Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Nur ein Zwischenhoch

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2016 haben Brucker Betriebe so viel Gewerbesteuer gezahlt wie noch nie und die Stadt konnte ihre Schulden abbauen. Darüber freuen sich bei der Verabschiedung des Haushalts fast alle Politiker. Wären da nicht die millionenschweren Investitionen in den nächsten Jahren

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Finanzen der Kreisstadt sind gut geordnet. Die Pro-Kopf-Verschuldung ist zurückgegangen, und noch nie haben Brucker Unternehmen so viel Gewerbesteuer gezahlt wie 2016. Angesichts von Millioneninvestitionen wird sich das Blatt in den nächsten Jahren allerdings wenden. Das wurde bei der Verabschiedung des Haushalts deutlich. Das Zahlenwerk war weitgehend unumstritten und wurde am Dienstag verabschiedet.

Zweiter Bürgermeister Erich Raff (CSU) hatte 2016 noch wegen Viehmarktplatz und Lichtspielhaus gegen den Haushalt gestimmt, und die Kommunalaufsicht hatte den Entwurf wegen des angeblich zu hohen Defizits zurückverwiesen. Ein Jahr zuvor hatte sogar der Finanzreferent dagegen gestimmt: Walter Schwarz (SPD) warf damals Oberbürgermeister Klaus Pleil (BBV) Eigenmächtigkeit vor. So gesehen war es bestenfalls ein kleiner Schönheitsfehler, dass die beiden Freien Wähler Franz Neuhierl und Georg Stockinger gegen den Entwurf stimmten. Sie begründeten dies mit eher formalen Unzulänglichkeiten der als intransparent empfundenen doppelten Buchführung.

Kassierin Susanne Moroff freute sich gleichwohl über die "außerordentlich gute Steuerentwicklung" mit einer Rekordmarke von 23,3 Millionen Euro bei der Gewerbesteuer. Allerdings schlummert gerade in diesem Bereich eine Gefahr: Lediglich zehn große Gewerbesteuerzahler - darunter Firmen wie Coca Cola, ESG oder die Sparkasse - steuern mit 58 Prozent den Löwenanteil bei. Würde eine dieser Firmen abwandern oder in die roten Zahlen geraten, dann müsste die Stadt einen finanziellen Einbruch verkraften.

Nachdem der Stadtrat just vor den Haushaltsberatungen durch eine Flächennutzungsplanänderung die Voraussetzung für die Erweiterung des Apparatebauers Schleifring geschaffen hat, dürfte nach Einschätzung Raffs zumindest von dieser Seite keine negative Überraschung zu erwarten sein. Und so wäre die Freude des Zweiten Bürgermeisters über die außerplanmäßig Schuldentilgung von 2,6 Millionen Euro denn auch ungeteilt, wäre da nicht das ungebrochene Bevölkerungswachstum. Moroff stellte nicht zuletzt mit Blick auf den Fliegerhorst fest, dass die Stadt sich darauf vorbereiten müsse, "ihre Infrastruktur ständig weiter auszubauen." Das heißt, dass auch die Personalkosten weiter steigen werden. Mit dem "soliden Haushalt" könne man "in der Zukunft zwar keine großen Sprünge machen", räumte Raff ein. Dennoch lasse dieser "ausreichend Spielraum, um die wichtigsten Dinge für die Stadt, die Bevölkerung und das Gewerbe auf den Weg zu bringen".

Finanzreferent Schwarz kritisierte, dass von den für Investitionen vorgesehenen 11,5 Millionen Euro bis Ende 2016 lediglich 4,6 Millionen Euro abgerufen worden seien. Der SPD-Politiker zeigte sich zwar zufrieden mit der "dauerhaften Leistungsfähigkeit" der Stadt, kreidet dem amtierenden Bürgermeister aber "eher ein Jahr des Stillstands" an. CSU-Fraktionschef Andreas Lohde hält Probleme dagegen für hausgemacht. Die hohen Schlüsselzuweisungen nennt er, ebenso wie Neuhierl, als Beleg für die Defizite. Bruck hinke bei der Gewerbesteuer hinter vergleichbaren Städten her und sollte sich um die Ansiedlung von Betrieben kümmern. Klaus Quinten (BBV) wollte ebenso wenig wie Philipp Heimerl (SPD) und Christian Stangl (Grüne) ins Klagelied einstimmen. Die künftige Verschuldung sieht Quinten nicht kritisch, zumal Bruck beispielsweise in Form von Wohnungen auch Werte schafft. Da sei sogar eine Eishalle eigentlich finanzierbar - Heimerl würde gerne bei der Sanierung des Schlachthofs und einer Wohnungsbaugesellschaft auf die Tube drücken, Stangl trotz der Mahnung zur Sparsamkeit endlich das Lichtspielhaus als "Vermächtnis" Klaus Pleils über die Bühne bringen.

Das Plus von 18 Stellen sieht Klaus Wollenberg (FDP) allerdings kritisch, auch wenn vom Personal vor allem Kitas profitieren. Handlungsbedarf sieht der FDP-Politiker vor allem beim Bevölkerungswachstum. Er empfiehlt, dieses beispielsweise mittels Flächennutzungsplänen zu begrenzen. Mit eben diesem Instrument würde Franz Neuhierl auch gerne Wohnen und Arbeiten stärker zusammenbringen.

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SZ vom 02.02.2017
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