Fürstenfeldbruck:Oft witzig, immer ungültig

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Der Stimmkreisausschuss bei der Arbeit. Zuweilen müssen die Mitglieder kurios veränderte Wahlzettel prüfen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Sprüche, Psalmen und Zeichnungen entwerten den Stimmzettel

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

"Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es jetzt schon ist." Ein passender Kommentar, dachte sich ein Landkreisbürger. Er klebte bei der Landtagswahl eine Postkarte mit diesem Spruch von Karl Valentin auf seinen großen Stimmzettel. Witzig fanden den Spruch auch die Mitarbeiter der Kommunalaufsicht im Landratsamt, sie haben den Zettel kopiert. Juristisch ist die Sache einfach: Die Stimme ist ungültig. Ebenso wie jene Wahlzettel, die mit Gemälden, Psalmen oder gar Schmähungen versehen sind.

Mehr Mühe bereitete der Wahlzettel für die Zweitstimme, auf dem ein Bürger gleich vier Kandidaten seiner Lieblingspartei angekreuzt hatte. Der Wahlvorstand der Kommune hatte die Stimme für ungültig erklärt, der Stimmkreisausschuss des Landkreises revidierte die Entscheidung am Donnerstag - weil der Wählerwille klar erkennbar sei. Die Liste der Partei bekommt die Stimme, aber natürlich nur eine, nicht alle vier. Das Gremium trat am Donnerstagmorgen zusammen, um das offizielle Wahlergebnis im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost zu ermitteln und zu verkünden. Sechs Vertreter wurden von den Parteien ernannt, die Leitung hatte Robert Drexl, der Chef der Kommunalaufsicht.

Die öffentliche Sitzung findet im kleinen Besprechungszimmer in einem Nebengebäude des Landratsamtes statt. Dort haben das siebenköpfige Gremium und zwei Mitarbeiter gerade eben Platz. An einer Wand sind zwölf Umzugskisten gestapelt, jeweils sechs für die Unterlagen der Landtags- und Bezirkstagswahl. Früher traf sich die Runde im kleinen Sitzungssaal der Kreisbehörde, aber weil praktisch nie Zuhörer zum offiziellen Schlussakt der Wahl erscheinen, zog man um.

Der Stimmkreisausschuss muss die Protokolle prüfen und genehmigen sowie über strittige Fälle entscheiden. Seit Montagmorgen um 7 Uhr leisten die Mitarbeiter der Kommunalaufsicht dafür die Vorarbeit. Sie checken die Unterlagen aller 114 Urnen- und 68 Briefwahllokale im Stimmkreis. Sie korrigieren Übertragungsfehler, die übermüdeten Wahlhelfern in der Nacht schon mal passieren, und sie prüfen all die kniffligen Fälle, über denen die Wahlvorstände vor Ort gebrütet haben.

Viel hatten sie dieses Mal nicht zu tun. Einige Briefwähler haben vergessen, ihren Wahlschein beizulegen oder zu unterschreiben. Ihre Voten wurden von den Wahlvorständen als ungültig gewertet, nach der Rechtslage sind sie jedoch als nicht abgegeben zu werten. Damit sinkt die Wahlbeteiligung minimal.

Auf einem Erststimmen-Zettel hat es sich der Bürger wohl im letzten Moment anders überlegt oder einen Irrtum bemerkt: Sein erstes Kreuz bei einem Kandidaten ist durchgestrichen und mit dem Hinweis "Versehentlich" gekennzeichnet, daneben prangt ein zweites Kreuz. Das Votum ist gültig, entscheidet der Ausschuss.

Auch in diesem Fall ist der Wählerwille eindeutig und der Hinweis macht das Votum nicht ungültig, im Gegensatz zu Malereien und Parolen. Die Grenze sei allerdings nicht immer so eindeutig, erklärt Drexl. Im Stimmkreisausschuss herrscht jedenfalls Konsens. Schließlich verliest der Referatsleiter sämtliche Gesamtergebnisse der Parteien und Kandidaten, der Ausschuss genehmigt das Zahlenwerk.

Gegen Mittag holt der Amtsbote die Kisten mit den Unterlagen der Bezirkstagswahl und bringt sie in die Geschäftsstelle des Bezirks in München. Am Freitagmorgen fährt der Bote nach Fürth, um bei der Landeswahlleitung im Statistischen Landesamt die Kartons mit den Dokumenten zur Landtagswahl abzuliefern. Außerdem werden alle Daten elektronisch übermittelt. Am Wochenende muss Drexl Bereitschaftsdienst schieben, falls Rückfragen kommen. Und dann beginnen bei der Kreisbehörde bereits die Vorbereitungen für die Europawahl. Sie findet am 26. Mai 2019 statt.

© SZ vom 20.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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