Fürstenfeldbruck:Rauchsäule über dem Forst

Hochsaison für die Waldbrand-Beobachter: Derzeit fliegen die Piloten der Luftrettungsstaffel Fürstenfeldbruck über das westliche Oberbayern. Ihre Mission: Brände rechtzeitig erkennen.

Ariane Lindenbach

Grasbedeckte Hangars am Fliegerhorst säumen den Weg zur Startbahn. Noch ist die Maschine, ein einmotoriges Propellerflugzeug Baujahr 1959, in der Luft. Das erste Team dieses Tages von der Luftrettungsstaffel Bayern beendet gerade seine Route. Erst dann können Pilot Norbert Trenker und Luftbeobachter Franz Ströbl zu ihrem Erkundungsflug mit der Do 27 starten. Stuft die Regierung von Oberbayern die Waldbrandgefahr hoch ein, rücken die Teams zweimal täglich aus. Sie fliegen stets die Landkreise Fürstenfeldbruck, Dachau, Landsberg und Starnberg ab, jedes Team die gleiche Route mit einer Dauer von gut 90 Minuten.

Brandbeobachtungsflug

Die Rauchsäule über dem Wald bei Oberpfaffenhofen  ist für die Besatzung der 52 Jahre alten Do 27  ein eindeutiger Hinweis auf einen Waldbrand. Nun müssen die Brandbeobachter den genauen Brandort herausfinden.

(Foto: Günther Reger)

"Die Luftrettungsstaffel hat nur Bayern, da beneiden uns die anderen Bundesländer ein bisschen", erklärt Trenker. Er zeigt auf die schwarze, von Flammen gezierte Schirmmütze von Stützpunktleiter Walter Pausch. Auf der steht "Luftrettungsstaffel Bayern". Pausch koordiniert den Einsatz der verschiedenen Teams. In Bruck habe er etwa ein Dutzend Einsatzpiloten und Luftbeobachter, sagt Pausch. In den anderen Landkreisen, die ebenfalls einen eigenen Stützpunktleiter und eigene Teams haben, sehe es ähnlich aus.

Der Einsatz ist ehrenamtlich, die meisten fliegen zwei bis drei Mal wöchentlich, wenn die Waldbrandgefahr hoch ist. Zurzeit sei auf dem Gefahrenindex des Deutschen Wetterdienstes vielerorts bereits die vierte von fünf Stufen erreicht, teilte das Forstministerium unlängst mit. "Das alte Gras vom Herbst ist jetzt pulvertrocken", betont Ströbl. Als Luftbeobachter absolvierte er eigens eine einwöchige Schulung und diverse Fortbildungen.

Inzwischen ist die Maschine wieder aufgetankt und startklar. Anschnallen mit einer komplizierten, veralteten, aber immer noch funktionierenden Technik. Und den dicken Kopfhörer aufsetzen, um das Schnurren des Propellers zu dämpfen. Er besitzt auch ein Mikrofon, damit die Insassen plaudern können. Durch schlichtes Schieben bringen Trenker, der nun eine Lederjacke trägt, und Pausch die Do 27 in Position: mit der Schnauze Richtung Startbahn.

Trenker klettert auf den Pilotensitz, klappt die Tür herunter und startet den Motor. Durch den Kopfhörer sagt Pausch: "Start frei in eigenem Ermessen." Das kleine Flugzeug rollt auf die Startbahn und wendet, um die ganze Länge zu haben. Das bräuchte die Do 27 allerdings nicht, ist sie doch für ihre kurzen Starts und Landungen sowie ihre Zuverlässigkeit bekannt. Das bestätigt sich unversehens. Ganz schnell wird alles unter einem immer kleiner: der See in Gernlinden bei den Schrebergärten mit dem großen Einkaufsmarkt daneben, der Rottbacher Golfplatz, die A8 mit Autos, die wie Spielzeug wirken, und in der Ferne München.

In 400 Metern Höhe geht es mit 180 Stundenkilometer über grüne Wälder, kleine Dörfer mit stolzen Kirchtürmen, Äcker, auf denen Traktoren werkeln, große schwarze Flächen (Solarparks), Straßen und Bahnlinien in Richtung Norden. Am Horizont ist Ingolstadt zu sehen, als Trenker eine großzügige Rechtskurve beschreibt und entlang der ICE-Trasse München-Nürnberg wieder Richtung Süden fliegt.

"Schaust du mal auf ungefähr zehn Uhr", tönt plötzlich Ströbls Stimme über Funk. Schräg links, in weiter Ferne, steigt so etwas wie eine Rauchsäule aus einem Waldgebiet auf. Während sich der Flieger dem Brand nähert, checkt Trenker mit seiner Flugkarte, in welchem Luftraum das Gebiet liegt. Es gehört zu Oberpfaffenhofen, also nimmt er mit den zuständigen Fluglotsen Kontakt auf. Auf Englisch versteht sich, das Trenker während des Fluges mit allen außer Pausch und Ströbl spricht.

Der Brand - er liegt zwischen Germering und Gilching, so weit hat das Team den Standort bereits geortet - ist inzwischen schon so nah, dass man Flammen erkennen kann. Ströbl versucht per Funk die Rettungsleitstelle Fürstenfeldbruck zu erreichen. Aber er hat keinen Erfolg. Am Boden ist inzwischen eine Waldlichtung neben einem Feldweg zu erkennen. Sie ist schon völlig schwarz, an den Rändern züngeln die Flammen, bald scheinen sie die ersten Bäume zu erreichen.

Die Maschine kreist in einer unendlichen Rechtskurve mit deutlicher Schräglage über dem Brand, während der Flugloste in Oberpfaffenhofen die Feuerwehr alarmiert. Als Ströbl die genaue Lage durchgegeben hat, signalisiert er Trenker, dass der weiterfliegen kann.

In Richtung Süden geht es jetzt weiter, schon deutlich zu sehen: der Starnberger See, tief eingebettet in die Voralpenlandschaft. In weiter Ferne erscheinen schemenhaft die Alpen im Dunst. In der Do 27 ist es inzwischen anstrengend warm. Kein Wunder, hat sie doch sehr viele Fenster, durch die die Sonne scheint und alles aufheizt. Allmählich bekommt man eine Vorstellung davon, was Ströbl meinte, als er vor dem Start sagte, dass das "kein Spazierflug" sei. Dabei ist es noch Frühling und bereits weit nach Mittag. Darüber hinaus gibt es Situationen, in denen das Flugzeug weit länger über einem Brand kreisen oder sogar mal gewagt vor einem Feuerwehr-Einsatzteam herfliegen muss, um ihm den Weg zu weisen.

Und manchmal, wie im vergangenen Jahr, entdeckt ein Team gleich drei Brände bei einem Flug. Doch an diesem Tag klingt der zweite Teil der Tour ganz friedlich aus. Als die Do 27 die kleine Landebahn auf Fursty ansteuert, sind die grasbedeckten Hangars aus der Luft kaum zu erkennen.

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