativen aus der Politik. Momentan werde ihm das Thema Flucht zu sehr auf die Begrenzung der Zuwanderung eingeengt, sagt er.

Aufgrund der offenen Grenzen und des anders ausgerichteten Interesses der Jugend bemüht sich Ewald Zachmann darum, das Thema der Vertreibung der Deutschen auf eine "andere Ebene zu heben". Der Olchinger wirkt im Vorstand des Bukowina-Instituts der Universität Augsburg mit. Das Institut organisiert Forschungen zur Geschichte des osteuropäischen Landstrichs sowie einen Austausch von Studenten und Wissenschaftlern aus Augsburg sowie von den Universitäten in Czernowitz (Ukraine) und im rumänischen Suceava. In dieser Zusammenarbeit lebe das Engagement der Vertriebenen in einem positiven Sinne weiter, sagt Zachmann.

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