Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Schlusslicht der Region

Der Landkreis Fürstenfeldbruck bleibt in drei wichtigen Punkten hinter den Kreisen im Münchner Speckgürtel zurück: beim Wohnungsbau, der Zahl der Arbeitsplätze und dem Steueraufkommen

Von Gerhard Eisenkolb

In drei Bereichen nimmt der Landkreis Fürstenfeldbruck im Vergleich mit den Landkreisen Dachau, Starnberg, Freising, Erding, Ebersberg, Landsberg am Lech sowie dem Landkreis München im Speckgürtel der Landeshauptstadt den letzten Platz ein. Das betrifft den rückläufigen Wohnungsbau, die relativ niedrige Zahl an Arbeitsplätzen sowie die Steuereinnahmen. Die Kommunen im Landkreis Fürstenfeldbruck haben pro Kopf das niedrigste Steueraufkommen im Münchner Umland.

Nur in einem Punkt nimmt der Landkreis weiterhin mit weitem Abstand die Spitzenposition ein - beim Pendlersaldo. Zieht man von der Zahl der Auspendler die Zahl der Einpendler ab, bleibt ein Minus von 38 309 Auspendlern. Der Bevölkerungszuwachs im Landkreis mit 8,7 Prozent oder einem Plus von 17 475 Einwohnern von 2008 bis 2018 entspricht fast genau dem Durchschnitt aller 156 Mitgliedsgemeinden und -städte des Planungsverbands ohne München von 8,8 Prozent. Zu entnehmen sind diese und andere Vergleichszahlen den Gemeindedaten des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München (PV).

Wohnungsbau rückläufig

Genügend Wohnraum sowohl für Einheimische als auch für Zuziehende zur Verfügung zu stellen, gilt als eine der großen Herausforderungen für Politiker. Trotz der hohen Nachfrage wird seit Jahren in keinem anderen Landkreis des Speckgürtels so wenig gebaut wie hier. Im Jahr 2018 entstanden pro 1000 Einwohner gerade einmal 2,9 zusätzliche Wohnungen. Der Durchschnitt in der Region liegt bei 4,8. In der Landeshauptstadt München sind es sogar 5,8, und im Landkreis Dachau noch 3,8.

Unterm Strich entstanden im Landkreis im vergangenen Jahr bei 219 320 Einwohnern 635 zusätzliche Wohnungen. Im Durchschnitt leben hier 2,1 Menschen in einer Wohnung, denen jeweils 43,7 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Um den zusätzlichen Bedarf bei einem Bevölkerungszuwachs von rund einem Prozent pro Jahr zu decken, hätten etwa 400 Wohnungen mehr errichtet werden müssen.

Laut Auswertung des PV ist zudem im Unterschied zu anderen Landkreisen im Brucker der Wohnungsbau seit Längerem rückläufig. Das ergibt sich aus dem durchschnittlichen Jahreszuwachs der Dekade von 2008 bis 2018. Für diese Zeit wird der Zuwachs von Neubauwohnungen im Landkreis mit 3,7 pro tausend Einwohner angegeben, der Vergleich mit dem Wert von 2,9 für Fürstenfeldbruck im Jahr 2018 zeigt, dass sich eine bereits relativ schlechte Ausgangssituation noch verschlechtert hat.

Etwas mehr Mehrfamilienhäuser

Das Angebot an Wohnungen im Landkreis ist nur dann spürbar zu erhöhen, wenn mehr Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Trotzdem hat sich in den vergangenen zehn Jahren die bestehende Struktur kaum verändert. Lag 2008 der Anteil der neuen Häuser mit nur einer Wohnung bei 35,2 Prozent, erhöhte er sich 2018 sogar auf 36,9 Prozent. Der Anteil der Häuser mit zwei Wohnungen sank dafür von 2008 bis 2018 um 2,6 Prozentpunkte auf 12,3 Prozent, der der Häuser mit drei und mehr Wohnungen erhöhte sich leicht um 0,9 Prozentpunkte auf 50,7 Prozent.

27,3 Prozent mehr Arbeitsplätze

Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in den 23 Landkreis-Kommunen ist zwischen 2008 bis 2018 um 10 860 oder 27,3 Prozent auf 50 649 angewachsen. Allerdings war in anderen Landkreisen wie Dachau in den Jahren des Wirtschaftsbooms mit einem Plus von 45,2 Prozent der Zuwachs noch erheblich größer. Auch deshalb bleibt der Landkreis Fürstenfeldbruck beim Angebot an Arbeitsmöglichkeiten weit abgeschlagen das Schlusslicht der Region. Indikator ist die Arbeitsplatzdichte, die als Anteil der in einer Kommune beschäftigten Sozialversicherungspflichtigen je 1000 Einwohner angegeben wird.

Der Durchschnittswert der 160 PV-Mitgliedskommunen ohne die Landeshauptstadt wird mit 424 angegeben, der der gesamten Region München einschließlich der Landeshauptstadt mit 501. Wobei im Landkreis München auf 1000 Einwohner sogar 699 Arbeitsplätze entfallen. Das heißt, auf jeweils zwei Einwohner im Umland kommt in Durchschnitt annähernd ein Beschäftigter. Im Brucker Landkreis lag dieser Wert bei nur 230,9, also bei etwas mehr als der Hälfte. Den höchsten Wert erreicht die Kreisstadt Fürstenfeldbruck mit 380, den niedrigsten Kottgeisering mit 32. Den größten Zuwachs an Arbeitsplätzen verzeichnete in der letzten Dekade die Kreisstadt mit einem Plus von 1810, gefolgt von Germering (1764), Olching (1429), Maisach (1232) und Puchheim (1112).

Das niedrigste Steueraufkommen

Entsprechend der relativ niedrigen Zahl an Arbeitsplätzen fiel 2018 der Anteil der Gewerbesteuer an den Steuereinnahmen der Kommunen relativ gering aus. Im Wohnlandkreis Fürstenfeldbruck mit einer hohen Lebensqualität ist die Einkommensteuer mit einem Anteil von 60,8 Prozent die Haupteinnahmequelle, gefolgt von der Gewerbesteuer mit 30,8 Prozent. Dies führt dazu, dass das Durchschnittssteueraufkommen der Kommunen pro Einwohner im Landkreis Fürstenfeldbruck unter den acht Landkreisen um München am niedrigsten ist. Lag der Durchschnittswert in der Region bei 1802 Euro je Bürger, erreichte dieser für den Brucker Landkreis nur 1241 Euro. Das ist rund ein Drittel weniger. Dieses Geld fehlt den Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Die Wirtschaftskraft des Landkreises München schlug sich in einem Steueraufkommen von 3096 Euro je Bürger nieder.

Städte und Gemeinden, bei denen der Anteil der Gewerbesteuer an den Steuereinnahmen deutlich über 40 Prozent liegt, verfügen über das meiste Geld je Einwohner. Den Spitzenplatz im Landkreis nimmt Alling mit 1779 Euro ein, hier sind Einkommen- und Gewerbesteueranteil mit 45,5 beziehungsweise 45,4 Prozent gleich hoch. Im Puchheim trägt das Gewerbe zu den Steuereinnahmen 47,4 Prozent bei, weshalb je Einwohner 1724 Euro zur Verfügung stehen. Die Stadt Olching hat in den vergangenen Jahren an der Bundesstraße 471 die größten Gewerbegebiete im Landkreis erschlossen. Trotzdem liegt das Gewerbesteueraufkommen dort mit einem Anteil von 25,4 Prozent um 5,4 Prozentpunkte unter dem Landkreisdurchschnitt.

Hohe Baulandpreise

Laut Planungsverband waren Baugrundstücke 2018 in Eichenau mit einem durchschnittlichen Richtpreis von 1420 Euro pro Quadratmeter im Landkreis am teuersten. Laut Kennern des Marktes werden zurzeit Höchstpreis von bis zu 2000 Euro erzielt werden. Auf Eichenau folgen in der PV-Statistik Germering mit 1400 Euro, Gröbenzell (1250 Euro), Emmering (1050 Euro) und Puchheim (1000 Euro). Der Quadratmeterpreis für Fürstenfeldbruck wird mit 758 Euro angegeben. Am billigsten war Bauland in Mittelstetten, hier kostete der Quadratmeter 226 Euro. Der Durchschnittsquadratmeterpreis für den Landkreis wird mit 673 Euro angegeben.

Auf der Website des Planungsverbands stehen die Gemeindedaten unter www.pv-muenchen.de/gemeindedaten als Download zur Verfügung.

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SZ vom 21.01.2020
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