Fürstenfeldbruck:Reparatur und Vorsorge

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Wie alle Jahre wachsen die Ausgaben für die Jugendhilfe. Sie liegen bei mehr als 28 Millionen Euro. Im Jugendamt befürchtet man weitere Steigerungen durch Neuerungen beim Teilhabegesetz

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Junge Menschen in ihrer Entwicklung fördern und Benachteiligungen vermeiden helfen soll die Jugendhilfe. Sie soll zudem Eltern bei der Erziehungsarbeit unterstützen und schützend eingreifen, wenn Gefahr für das Kindswohl besteht. So steht es im Gesetz. Geld dafür müssen die Kreise bereitstellen, und so wird der Landkreis Fürstenfeldbruck auch im nächsten Jahr 28,3 Millionen Euro in seinen Haushalt aufnehmen, um Jugendhilfemaßnahmen zu bezahlen.

"Die jährliche Steigerung - alles ganz normal", sagte Landrat Thomas Karmasin (CSU) lapidar zu Beginn der Sitzung des Jugendhilfeausschusses. Jugendreferent Stefan Floerecke (CSU) verwies auf den Aspekt, wonach ein Großteil der Leistungen Pflichtaufgaben des Kreises seien, denen sich dieser nicht entziehen könne. Er sprach dem Kreisjugendamt seinen Dank dafür aus, dass es trotz Personalmangels einen guten Job mache, der überdies "nicht ganz so einfach" sei mit "krassen Härtefällen, emotionalen Themen und Familienangelegenheiten". Eine Million Euro weniger hatte man im Vorjahr eingestellt, am Ende aber Ausgaben von 28,1 Millionen zu finanzieren. 6,5 Millionen hofft man 2020 aus Erträgen wieder hereinzubekommen. Der Saldo aus Gesamtausgaben abzüglich Einnahmen steigt damit im nächsten Jahr um vier Prozent auf 21,8 Millionen Euro an, was vor allem daran liegt, dass der Landkreis seine Präventionsangebote weiter ausgebaut hat und er künftig höhere Zuschüsse zur Kindertagesbetreuung leisten muss.

Das Jugendamt gewährt unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse für die Förderung von Kindern in Tagesstätten und in der Tagespflege. Ihre Höhe hängst vom Einkommen der Eltern ab. Auch im laufenden Jahr wird der Ansatz nicht ausreichen, so dass im nächsten Jahr 3,5 Millionen Euro dafür bereit gestellt werden, um aufzufangen, dass die Gebühren der Kitas steigen und Eltern längere Betreuungszeiten buchen.

Einig sind sich die Kreisräte und das Jugendamt, dass zusätzliches Geld in Präventionsmaßnahmen gut angelegt ist. Dazu zählen die Familienstützpunkte, deren acht es mittlerweile als Kontakt- und Anlaufstellen quer über den Landkreis verteilt gibt. Auch die Einstellung von Sozialarbeitern an Schulen gehört dazu. Würden Kinder dort keine sozialpädagogische Fachkraft vorfinden, würden ihre Probleme nicht angesprochen werden, erläuterte Kreisjugendamtsleiter Dietmar König die Notwendigkeit solcher Maßnahmen. Sie würde lieber "sehr viel mehr" noch in die Prävention stecken und weniger in Reparaturmaßnahmen, ergänzte CSU-Kreisrätin Margret Kopp, wohl wissend, dass die Reparaturmaßnahmen Pflichtaufgaben seien "und wir das nicht umdrehen können".

FDP-Kreisrat Ulrich Bode mutmaßte, dass eine Steigerung der Ausgaben den Rückschluss zulassen würde, dass sich die soziale Lage verschlechtert habe, und wollte wissen, ob dem tatsächlich so sei. Dies sei nur ein möglicher Schluss, antwortete Karmasin. Der zweite sei, dass "in Zeiten der großen Koalition die Füllhörner immer größer werden". Er spielte damit auf das Bundesteilhabegesetz an, "wo schon wieder neue Segnungen bereit gehalten werden". Das Gesetz sei ursprünglich nicht für die Jugendhilfe gedacht gewesen, erläuterte Amtsleiter König, wirke sich aber zum Beispiel bei der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche aus. Dazu gehörten auch die Schulbegleitungen, eine Form persönlicher Assistenz, die Kinder mit körperlicher, geistiger, psychischer oder seelischer Störung im schulischen Alltag unterstützen. Betroffen sind immer mehr Kinder und Jugendliche. Das habe auch mit einer Zunahme der Diagnosen im Autismusbereich und von auffälligen Kindern zu tun, sagte König. Eine Ursachenforschung traue er sich allerdings nicht zu. Fakt sei, dass "die Kinder sehr, sehr auffällig und ohne Begleitung nicht beschulbar sind". 1,3 Millionen Euro plant der Landkreis in seinem Haushalt 2020 dafür ein.

Auch die Urteilspraxis der Verwaltungsgerichte trägt König zufolge dazu bei, dass die Fallzahlen ansteigen, denn "die Teilhabegenehmigung wird dort sehr schnell gesehen, und die Jugendämter werden von den Verwaltungsgerichten schnell eines Besseren belehrt." Mit den für das Jahr 2020 anstehenden Neuerungen am Bundesteilhabegesetz werden nach Schätzungen des Kreisjugendamtsleiters "weitere Anspruchsberechtigte auf uns zukommen".

© SZ vom 02.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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