Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Schutzpatrone des Waldes

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Alle Stadtratsfraktionen gründen gemeinsam mit Verbänden und Bürgervertretern ein Aktionsbündnis. Ziel ist es, den Rothschwaiger Forst zu erhalten und nach Alternativen für den dort geplanten Kiesabbau zu suchen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Kiesabbau im Rothschwaiger Forst und Rodungen auf breiter Front sollen verhindert werden. Das ist erklärtes Ziel eines Aktionsbündnisses, zu dem sich alle im Fürstenfeldbrucker Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppierungen zusammengeschlossen haben. Unterstützt werden sie von Verbänden und bürgerlichen Gruppe. Es gibt offenbar begründete Hoffnungen, den beantragten Kiesabbau in der Pucher Grube Richtung Süden noch stoppen zu können.

Am Mittwochabend haben sich in der Volkshochschule am Niederbronnerweg Abgesandte der neun im Stadtrat vertretenen Fraktionen eingefunden, um die Gründung der gemeinsamen Initiative zu verkünden - von CSU bis zur Linken. Die eineinhalb Meter Abstand zum Nebentisch sind dem Coronavirus geschuldet, in der Sache sind sich alle einig. Vor allem wollen sie bei dem gemeinsamen Termin den festen Willen zum Ausdruck bringen, "gemeinsam" eine Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten sowie die Bürger zufrieden sein können.

Christian Götz (BBV) erklärt, was alle eint: der Wunsch, das 17,6 Hektar große, im Süden an die Kiesgrube angrenzende Teilstück des Rothschwaiger Forsts zu erhalten. Die Eigentümer des Unternehmens haben beim Landratsamt den Kiesabbau in den Wald hinein beantragt - in drei Etappen. Anschließend würde mit einem Mischwald aufgeforstet. Auf dem Areal räumt der vom Regionalen Planungsverband verfasste Regionalplan dem Kiesabbau Priorität ein. Werden alle obligatorischen Gutachten zu Natur-, Arten- sowie Emissionsschutz vorgelegt, gibt es nach Rechtslage wenig Grund für das Landratsamt, die Rodung zu verhindern. Die Stadt Fürstenfeldbruck kann lediglich als "Träger öffentlicher Belange" im Zuge des Genehmigungsverfahrens ihre Bedenken vorbringen, das Projekt aber kaum aus eigener Kraft stoppen.

Am Dienstag ließen zwar einige Politiker durchblicken, dass man sich möglicherweise über die Reglementierungen durch den jüngst beschlossenen Bebauungsplan hinaus nicht kampflos geschlagen geben müsste. Gleichwohl setzen alle Mitglieder des Aktionsbündnisses auf eine einvernehmliche Lösung mit der Firma KRO. Einer der beiden Gesellschafter ist Thomas Vilgertshofer, Bauunternehmer aus Alling und Obermeister der Bauinnung. Andreas Lohde (CSU) deutete an, dass die beiden Chefs aufgeschlossen für Gespräche seien. Lohde plädiert dafür, ihnen Alternativen zu bieten.

Der Kiesabbau in der Region müsse weiter möglich sein, auch wenn Lohde langfristig den Ausbau der Recyclingquote empfiehlt. Alexa Zierl (ÖDP) sieht auch die Stadt in der Pflicht, beispielsweise bei eigenen Bauprojekten auf die Verwendung solcher Recyclingbaustoffe zu pochen. Damit könnte bei Unternehmen wie KRO die Motivation steigen, die Expansion in die Fläche zu reduzieren. Zierl wies darauf hin, dass der Rothschwaiger Forst ganz offiziell als Klimaschutzwald klassifiziert sei - im Widerspruch zum Regionalplan. Ebenso wie Zweiter Bürgermeister Christian Stangl (Grüne) plädierte sie für die Suche nach Ersatzflächen, allerdings "nicht um jeden Preis".

Im Fall möglicher Kompensationszahlungen sieht Zierl den Freistaat in der Pflicht. Land und Bund sollten mit Blick auf den Klimaschutz und die Funktion des Waldes als CO₂-Speicher die entsprechenden Gesetze ändern, um auch jenseits von Bruck Rodungen zugunsten des Kiesabbaus künftig zu verhindern, findet Mirko Pötzsch (SPD). Das wäre im Sinne der Forstwissenschaftlerin Tanja Azambuja von der Gruppe Frauenpower for Klima, die auf die bedeutsame Rolle des Waldbodens hinwies und ebenso wie Götz die Funktion des Forsts als Naherholungsgebiet herausstrich. Thomas Brückner führte für den Bund Naturschutz zudem den Artenschutz als gewichtiges Argument gegen Rodung und Kiesabbau ins Feld. Die zehn Fledermausarten und die Zauneidechsen ließen sich kaum umsiedeln.

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SZ vom 10.09.2020
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