Bürgergeld:Bürgergeld für FDP ein Meilenstein

Bürgergeld: Das Wort "Bürgergeld" ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch eine Brille zu lesen.

Das Wort "Bürgergeld" ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch eine Brille zu lesen.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Das Motto laute jetzt: "Motivieren statt sanktionieren", sagt Landtagskandidat Ulrich Bode über den Abschied von Hartz IV. Auch Angela Lang vom Jobcenter sieht Vorteile in der Neuregelung.

Von Andreas Ostermeier, Puchheim

Die Einführung eines Bürgergeldes beschäftigt die Liberalen schon lange. Im Bundestagswahlprogramm von 1994 warb die FDP bereits mit der Idee eines Mindesteinkommens, das jeder Bürgerin und jedem Bürger zustehen soll. Der Kommunalpolitiker und FDP-Landtagskandidat Ulrich Bode aus Eichenau ist ein überzeugter Verfechter dieser Idee. Mit dem Kompromiss zum Bürgergeld, dem aller Voraussicht nach der Bundesrat am Freitag zustimmt, ist er fürs Erste zufrieden. Beim Gesprächskreis der Liberalen am Dienstag sprach er von einem "Meilenstein". Allerdings, sagte Bode, sei die Form, in der die soziale Unterstützungsleistung eingeführt werden soll, erst der Anfang. Das Bürgergeld, wie es sich die Liberalen vorstellen, sei noch nicht erreicht.

Bode und die Arbeitsvermittlerin Angela Lang diskutierten beim Gesprächskreis über die Folgen des Wechsels von Hartz IV zum Bürgergeld. Lang, ebenfalls Mitglied der FDP, sieht die Neuregelung als Unterstützung ihrer Arbeit. Als ein Beispiel nannte sie, dass den Bezieherinnen und Beziehern künftig mehr von dem Geld bleibe, das sie hinzuverdienten. Beim Thema Sanktionen ist sie allerdings etwas anderer Meinung als Bode.

Bürgergeld: Fachleute für Bürgergeld und Arbeitsmarkt: Kommunalpolitiker Ulrich Bode und Angela Lang vom Jobcenter Fürstenfeldbruck.

Fachleute für Bürgergeld und Arbeitsmarkt: Kommunalpolitiker Ulrich Bode und Angela Lang vom Jobcenter Fürstenfeldbruck.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Bode, der auch ein Buch zum Thema geschrieben hat, betonte, dass es durch die Neuregelung leichter werde, aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen als bei Hartz IV. Ein höherer möglicher Zuverdienst signalisiert seinen Worten nach den Menschen, dass sich Arbeit lohne. Ohnehin ist Bode überzeugt, dass die allermeisten Arbeitslosen gern einen Job hätten. Lang bestätigte dies aus ihrer Praxis. Viele Menschen seien nicht deshalb arbeitslos, weil sie nicht arbeiten wollten, sondern weil sie nicht arbeiten könnten, beispielsweise wegen einer Suchterkrankung oder psychischen Gesundheitsproblemen.

Sanktionen seien kein Anreiz zu arbeiten

Bode plädiert deshalb auch für einen Abbau der Sanktionen gegen Arbeitslose. Denn Sanktionen schafften keinen Anreiz zu arbeiten. Abgesehen davon hat das Bundesverfassungsgericht einschneidende Sanktionen als grundgesetzwidrig verurteilt, denn der Staat dürfe nicht viel von der Unterstützungsleistung kürzen, die das Existenzminimum darstellt. Das Sanktionssystem, auch wenn die Union es in den Verhandlungen mit der Ampel-Regierung gestärkt hat, werde verschwinden, prophezeite der FDP-Politiker. Das Motto des Staates laute jetzt: "Motivieren statt sanktionieren."

Lang stimmte ihrem Parteifreund zu. Die Diskussion über Sanktionen nannte sie "aufgebauscht". Nur eine sehr kleine Gruppe von Hartz-IV-Beziehern, etwa drei Prozent, sei betroffen. Als Beispiel dafür, dass Sanktionen wenig Wirkung hätten, führte sie das Moratorium an, das seit dem Sommer gilt. Ihren Worten nach ist es sehr schwierig geworden, überhaupt noch Sanktionen zu verhängen. Eine Erschwerung ihrer Arbeit kann sie deshalb aber nicht erkennen. Ganz verzichten möchte die Mitarbeiterin des Jobcenters Fürstenfeldbruck jedoch nicht auf die Möglichkeit zum Sanktionieren. "Ich sehe manche Frauen nicht mehr", sagte sie. Vor allem Mütter aus Migrantenfamilien, die arbeiten könnten und wohl auch möchten, kommen oft nicht mehr zu ihr. Lang vermutet, dass deren Männer es ungern sähen, wenn die Frauen einer Beschäftigung außerhalb des Hauses nachgingen. In solchen Fällen hätte sie gern ein Druckmittel in der Hand, um an die Frauen heranzukommen.

Wende durch Verfassungsgericht

Bode widersprach auch Unionspolitikern wie Markus Söder. Der Systemwechsel von Hartz IV zum Bürgergeld geschehe nicht erst jetzt durch die neue Gesetzgebung. Das Bundesverfassungsgericht habe ihn bereits vor drei Jahren eingeleitet - nämlich mit der starken Einschränkung von Leistungskürzungen. Daraufhin ist die Zahl der Sanktionen nach Bodes Worten stark zurückgegangen. Waren es im Jahr 2018, also vor dem Richterspruch, noch mehr als eine Million, so ist die Zahl seitdem auf unter 200 000 gesunken. Das Bürgergeld von SPD, Grünen und FDP sei die politische Antwort auf dieses Urteil, sagte der Eichenauer. Lang ergänzte, dass die Corona-Pandemie Hartz IV dann weiter eingeschränkt habe. Denn die von Lockdown und Einschränkungen Betroffenen konnten in einem stark vereinfachten Verfahren Unterstützung vom Staat beantragen.

Kritik übte Bode auch an der Reduzierung des Schonvermögens. Statt 60 000 Euro, wie von der Ampel-Koalition vorgesehen, sollen Empfänger von Bürgergeld nur 40 000 Euro auf dem Konto haben dürfen. Eine solche Einschränkung treffe vor allem Selbständige, die wegen der Folgen der Corona-Pandemie und den rasant gestiegenen Energiekosten in Schwierigkeiten kommen. Weshalb die Union einem Personenkreis Schaden zufüge, der auch zu ihren Wählern gehöre, versteht der FDP-Politiker nicht. Ebenso wenig versteht er, weshalb die Union gegen das Schonvermögen von 60 000 Euro polemisiert, das sie in der großen Koalition selbst eingeführt hat.

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