Fürstenfeldbruck:Raff soll zahlen

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Da stimmt die Chemie noch: Stadtwerkechef Enno W. Steffens (rechts), hier beim Richtfest der neuen Stadtwerkezentrale im Brucker Westen, erstreitet sich später nach der fristlosen Kündigung eine Entschädigung. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Stadtwerke werden vom Oberbürgermeister Schadenersatz in sechsstelliger Höhe fordern, weil dieser dem ehemaligen Geschäftsführer eigenmächtig die Zulagen erhöht hat. Das hat der Stadtrat beschlossen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Stadtrat weist Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) die Verantwortung für gravierende Versäumnisse zu und macht den Weg frei für Regressforderungen in sechsstelliger Höhe. Weil Raff in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Fürstenfeldbrucker Stadtwerke ohne Rückendeckung des Kontrollgremiums dem mittlerweile entlassenen früheren Geschäftsführer Enno W. Steffens 2015 höhere Zusatztantiemen genehmigt hatte, soll er nun den Stadtwerken den entstandenen Schaden ersetzen. Die Entscheidung fiel nach SZ-Informationen gegen vier Stimmen und damit mit großer Mehrheit im nicht öffentlichen Teil der Stadtratssitzung am Dienstag.

Für Raff ist dies ein herber Dämpfer, hatte er selbst doch bislang bezweifelt, dass überhaupt ein Schaden entstanden sei - auch wenn er eingeräumt hatte, damals irrtümlich nicht die erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats eingeholt zu haben. Am Dienstagabend verließ Raff vor der Behandlung des Tagesordnungspunkts "Angelegenheiten der Stadtwerke Fürstenfeldbruck GmbH" den Stadtsaal Fürstenfeld und stimmte wegen eigener Befangenheit auch nicht mit ab. Zweiter Bürgermeister Christian Stangl (Grüne) übernahm die Sitzungsleitung für den Stadtrat, der gleichermaßen als Gesellschafterversammlung der Stadtwerke fungiert. An diese hatte der Aufsichtsrat der hundertprozentigen städtischen Tochtergesellschaft die Angelegenheit zur Entscheidung verwiesen.

Nach SZ-Informationen soll in der kurzen Debatte weitgehend Konsens darüber geherrscht haben, dass Stadt und Stadträte selbst in die Haftung genommen werden könnten, wenn sie auf einen Regress durch den Oberbürgermeister ohne sachliche Gründe verzichten würden - ähnlich soll sich nach Wortbeiträgen des Stadtwerkechefs Jan Hoppenstedt sowie Stangls auch Stadtjurist Christian Kieser geäußert haben. Unstrittig ist auch, dass Hoppenstedt nicht einfach auf eine finanzielle Wiedergutmachung zugunsten der Stadtwerke verzichten darf, nur weil es sich bei dem Verantwortlichen um den Aufsichtsratsvorsitzenden und damit quasi um seinen Vorgesetzten handelt.

Wie hoch die genaue Schadenssumme genau ist, steht noch nicht fest. Die Zusatztantiemen, die ohne Zustimmung des Aufsichtsrats 2015 rückwirkend zum Amtsantritt Steffens im Jahr 2014 angehoben wurden, dürften sich bis zum Ausscheiden Steffens auf etwa 112 000 Euro belaufen. Dazu kommen wohl 11 000 Euro, die durch die Entscheidung Raffs entstanden sind, Steffens 2017 in dessen Elternzeit freizustellen, aber die Bezüge lediglich zu reduzieren statt sie komplett zu streichen. Weitere Kosten für Mitarbeiter und Rechtsanwälte wollen die Stadtwerke nicht geltend machen. Raff wird in Kürze wohl die Schadenersatzforderung zugestellt. "Das geht jetzt alles seinen Gang", sagte Christian Stangl am Mittwoch auf Nachfrage der SZ. Erich Raff sagte ebenfalls am Mittwoch, er wisse noch gar nicht, wie die Entscheidung des Stadtrats ausgefallen sei. Sollte das Gremium tatsächlich dem Empfehlungsbeschluss der Verwaltung gefolgt sein und damit zu seinen Lasten gestimmt haben, dann werde er sich in der Angelegenheit an die Manager-Haftpflichtversicherung wenden. Diese müsste dann prüfen, ob die Ansprüche berechtigt sind und sie die Schadensregulierung übernimmt. Weitere juristische Schritte erwägt Raff nach eigenen Worten nicht. Hoppenstedt zeigte sich am Mittwoch zuversichtlich, dass die Versicherung die Kosten letztlich übernimmt. Er sei angetan gewesen von der sehr sachlich geführten Debatte im Stadtrat. Der Stadtwerkechef hofft, dass der Wirbel um die Steffens-Kündigung damit abgeschlossen ist.

© SZ vom 25.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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