Fürstenfeldbruck:Schulschluss nach 99 Jahren

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Die aktuellen zwölf Absolventen sind die letzten: Die Brucker Landwirtschafts­schule, 1922 gegründet, macht dicht. Übrig bleiben Weiterbildungs­kurse sowie die Abteilung Hauswirtschaft

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Landwirtschaftsschule Fürstenfeldbruck ist Geschichte - nach 99 Jahren. Die zwölf Absolventen, die jetzt ihre Abschlusszeugnisse erhielten, waren die letzten ihrer Art. Künftig wird es im Grünen Zentrum im Fürstenfeldbrucker Stadtteil Puch keine Landwirtschaftsschule mehr geben. Es ist eine politische Entscheidung, in die der Landkreis Fürstenfeldbruck als Sachaufwandsträger der Schule nicht eingebunden war und die er auch nicht gut geheißen hatte. Die Schule hatte zuletzt immer weniger Bewerber.

Im Umkreis von sieben Landkreisen wird es nun keine Landwirtschaftsschule im üblichen Sinne mehr geben, schreibt die Schule in ihrer abschließenden Pressemitteilung. Die Schule in Erding gilt als zu weit entfernt. Nach der Ausbildung könnten Interessenten künftig die Fachschule in Pfaffenhofen an der Ilm, die Öko-Schule in Weilheim oder die Technikerschule in Landsberg besuchen.

Die Brucker Landwirtschaftsschule war im Jahr 1922 gegründet worden, hätte also im kommenden Jahr ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert. Zehn Jahre lang war sie im Lazarettflügel der Unteroffiziersschule im Kloster Fürstenfeld untergebracht, anschließend in der Aumühle. Im Jahr 1951 erfolgte der Umzug in das Schulgebäude an der Bismarckstraße, 2011 dann als erste Einrichtung in das neu gegründete Grüne Zentrum nach Puch, wo auch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Bauernverband, Maschinenring, Versuchsgut, Waldbauernvereinigung und Landschaftspflegeverband unterkamen.

Die letzten Absolventen der Brucker Landwirtschaftsschule wurden jetzt verabschiedet. (Foto: Landwirtschaftsschule)

Das Grüne Zentrum war ein Herzensprojekt der CSU, jenes in Puch wurde damals als "bayernweit einzigartiges Gemeinschaftsprojekt" und "Signal für Bildung und Zukunftschancen im ländlichen Raum" gefeiert. Die Landwirtschaftsschule erhielt dort einen schmucken, viereinhalb Millionen Euro teuren Holzbau, finanziell gefördert aus dem Konjunkturpaket II. Dass die Schule schließen musste, wurde im vorigen Juli bekannt. Auch CSU-Funktionsträger im Landkreis waren überrascht. Die Schule hatte zuletzt zu wenige Bewerber, was einige Jahre zuvor schon der Bayerische Oberste Rechnungshof bemängelt hatte. Zuletzt konnte ein Semester nur mit Ausnahmegenehmigung beginnen, weil die Mindestteilnehmerzahl von 16 Schülern nicht erreicht wurde.

Sechzig Jahre lang residierte die Schule an der Bismarckstraße. (Foto: Günther Reger)

Wer an der Landwirtschaftsschule aufgenommen werden wollte, musste einen Berufsabschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf der Landwirtschaft und ein Jahr Berufspraxis nachweisen. Die Ausbildung mit zwei Wintersemestern in Vollzeitunterricht und einem Sommersemester mit betrieblicher Praxis, Semesterarbeit und Exkursionen soll auf eine spätere Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer und Betriebsleiter vorbereiten. Wer das dritte Semester besteht, so wie die Absolventen jetzt, darf sich "Wirtschafter des Landbaus" nennen, hinzu kommt der internationale Titel "Bachelor Professional für Agrarwirtschaft". Da die Abschlussfeier coronabedingt nicht als große Veranstaltung stattfinden konnte, wurde sie in kleinerem Rahmen und mehreren Etappen begangen. Als beste Absolventen erhielten Florian Wolf aus Ebersried, der die Schule mit 1,37 abschloss, und Teresa Maier aus Esting (Note 1,75) ein Stipendium für eine nachfolgende Fortbildung.

Die Landwirtschaft aber verschwindet nicht komplett aus Puch, denn das staatliche Versuchsgut und das Amt für Landwirtschaft bleiben. Kurse des "Bildungsprogramms Landwirtschaft (Bila)" werden verstärkt dort stattfinden, sie stoßen bei den Bauern auf steigendes Interesse. 99 Anmeldungen liegen laut Schulleiterin Marianne Heidner vor, wie und wann es los geht, steht im Detail noch nicht fest. Die Bila-Kurse sind auch eine Reaktion auf die Entwicklung, wonach "viele Landwirte auf zwei Standbeinen stehen", wie Heidner erklärt: "Sie haben noch einen anderen Beruf sowie die Landwirtschaft." Ihre landwirtschaftlichen Betriebe führen sie im Nebenerwerb, bei 55 Prozent der insgesamt 610 Betriebe im Landkreis ist das der Fall. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe freilich ist in den vergangenen hundert Jahren deutlich gesunken. Als die Landwirtschaftsschule gegründet wurde, waren es noch mehr als 3000 gewesen. Auch überbetriebliche Schulungen für landwirtschaftliche Auszubildende wird es laut Heidner weiterhin in Puch geben, auch bewirbt sich der Standort um die landwirtschaftliche Meisterausbildung. Im Bereich Hauswirtschaft hat Puch die Zusage dafür bereits erhalten. Die Hauswirtschaftsschule wird ohnehin weitergeführt, sie erfreut sich "beständig hoher Nachfrage", sagt Heidner.

© SZ vom 07.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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