Fürstenfeldbruck:Schwarzarbeit im Adelshaushalt

Bevollmächtigter Immobilienmakler wird wegen Veruntreuung von Sozialabgaben zu hoher Geldstrafe verurteilt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Für die Angehörigen einer vor mehr als drei Jahren verstorbenen Frau aus einer Adelsfamilie dürfte es eine kleine Genugtuung sein: Ein Immobilienmakler aus dem Landkreis Starnberg ist von Amtsrichter Johann Steigmayer für schuldig befunden worden. Die Verhandlung vor dem Amtsgericht beschäftigte sich freilich nicht mit dem Hauptvorwurf der Familie. Diese ist überzeugt, dass der Angeklagte seinen Posten als bevollmächtigter Betreuer der einstigen Eigentümerin eines Gutshofs am Ammersee ausgenutzt hat und diese sowie ihre Erben um bis zu 3,5 Millionen Euro gebracht hat.

Am Mittwoch ging es in einem abgetrennten Strafverfahren um Vorwürfe, die sich leichter belegen lassen: Der Angeklagte, der längst das Rentenalter erreicht hat, soll mehrere polnische Hausangestellte der Adelsfrau nicht angemeldet und Löhne bar ausgezahlt haben - vor und auch nach dem Verkauf des Landsitzes und dem Umzug in einen Neubau in Kottgeisering. Steigmayer folgte weitgehend dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft und sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im Zuge seiner fürstlich dotierten und mit umfassenden Vollmachten ausgestatteten Tätigkeit selbst als Chef aufgetreten war und die langjährige Praxis, Angestellte schwarz zu beschäftigen, ganz bewusst fortführte. Über die Jahre summierten sich die den Sozialkassen vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge auf fast 100 000 Euro. Der Makler, der nach eigenen Angaben von Zuwendungen seiner Söhne lebt, aber ganz offenbar über millionenschwere Immobilien verfügt, wurde zu 470 Tagessätzen zu je 200 Euro, also zu einer Geldstrafe von insgesamt 94 000 Euro verurteilt. Der Verteidiger Andreas Geipel hatte vergeblich die Meinung vertreten, die Verantwortung für die nicht gezahlten Sozialabgaben läge vor allem bei der alten Dame, deren komplette Geschäftsunfähigkeit sich in diesem Verfahren nicht zweifelsfrei beweisen ließ. Zudem hatte Geipel argumentiert, dass der einschlägige Paragraf bezüglich der "Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt" für einen privaten Haushalt wie jenen der alten Dame mit ihren Hausangestellten nicht zur Anwendung kommen könne. Geipel kündigte der SZ gegenüber an, vor dem Landgericht in Berufung zu gehen. Überschattet wurde das am Mittwoch fortgesetzte Verfahren von Misstönen. So war dem Richter der Ärger darüber anzumerken, dass die Verteidigung auf die Ladung eines Zeugen und möglichen Mittäters gepocht hatte, obwohl sie gewusst hatte, dass dieser bereits verstorben war. Man habe das vergessen, so Geipel am Mittwoch lapidar. Der Angeklagte wiederum warf dem Richter offen vor, "hasserfüllt und neiderfüllt" zu sein.

Ob der Immobilienmakler noch deutlich tiefer in die Tasche greifen muss, wird sich voraussichtlich am 22. Juli vor dem Landgericht erweisen. Dann wird ein Urteil im Zivilprozess erwartet, in dem es um hohe Honorare, Provisionszahlungen, verschwundene Luxusmöbel und fehlende Belege geht.

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