Fürstenfeldbruck:Restauration im Stadtrat

Ex-NS-Mitglieder dominierten Brucker Kommunalpolitik

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Bei der Stichwahl um das Amt des Brucker Bürgermeisters traten 1952 zwei ehemalige NSDAP-Mitglieder an: Leonhard Plonner von der CSU gegen Fritz Bauer von den Überparteilichen, einem Vorläufer der Freien Wähler. Bauer machte das Rennen und regierte zehn Jahre lang. Das war kein Einzelfall. Die Zahl ehemaliger Nazis im Stadtrat stieg von 1948 bis 1956 auf neun von 21 Mandatsträgern an, wie Stadtarchivar Gerhard Neumeier in einem Beitrag im neuen Heft der Zeitschrift Amperland schreibt. Er hat die Kommunalwahlen in der Kreisstadt von 1946 bis 1978 analysiert und interessante Ergebnisse zu Tage gefördert.

Bei den ersten Kommunalwahlen nach dem Krieg durften im Januar 1946 nur rund 3800 von knapp 9600 Bruckern wählen. Ein Großteil hatte als Flüchtlinge kein Wahlrecht und etwa 700 Personen, die sich aktiv in der NSDAP betätigt hatten, waren ausgeschlossen. Erst ab 1948 durften ehemalige Parteigenossen wieder mitmischen. Dabei betont Neumeier, dass die Mandatsträger mit brauner Vergangenheit nicht einschlägig auffielen, sondern sich anpassten. Der Jurist Bauer hatte sich 1937 in seiner Promotion in Scheidungsrecht darüber ausgelassen, dass der "arische" Partner eine Ehe anfechten könne, wenn er die Bedeutung des "Rassenunterschiedes" eines jüdischen Gatten vorher nicht erkannt hatte.

Eine weitere kriegsbedingte Besonderheit war 1946, dass über 64 Prozent der Wähler weiblich waren, viele Männer waren noch in Kriegsgefangenschaft, dazu kam der Bann für Nazis. Dennoch gelangte keine einzige Frau in den Brucker Stadtrat, weil CSU, SPD und KPD keine Kandidatinnen nominiert hatten. Erst 1972 zogen die ersten drei Frauen in das Kommunalparlament ein. Bemerkenswert ist auch das Auf und Ab der CSU. Im Januar 1946 errang die Partei mit über 55 Prozent ihr bestes Ergebnis und stellte mit Hans Wachter den ersten Bürgermeister.

Zwei Jahre später verlor die CSU mehr als die Hälfte ihrer Stimmen und sackte auf 24 Prozent ab. In der Forschung ist von der "Gründungskrise des jungen westdeutschen Parteiensystems" die Rede. Der Union erstand im konservativen bis rechten Lager Konkurrenz, für die CSU vor allem in Gestalt der Bayernpartei. Erst 1978 erreichte die Brucker CSU wieder über 50 Prozent.

Sollte der frühere Fliegerhorst von Fürstenfeldbruck Austragungsort von Trabrennen werden, wären es nicht die ersten Verlustierungen dieser Art in der Gegend. Solche Freizeitbeschäftigungen waren im südbayerischen Raum zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert weit verbreitet. Robert Böck hat darüber ein Buch verfasst, ein Auszug über Rennen in der Region, findet sich im neuen Amperland-Heft. Demnach sind Pferderennen in Stephansberg von 1650 bis 1654 nachweisbar, die am Namenstag des heiligen Stephan, am 26. Dezember, stattfanden, sowie in Mittelstetten und Unterlappach an Silvester. Der geistlichen Obrigkeit waren diese Veranstaltungen ein Dorn im Auge, die Pfarrer waren angehalten, sich fernzuhalten. Es gab auch keine sakralen Zeremonien. Die Gemeinden hielten die Rennen aus finanziellen Gründen ab, weil die Spendensammlungen ergiebig waren.

Amperland. Heimatkundliche Vierteljahresschrift für die Kreise Dachau, Freising und Fürstenfeldbruck, Heft 3, 2016, Fünf Euro. Die Hefte können im Buchhandel bestellt werden.

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