Fürstenfeldbruck:Nach der Lehrzeit beginnt das Lernen

Bei der Freisprechungsfeier für 48 Gesellen betonen alle Redner, wie wichtig der Handwerksabschluss und die Weiterbildung im Beruf sind. Das scheint einige der Absolventen aber nicht zu interessieren, sie kommen erst gar nicht. Und auch die Ausbilder glänzen durch Abwesenheit

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Von Ehre war bei dieser Freisprechungsfeier der Handwerksgesellen viel die Rede. Von der Ehre, dass Ehrengäste Reden auf die Junggesellen halten, von der Ehre, die Ausbildung im wahrscheinlich besten Bildungssystem gemacht zu haben sowie in der Schlussformel aller Handwerksveranstaltungen: "Gott schützte das ehrbare Handwerk." Wie geehrt sich die Gesellen während und nach der Feier in der Aula des Graf-Rasso-Gymnasiums gefühlt haben mögen, war teils schwer zu erkennen. Einige waren erst gar nicht zu ihrer Abschlussfeier gekommen, einige derjenigen, die die zweieinhalb Stunden über sich ergehen ließen, strebten, ohne das Büfett zu berühren, zum Parkplatz, und die meisten schienen froh zu sein über das Ende der Lehrzeit.

Fürstenfeldbruck: Anders als das Bild es vermuten lässt, sind es aber aktuelle Popsongs, die sie zum Besten geben.

Anders als das Bild es vermuten lässt, sind es aber aktuelle Popsongs, die sie zum Besten geben.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Für 48 Gesellen waren die Urkunden vorbereitet worden, die Kreishandwerksmeister Harald Volkwein und die Obermeister der Innungen am Dienstagabend übergeben wollten. Doch nicht alle bekamen den Händedruck der Funktionäre. Bei jedem aufgerufenen Namen applaudierten die Absolventen, deren Angehörige und Freunde sowie die Ehrengäste artig, doch Volkwein empfing bei seiner ersten Freisprechungsfeier als Kreishandwerksmeister nicht jeden persönlich. Auch von den Arbeitgebern aus dem Bäcker-, Bau-, Friseur-, Maler-, Metzger- und Schreinerhandwerk begleitete nur ein Chef seinen Auszubildenden. Dabei wären auch sie alle geehrt worden für die Ausbildung von jungen Menschen, die der Ehrenpräsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, Heinrich Traublinger, so hervorhob. Es sei eine Ausbildung mit Abschluss, die es sonst so nirgendwo gebe. Die deutsche Handwerkerlehre sei weltweit anerkannt. Wie seine Vorredner in ihre Grußworten auch, rief Traublinger die Gesellen auf, sich weiterzubilden und sich zu überlegen, den Meister zu machen. Er selbst sieht sich als "Verfechter des Meistervorbehalts", also der Bedingung, dass nur ein Meister einen Betrieb führen und Lehrlinge ausbilden darf. "Das ist ein natürlicher Schutz vor Insolvenz", lobte Traublinger den Meisterbrief. Außerdem, und das sei vielen jungen Menschen und deren Eltern gar nicht bewusst, könnten Meister auch studieren - ohne Einschränkung. "Die handwerkliche Bildung ist keine Sackgasse." Er selbst, so Traublinger, habe zusammen mit der Hochschule München einen Studiengang Betriebswirtschaftslehre entwickelt, der es Handwerksmeistern in fünf Semestern ermögliche, einen Bachelor-Abschluss zu machen: "Das ist Unternehmerwissen." Den Bestrebungen der EU-Kommission, den Meisterzwang zu kippen, müsse man widerstehen. Traublinger: "Die Qualität der Ausbildung und des Handwerks hängt an diesem System."

Preisträger

Lehrlinge mit den besten Abschlussprüfungen sind die Innungssieger, die allerbesten werden Kammersieger. Unter den Absolventen der in der Regel dreijährigen Lehre hat dieses Jahr den Preis der Handwerkskammer der Germeringer Dachdecker André Hartmann bekommen, der bei der Dachdeckerei Knodel in Germering ausgebildet wurde.

Innungssieger sind Bäckergesellin Sabrina Hölzl aus Gröbenzell (Arbeitgeber: Bäckerei Martin Schönleben, Puchheim), Maurergeselle Martin Durner aus Maisach (Bals Bau, Landsberied), Friseurgesellin Alexandra Meier aus München (Sandra Ewald, Gröbenzell), Malergeselle Manuel Lais aus Alling (Konrad Haas Malereibetrieb, Gröbenzell) sowie Tischergeselle Markus Gigl aus Fürstenfeldbruck (Lignum Arts, Fürstenfeldbruck.

Den Anton-Hoch-Gedächtnispreis für Abschlussprüfungen mit der Gesamtnote bis 1,5 bekamen der Dachdeckergeselle André Hartmann, die Kraftfahrzeugmechatronikerin Rebecca-Paloma Scherbaum aus Merching (Häusler Automobile, Fürstenfeldbruck), und der Kraftfahrzeugmechatroniker Christian Stinglwagner aus Kottgeisering (Auto Bader, Vogach).

Lehrlinge mit den Noten zwischen 1,6 und Zwei wurden ebenfalls mit einem dotierten Gedächtnispreis bedacht: Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Florian Schmidt aus Puchheim (Anton Ostler, München), Bankkauffrau Carin Bahner aus Fürstenfeldbruck (Sparkasse Fürstenfeldbruck), Bankkaufkamm Maximilian Paulus aus Germering (Sparkasse Fürstenfeldbruck), die Friseurin Alexandra Meier, Tanja Sabrina Hof aus Olching (Salon Haarmacha, Puchheim), Vera Plank aus Olching (Claudia Rebscher "Die Haarstation"), Julia Ebner aus Inning (Salon Atelier am See Ulrike Steer, Herrsching) sowie Franziska Buttinger aus Germering (Friseurteam Ursula Rickert, Germering), die Rechtsanawaltsfachangestellten Angelina Eibl-Hasse aus Fürstenfeldbruck (Rechtsanwälte Neuhierl und Gierke), Antonia Elßel aus Moorenweis (Rechtsanwälte Höchstetter und Koll, MÜnchen) sowie Ellen Kuffner aus Grafrath (Rechtsanwalt Klaus Betlejewski, München), die Tischler Maximilian Mandel aus Schöngeising (Klaus Leyrer, Alling), Simon Riedl aus Fürstenfeldbruck (Hutter und Huber, Landsberied) sowie Markus Figl. Eine Auszeichnung im Wettbewerb "Gute Form" erhielt der Tischler Maximilian Mandel. ecs

Freilich ist auch nicht alles glänzend im so ehrbaren Handwerk. Denn wenn Obermeister am Rande der Veranstaltung darüber klagen, dass sie in ihrem Handwerk keine Lehrlinge mehr bekommen, dann spricht das nicht gerade für eine erfolgreiche Werbekampagne des Handwerks. Dabei sind es nicht gerade wenige Betriebe im Landkreis, die sich die Mühe machen und jungen Schulabgängern eine Berufsausbildung ermöglichen. In 3600 Handwerksbetrieben, erläuterte Harald Volkwein, werden derzeit 875 Lehrlinge beschäftigt. Wie gut die Lehrlinge sind, zeigen unter anderem ihre Noten. Die Besten werden im Landkreis mit dem Anton-Hoch-Gedächtnispreis ausgezeichnet. Und schließlich gibt es da noch die Innungssieger und manchmal einen Preis der Handwerkskammer. In diesem Jahr ist der Dachdecker André Hartmann aus Germering der Kammersieger.

Kreishandwerksmeister Harald Volkwein wünschte sich am Ende der Veranstaltung für die kommenden Freisprechungsfeiern eine "bunte Mischung" auf der Bühne. Er meinte damit die Auszubildenden, die sich das Handwerk aus den vielen jungen Flüchtlingen erhofft, die gerade nach Deutschland kommen. Ehrenpräsident Traublinger versprach vor der Festversammlung, dass es dem Handwerk ernst sei, sich um die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zu kümmern. Die sieht er als die kommenden Fachkräfte an, die den eklatanten Mangel, an dem das Handwerk leidet, beheben könnten. Allerdings müssten sie nach der Lehrzeit mindestens zwei Jahre bleiben dürfen. Auch Harald Volkwein ist dieser Meinung, hatte dies auch schon bei seiner Antrittsrede als neuer Kreishandwerksmeister formuliert. Wäre durchaus ehrenhaft, wenn dem Handwerk diese Aufgabe gelänge.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: