Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Schmierer mit Rechtschreibschwäche

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Unbekannte sprühen nahe der Erstaufnahmeeinrichtung am Fliegerhorst ausländerfeindliche Parolen auf Straße und Verteilerkästen - teils in fehlerhaftem Englisch. Die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

In unmittelbarer Nähe der Erstaufnahmeeinrichtung am Fürstenfeldbrucker Fliegerhorst sind ausländerfeindliche Schmierereien aufgetaucht. Unbekannte besprühten in der Lützowstraße drei Stromverteilerkästen und einen Verteilerkasten der Telekom sowie den Zugang zum Fliegerhorst mit den Worten "Flüchtlinge raus". Die Brucker Polizei ermittelt nun gegen unbekannt wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung.

"Es ist der erste Fall in dieser Richtung", sagt der stellvertretende Inspektionsleiter Michael Fischer. Der Vorfall habe einen ausländerfeindlichen Hintergrund. Weil sich die Schriftzüge gleichen, geht die Polizei davon aus, dass es in allen Fällen der oder dieselben Täter waren.

"Flüchtlinge raus" ist in großen, schwarzen und roten Buchstaben auf jedem der Kästen zu lesen, die an der einen Seite der mit Ein- und Zweifamilienhäusern gesäumten Lützowstraße angebracht sind. Die Straße ist eine Sackgasse und führt zum Luftwaffen-Ehrenmal. Auf einem Kasten wurde der Botschaft mit einem Ausrufezeichen Nachdruck verliehen, auf einem anderen Kasten wurden in großen Lettern die Worte "Monky out" ergänzt, was offenbar das Wort "Monkey"- zu deutsch "Affe" - bedeuten soll, aber falsch geschrieben wurde. Solche Schmierereien habe sie noch nie in Fürstenfeldbruck gesehen, sagt eine Anwohnerin. Ihrer Meinung nach zeigten sie auch, dass die aktuelle politische Diskussion zum Thema Asyl möglich mache, "dass sich Leute so was trauen". Die Schmierereien sollten "nicht bleiben dürfen", sagt die Frau noch, immerhin kämen bisweilen auch Gäste und Besucher zum Luftwaffen-Ehrenmal in die Straße.

Fischer zufolge ist bereits mit der Stadt besprochen, dass sie sich um die Übermalung des Schriftzugs auf der Straße kümmert. Auch die Stadtwerke hätten zugesichert, schnellstmöglich für die Reinigung der Stromkästen zu sorgen. Von Seiten der Telekom gab es laut Polizei am Donnerstag noch keine entsprechende Resonanz.

Margot Simoneit, Sprecherin des Bündnisses "Bruck ist bunt nicht braun", hatte am Donnerstag noch keine Kenntnis von den fremdenfeindlichen Graffiti. Sie kündigt an, dass das Bündnis den Fall zur Anzeige bringen werde. Auch werde man den Vorfall beim nächsten Bündnistreffen am kommenden Montag (19 Uhr, Haus 31, Heimstättenstraße, Fürstenfeldbruck) thematisieren, bei dem es vor allem um die finanzielle Situation des auf Spenden angewiesenen freiwilligen Zusammenschlusses gehen soll.

"Das kann man so nicht durchgehen lassen", findet auch Willi Dräxler (BBV), Integrationsreferent des Brucker Stadtrats. Die Schmierereien wollte er am Donnerstagabend nach der Arbeit in Augenschein nehmen. Er selbst habe immer vor sozialen Verwerfungen gewarnt, betont er. Natürlich hätten die Anwohner durch die nahe Erstaufnahmeeinrichtung "einen gewissen Stress, das kann man nicht verleugnen". Aber die schiere Größe der Flüchtlingsunterkunft bereite Probleme, das werde immer wieder deutlich: "Das ist Gift für die Integration und das soziale Zusammenleben." Die Menschen dort bräuchten eine Perspektive und Arbeit, "dann wird vieles einfacher".

Am Donnerstag musste die Polizei noch in die Erstaufnahme ausrücken, weil dort untergebrachte Asylbewerber etwa 50 Neuankömmlinge nicht in ihren Zimmern aufnehmen wollten. Man habe ihnen dann "unmissverständlich klar gemacht", sagt Fischer, "dass die Neuen sehr wohl in den Zimmern schlafen werden".

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Quelle:
SZ vom 06.07.2018
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