Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Oberbürgermeister unter Druck

Laut Kommunalaufsicht darf sich Erich Raff nicht in die Angelegenheiten des Sportclubs einmischen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Oberbürgermeister Erich Raff hat im Streit mit dem Sportclub Fürstenfeldbruck (SCF) seine Kompetenzen überschritten und sich in unzulässiger Weise in die inneren Angelegenheiten des Sportvereins eingemischt. So lässt sich eine - in diplomatischerem Ton verfasste - Expertise der Kommunalaufsicht interpretieren, die der SZ seit Dienstag vorliegt. Die SPD hatte sich mit der Bitte um Stellungnahme an die Kontrollbehörde gewandt.

Es geht um die Mitte des Jahres ausgesprochene Kündigung der Pflegevereinbarung für das städtische Sportgelände an der Klosterstraße. Dafür erhält der SCF etwa 95 000 Euro pro Jahr. Ohne diese Summe könnte das Überleben des finanziell angeschlagenen Vereins akut gefährdet sein, warnt SCF-Präsident Jakob Ettner, der mit Raff im Clinch liegt. Der Verein drohe "vor die Hunde zu gehen", unter den Mitgliedern herrsche Verunsicherung.

Die Kündigung hatte Raff mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage begründet. Gemeint ist damit, dass der SCF eigentlich alle zwei Jahre Vorstandsneuwahlen ansetzen muss, dies aber weder im vergangenen noch in diesem Jahr getan hat. Ettner begründet das damit, dass Personen sich an der Abstimmung beteiligen könnten, die vom SCF als Mitglieder ausgeschlossen worden sind. Um die genaue Zahl der stimmberechtigten Mitglieder zu kennen, müsse man den Abschluss laufender Gerichtsverfahren abwarten. Raff und Angehörige der mittlerweile aufgelösten Altherrenabteilung hoffen, dass Ettner bei nächster Gelegenheit abgewählt wird.

Die Kommunalaufsicht macht in ihrem Schreiben vom 2. Oktober freilich klar, dass sich die Stadt nicht einfach in die Angelegenheiten eines Vereins einmischen darf. Unter der Überschrift "Befugnisse des Oberbürgermeisters" heißt es: "Bei der Stadt Fürstenfeldbruck, die nach außen von ihrem Oberbürgermeister vertreten wird, und dem Sportclub Fürstenfeldbruck e.V. handelt es sich um jeweils eigenständige Rechtspersönlichkeiten, die in keinem Über- und Unterordnungsverhältnis stehen." Die am 4. Dezember 2018 mit einer Laufzeit von sechs Jahren abgeschlossene Pflegevereinbarung enthalte Nachweispflichten des Vereins gegenüber der Stadt für Rechnungen und Belege. "Darüber hinausgehende Nachweispflichten des Vereins, ein Anspruch der Stadt auf Mitentscheidung oder gar einer Weisungsbefugnis in innerorganisatorische Angelegenheiten des Vereins wurden nicht vereinbart". Raff wird explizit aufgefordert, die Kommunalaufsicht "über die weitere Vorgehens- und Handlungsweise" zu unterrichten.

Jakob Ettner teilte am Dienstag mit, er sei bei der Polizei gewesen und überlasse es nun der Staatsanwaltschaft "das Treiben von OB Raff und seiner rechten Hand" auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Raff wirft er Vorteilsnahme im Amt vor. Ettner gilt als sehr streitbar. So hat er bereits eine Anzeige gegen Raff wegen angeblicher Urkundenfälschung erstattet, die Staatsanwaltschaft bestätigte auf Nachfrage der SZ im August die Aufnahme von Ermittlungen. Raff zeigte sich betont gelassen und bestritt die Vorwürfe.

Walter Schwarz, der sich gemeinsam mit seinen SPD-Fraktionskollegen Ulrich Schmetz und Mirko Pötzsch an die Kommunalaufsicht gewandt hatte, sieht die aktuellen Vorwürfe nun aber vollumfänglich bestätigt. "Mit der Kündigung fällt Herr Raff auf den Bauch", sagte er am Dienstag. Nun stelle sich die Frage, wer die Kosten im Fall eines Gerichtsverfahrens trage und wer hafte. Durch die Kündigung könnte sich die Stadt zwar zunächst die Jahrespauschale für die Pflege der Sportanlagen sparen. Im Gegenzug müsste aber der Bauhof die Instandhaltung des gesamtes Geländes übernehmen. Zudem müsste die Stadt auf eigene Rechnung die Flutlichtanlage am Kunstrasenplatz errichten, für die dem Verein nun das Geld fehle.

In dem Fall, dass der SCF doch noch in die Insolvenz schlittere, könnte der Verein ein städtisches Darlehen von 2020 an nicht mehr in 5000-Euro-Raten abstottern. Schwarz rechnet damit, dass es sich auch die Stadträte der anderen Fraktionen im Lichte der Expertise aus dem Landratsamt gut überlegen werden, ob sie am nächsten Dienstag unter Punkt sechs der Tagesordnung des Stadtrats eine möglicherweise rechtswidrige Kündigung nachträglich legitimieren wollen, wie dies die Stadtverwaltung empfiehlt.

OB Erich Raff räumte am Dienstagabend am Rande der IHK-Sitzung im Rathaus ein, dass es verschiedene Rechtsauffassungen gebe. Er machte aber auch deutlich, dass er an der Kündigung des Nutzungsvertrags festhalten will.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4641486
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.10.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.