Oft brauchen Kinder und Jugendliche während ihrer Schulzeit besondere Unterstützung oder einfach jemanden, mit dem sie über Krisen und Gefühle reden können. Das sollen aus Sicht der Schülerinnen und Schüler aber nicht die Eltern sein. Das Förderprogramm Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) setzt genau da an. Das Programm wird vom bayerischen Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales gefördert. Im Zuge des Projekts bieten spezielle Fachkräfte verschiedene Beratungsangebote an – nicht nur für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für Lehrkräfte und Eltern.
Mit den Beratungsangeboten sind mehr als 50 Fachkräfte betraut. Sie arbeiten in fünf Teams mit je elf bis 15 Mitgliedern. Zu den Fachkräften gehören auch Rojda Sütcü-Topgider, Jugendsozialarbeiterin an der Kirchenschule Germering, und Sabine König, sozialpädagogische Unterstützerin an der Realschule Puchheim. Die Arbeit biete abwechslungsreiche und überraschende Arbeitstage, so Sütcü-Topgider. Seit 2019 ist sie in dem Beruf tätig und hat an ihrer Schule häufig mit Scheidungskindern zu tun. Im Gespräch mit ihr können die Kinder über ihre Sorgen und Gefühle reden. Um den Austausch zu erleichtern, nutzt Sütcü-Topgider Bücher und Gefühlsmonsterkarten.
Um den Kindern die Beratung zu erleichtern, arbeiten König und Sütcü-Topgider mit unterschiedlichen Methoden. Dabei spielen plastisch-spielende Herangehensweisen eine Rolle. König erklärt anhand des Familienbretts eine mögliche visualisierende Darstellung: Auf einem Holzbrett stehen Holzfiguren mit Gesichtern, die die Familienmitglieder darstellen. Das Kind kann die Figuren frei bewegen. Es kann so die Position und Stellung der jeweiligen Familienmitglieder wählen und sich visuell vor Augen führen, wie die familiären Strukturen zu Hause aussehen.
Als Impact-Methode nutzt König den Vergleich mit einem Spielzeug-Geldschein. Dieser kommt bei Schülerinnen und Schülern mit geringer Selbstschätzung zum Einsatz. König fragt die Kinder, welchen Wert der Schein hat. Dann zerknittert sie den Schein, stampft darauf herum und zeigt ihn anschließend wieder den Kindern – trotz sichtbarer Beschädigungen bleibt der Wert derselbe. Sütcü-Topgider bietet ihrerseits ein Integrationscafé für Menschen verschiedener Herkunftsländer an.
Zu den Aufgaben der Fachkräfte gehören neben der Einzelberatung und Krisenintervention – beispielsweise bei Depressionen und Suizidalität – auch das Coaching von Lehrkräften. Häufige Themen, die die Kinder und Jugendlichen beschäftigen, sind laut Sabine König Essstörungen und selbstverletzendes Verhalten.
Die Kinder entscheiden selbst
Bei dem Angebot handelt es sich um ein kostenfreies, niedrigschwelliges und vor allem freiwilliges Beratungsangebot: Viele Betroffene kämen aus eigener Motivation zu den Fachkräften. König sieht sich daher in erster Linie als „Dienstleister im Auftrag der Familie“. Solange keine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliege, entscheiden die Kinder selbst, ob die Eltern kontaktiert werden sollen. Die Fachkräfte sind zudem an die Schweigepflicht gebunden – auch gegenüber Schule und Jugendamt. Lediglich bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung werden weitere Schritte eingeleitet. Die Fachkräfte können sich im Zweifel an das Jugendamt Fürstenfeldbruck wenden.
Max Makovec von der Jugendhilfeplanung betont den präventiven Effekt des Förderprogramms. Die verschiedenen Schulfachkräfte seien an unterschiedlichen Schularten gut installiert und ermöglichten somit eine „Arbeit auf Augenhöhe“. Durch die Zusammenarbeit beider Seiten – Fachschaft und Klientel – könnten die Leute direkt adressiert werden. Auch Ines Roellecke, Pressesprecherin des Landratsamtes, betont neben dem weitgehend flächendeckenden Angebot die individuellen Beratungsmöglichkeiten durch gezielte Fortbildung der Mitarbeitenden.
Antragsberechtigt für das Programm sind laut Ministerium das örtliche Jugendamt sowie anerkannte Träger der freien Jugendhilfe. Im Landkreis Fürstenfeldbruck sind bereits alle Mittelschulen, beide Förderschulen, die Berufsschule sowie der Großteil der Grundschulen damit ausgestattet. Der Landkreis finanziere außerdem Stellen an Realschulen, Gymnasien und der Beruflichen Oberschule in Fürstenfeldbruck, die nicht unter die Förderung fallen. Weitere Schulen, für die das Projekt im Landkreis bewilligt wurden, sind die Grundschule Esting sowie die Grundschule an der Richard-Higgins-Straße in Fürstenfeldbruck. Geplant sei das Programm auch an der Grundschule Grafrath, bewilligt aber noch nicht, sagt Jugendamtsleiter Dietmar König beim Pressegespräch in der Realschule Puchheim.