Fürstenfeldbruck:Rekordsummen

Noch nie hatte der Landkreis so viel Geld zur Verfügung wie im Jahr 2018. Bei der Verabschiedung des Haushalts kritisieren Grüne und UBV vor allem die deutliche Stellenmehrung im Landratsamt

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Fürstenfeldbruck: Einen Überblick über alle seine Kreisrätinnen und Kreisräte hat Landrat Thomas Karmasin (vorne, Dritter von rechts) im großen Sitzungssaal im Landratsamt.

Einen Überblick über alle seine Kreisrätinnen und Kreisräte hat Landrat Thomas Karmasin (vorne, Dritter von rechts) im großen Sitzungssaal im Landratsamt.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Dass man "nach finanziell angespannten Jahren und dem Krisenmodus der Zuwanderungswelle" wieder gemeinsam Kommunalpolitik gestalten könne, hat Landrat Thomas Karmasin (CSU) bei seiner diesjährigen Haushaltsrede als wohltuend erachtet. Er gibt aber auch zu, dass "es kein Geheimnis ist, dass der Landkreis erneut deutlich mehr Geld ausgibt". 242 Millionen Euro als Summe aller Erträge und Aufwendungen im Ergebnishaushalt und knapp 275 Millionen Euro im Finanzhaushalt bedeuten neue Rekordwerte. Die Hälfte davon müssen die Städte und Gemeinden übernehmen. Mit einer deutlichen Mehrheit von 54:12 Stimmen sind die Kreisräte einverstanden, nur die Grünen und die Unabhängigen Bürgervereinigungen (UBV) votieren dagegen.

Schon im vorigen November und Dezember war das 470 Seiten starke Zahlenwerk in verschiedenen Ausschüssen beraten worden. Weil aber noch Daten der übergeordneten politischen Ebenen fehlten, verschob man die Verabschiedung des Etats ins neue Jahr. Große politische Unstimmigkeiten offenbaren die neun Haushaltsredner - allesamt Männer - in den anderthalb Stunden, die sie für ihre Vorträge benötigen, nicht, dafür eine Gemeinsamkeit: Sie alle danken einer Frau: Kreiskämmerin Margret Scholl.

Landrat Karmasin ist traditionell der erste, der sich äußern darf. Zügig fasst er die Ausgabenschwerpunkte ÖPNV, Schulbaumaßnahmen, Sozialhilfe, Jugendhilfe, Zuwanderung zusammen. Er nennt es "extrem wichtig, dass wir die wirtschaftlich guten Zeiten jetzt nutzen, um uns zukunftsfähig aufzustellen", appelliert aber an die Kreisräte, dabei "nie aus dem Augen zu verlieren, dass wir dauerhaft wirtschaftlich arbeiten müssen".

Die Vielzahl neuer Stellen, die den Personaletat im laufenden Jahr auf fast 39 Millionen Euro steigen lassen, ist sowohl Grünen als auch den UBV ein Dorn im Auge. UBV-Sprecher Martin Schäfer kritisiert von seinem Platz in der letzten Reihe aus die Personalpolitik und zudem die hohe finanzielle Belastung der Kommunen zugunsten des Landkreises. Wenn der Kreis erwirtschaftete Überschüsse zurückzahlen würde, hätte er "kein Problem, sie vorher zu geben", sagt der Gröbenzeller Bürgermeister. Es ist der alljährliche Streit um die Höhe der sogenannten Kreisumlage, die den Anteil der Kommunen festlegt. Sie liegt mit 49,5 Prozentpunkten knapp unter der gerne als anstößig betrachteten 50-Punkte-Marke. Dennoch lässt Schäfer Karmasin wissen: "Es macht sehr viel Spaß mit Ihnen. Sie haben einen gewissen Witz."

Dass Schäfer und Grünen-Sprecher Martin Runge sich als erster und zweiter Bürgermeister von Gröbenzell ganz nah sind, beweisen sie an diesem Nachmittag auch im Brucker Kreistag. Auch Runge bemängelt manche neue Personalstelle wie jene, die der Bearbeitung "aufenthaltsbeendender Maßnahmen" dienen soll. Das sei "keine Verbesserung in unserem Sinne", sagt Runge. Da die Personaldebatten zuletzt offenbarten, dass 126 Stellen als unbesetzt gelten, wiederholt Max Keil (ÖDP) seinen Vorschlag, dafür ein Organisationsgutachten durch ein externes Unternehmen in Auftrag zu geben. Auch Kreisfinanzreferent Johann Thurner von den Freien Wählern hält eine solche Expertise für notwendig, "um einen sinnvollen Personalplan aufzustellen". Auch das Anbieten von Ausbildungsplätzen müsse man verstärken, um künftig Personal zu gewinnen, fordert Thurner.

Ein Gutachten zur geplanten Fusion der Sparkasse Fürstenfeldbruck mit Dachau und Landsberg-Dießen in Auftrag zu geben, ist beschlossene Sache. Damit sei man nicht sonderlich frühzeitig dran, moniert Runge: "Bei der Sparkasse ist schon alles in trockenen Tüchern, und jetzt wacht der Kreistag auf." In der Diskussion um die Fusion vermisse er Transparenz und eine bessere Einbindung: "Wir sollen als Kreisräte entscheiden, ohne wissen zu dürfen, um was es im Kern geht." Auch Keil redet einer "transparenten Sparkassendiskussion" das Wort, die klären soll, was sie den Bürgern bringe und wie es mit den Mitarbeitern weitergehen werde.

Bei Sparkasse und Kreisklinik, führt Landrat Karmasin an, würde sich in diesem Jahr zeigen, "ob es uns gelingt, uns mit anderen Landkreisen so aufzustellen, dass wir die Einrichtungen dauerhaft in eine gute Zukunft führen können, die kommunal und regional bleibt, aber den Wettbewerb mit anderen besteht". Bekanntlich prüft der Landkreis einen Klinikverbund mit Landsberg und Weilheim-Schongau.

Emanuel Staffler, neuer Fraktionsvorsitzender der CSU, fasst eher allgemein die aus seiner Sicht wichtigsten Punkte zusammen: Bildung als "Teil der DNA unseres Landkreises", öffentlicher Personennahverkehr in einer "Vorreiterrolle" und die Personalsuche, die in Konkurrenz zu Mittelständlern und Landeshauptstadt München stattfinde. "Wir spüren auch eine gewisse Skepsis, inwieweit dieses Wachstum auf Dauer gesund ist oder sich negativ auf die Lebensqualität auswirkt", sagt Staffler, dessen erste offizielle Haushaltsrede als Fraktionssprecher auch Ehefrau Katrin hört, die neue CSU-Bundestagsabgeordnete, die als Kreisrätin nur ein paar Plätze entfernt sitzt. Vorgänger Frederik Röder, der Allinger Bürgermeister, nickt dem 32-Jährigen hinterher väterlich-anerkennend zu.

Die Digitalisierung findet ebenfalls mehrmals Erwähnung. "Ein Megathema" nennt es Landrat Karmasin. Finanzreferent Thurner sieht dabei wie auch bei Schulsozialarbeit oder der Betreuung erwachsen gewordener junger Flüchtlinge den Freistaat in der Pflicht, die Kosten zu übernehmen. FDP-Sprecher Ulrich Bode lobt, dass zumindest an den 18 weiterführenden Schulen, für die der Landkreis zuständig ist, es nunmehr einen einheitlichen IT-Standard gebe, und regt an, dies auch in den Gemeinden für die Grund- und Mittelschulen zu versuchen.

Michael Leonbacher (FW) freut sich darüber, "dass wir gestalten und nicht nur verwalten" und SPD-Fraktionssprecher Peter Falk erinnert sich an "relativ wenig politisch kontroverse Debatten" im Vorfeld. Falk würdigt die Einrichtung eines Integrationsbeirats und hofft auf in der Groko verhandelte Erleichterungen bei Arbeitserlaubnissen für Asylbewerber. Dass der Landkreis sich der Gründung einer kommunalen Wohnbaugesellschaft anschließen will, ist für Falk das Ende einer "schwarz-bräsigen Schläfrigkeit in Fürstenfeldbruck" und einer der Punkte, warum der Etat für die Sozialdemokraten zustimmungsfähig ist. Auch Thomas Karmasin räumt an diesem Punkt ein, "dass ich mich da selber ein wenig bewegt habe".

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