Fürstenfeldbruck:Ringen um das richtige Leben im falschen

Fürstenfeldbruck: Tim Freudensprung (l.) spielt den Homosexuellen Max. Gemeinsam mit seinem Freund Rudi (Hagen Ullmann) wird er verhaftet und nach Dachau geschickt.

Tim Freudensprung (l.) spielt den Homosexuellen Max. Gemeinsam mit seinem Freund Rudi (Hagen Ullmann) wird er verhaftet und nach Dachau geschickt.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Neue Bühne Bruck inszeniert mit dem KZ-Drama "Rosa Winkel" die Geschichte eines jungen Homosexuellen, der sein Wesen verleugnet, um dem Tod zu entgehen. Der Regisseur will aber mehr erzählen, als nur ein Einzelschicksal während der NS-Zeit

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es ist eine Farbtafel des Grauens. In ihrer perfekt orchestrierten Bürokratie haben die NS-Verbrecher ein perverses Kennzeichnungssystem für die Häftlinge der Konzentrationslager entwickelt. Gelb für die jüdischen Gefangen, Rot für die Politischen, Grün für die Kriminellen, Blau für die Emigranten, Violett für die Bibelforscher, Schwarz für die Asozialen. Und dann taucht da noch eine Farbe auf: Rosa - die Homosexuellen. Ihrer Geschichte hat der Autor Martin Sherman 1979 sein Theaterstück "Bent", im deutschen übersetzt mit "Rosa Winkel", gewidmet. Dieses schweren Stoffs hat sich nun die Neue Bühne Bruck unter der Regie des Berliners Ralph Hüttig angenommen. Am Samstag, 14. November, feiert die Inszenierung Premiere.

"Das Stück passt gut in unsere Zeit, in der es wieder rechte Brüllereien gibt und Gruppen wie Pegida die Stimmung aufheizen. Aber auch manche Äußerungen von Politikern und aus der Mitte der Gesellschaft sind besorgniserregend", sagt Regisseur Hütting. Da sei es die Aufgabe des Theaters klar Stellung zu beziehen und harte politische Stoffe zu zeigen. Gerade das Theater, das im Gegensatz zum Fernsehen nicht auf die Quoten schauen muss, habe doch genau diese Möglichkeiten. Dem 53-Jährigen ist es deshalb wichtig zu betonen, dass seine Inszenierung keine "Nazi-Doku" im Stile Guido Knopps ist, bei der es darauf hinaus läuft, zu zeigen, wie brutal das Regime mit einer bestimmten Gruppe umgegangen ist. Vielmehr will er zeigen, wie schnell es gehen kann, dass eine bestimmte Gruppe - und damit jeder einzelne, der sich nicht verbiegen will oder die falsche Herkunft hat - in einem ideologischen, intoleranten System erst ausgegrenzt und im schlimmsten Fall getötet wird.

Dabei ist schon die Geschichte, die "Rosa Winkel" erzählt, für sich alleine schwer genug zu verdauen. Sie erzählt von Max, einem jungen Mann im glamourösen Berlin der Dreißigerjahre, der sich von seinem Freund, dem Tänzer Rudi, aushalten lässt. Bei einer Durchsuchung werden die beiden verhaftet. Auf dem Weg ins KZ Dachau versucht Max alles, um einen Judenstern und nicht den rosa Aufnäher zu bekommen - weil er glaubt, dadurch bessere Überlebenschancen zu haben. Schon alleine die Grausamkeiten auf diesem Weg sind bestialisch. Im KZ lernt Max Horst kennen, der seinen Rosa Winkel mit Stolz trägt, während Max mit seinem teuer erkauften Judenstern herumläuft. Die beiden verlieben sich trotz der widrigen Umstände ineinander. In einem gleichwohl bewegenden wie tragischen Finale, bekennt sich Max mit einer symbolischen Geste zu seiner Sexualität.

Hüttig, der erstmals an der Neuen Bühne inszeniert, zeigt sich von den Bedingungen und der Qualität seiner Schauspieler begeistert. "Die sechs Jungs sind der Knaller. Sie füllen ihre Rollen toll aus. Auch wenn die meisten keine Profis sind, kriegen sie richtig Dampf rein." Gerade bei einem so schweren Stoff sei es wichtig, dass die Schauspieler gut sind, betont Hüttig, weil man sonst schnell Gefahr laufe, ungewollt in einen Klamauk abzudriften. "Ich war auch erstaunt, wie groß die Bühne und wie gut die Technik hier ist. Aus Berliner Off-Theater kenne ich da ganz anderes", sagt der gebürtige Münchner, der schon an mehreren Berliner Theatern inszeniert hat.

Gelernt hat er sein Handwerk als Schauspieler an der Kölner Schule "Theater der Keller", an der unter anderem auch Till Schweiger seine Ausbildung gemacht hat. Genau dort hat Hüttig "Rosa Winkel" erstmals gesehen und war seitdem so fasziniert davon, dass er es irgendwann selbst inszenieren wollte. Nach mehreren Absagen hat er im Sommer während eines Besuchs bei seiner Partnerin in Maisach bei der Neuen Bühne angefragt. Auch Intendant Harald Molocher, der das Stück vorher nicht kannte, war nach dem Lesen begeistert, wie Hüttig erzählt: "Wir haben telefoniert und er hat gesagt, ich habe zwar kein Geld und keine Schauspieler dafür, aber wir machen das".

"Rosa Winkel" an der Neuen Bühne Bruck, Premiere am Samstag, 14. November, von 20 Uhr an. Weitere Termine: Sonntag, 15., 22. und 29. November, jeweils von 19 Uhr an und Freitag, 20. November, von 20 Uhr an.

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