Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck/München:Warten auf den Angeklagten

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Prozess gegen zwei Puchheimer wird verschoben

Es gibt Personen, die für eine Gerichtsverhandlung zwingend notwendig sind. Eine davon ist (mit geringen Ausnahmen) der Angeklagte. Und wenn der gerade nicht in (Untersuchungs-)Haft sitzt und deshalb von der Polizei vorgeführt wird, dann ist es seine persönliche Verantwortung zu erscheinen - oder eben auch nicht. So wie am Donnerstagvormittag, als vor dem Münchner Landgericht ein Prozess gegen zwei junge Erwachsene aus Puchheim beginnen sollte. Punkt 9.15 Uhr sitzen alle an ihren Plätzen: die vorsitzende Richterin, eine zweite Richterin, zwei Schöffen, ein Gerichtsdiener, die Staatsanwältin, mehrere Gutachter, eine Dolmetscherin, ein Sicherheitsbeamter, ein Rechtsanwalt und eine Rechtsanwältin, ein Angeklagter. Nur eben der zweite Angeklagte, ein 23-Jähriger, nicht. Offenbar nicht zum ersten Mal in einem Prozess gegen ihn, wie die Staatsanwältin andeutet.

Nach kurzer Diskussion dann die Entscheidung: ein ausgesetzter Haftbefehl gegen den 23-Jährigen wird wieder in Vollzug gesetzt, die Polizei soll nach ihm suchen und ihn bis 13 Uhr vorführen. Bis dahin wird die Verhandlung unterbrochen.

Kurz vor 13 Uhr dann die ernüchternde Nachricht der Polizei: Der Angeklagte konnte nicht zu Hause angetroffen werden, eine Vorführung ist deshalb nicht möglich. Der Verteidiger, der unterdessen mit dem Vater des 23-Jährigen Kontakt hatte, erklärt, sein Mandat sei nach Angaben des Vaters unterwegs und sollte rechtzeitig eintreffen. Tut er dann aber nicht. Und so wird weiter diskutiert und man einigt sich darauf, in einer Woche, am geplanten zweiten Prozesstag, noch einen Versuch zu starten - bis dahin hat die Polizei nun Zeit, den Angeklagten zu finden.

Dem 23-Jährigen werden mehrere Straftaten vorgeworfen. Unter anderem soll er mit drei Komplizen Mitte 2017 einen Bekannten besucht haben. Mit einem Messer und einer Soft-Air-Pistole soll die Gruppe das Opfer zur Herausgabe von Wertsachen und Geld gedrängt haben. Im Laufe des Streits soll das Opfer niedergeschlagen worden sein und eine Platzwunde am Kopf erlitten haben. Einige Tage später soll der 23-Jährige gemeinsam mit einem der möglichen Mittäter aus dem ersten Fall in einen Supermarkt eingebrochen sein und Waren im Wert von mehr als 12 000 Euro geklaut haben. Zudem ist er im gleichen Zeitraum mit knapp zwölf Gramm Marihuana, verpackt in elf Plomben, erwischt worden. Dem zweiten Angeklagten, einem 22-Jährigen Puchheimer wird in diesem Prozess vorgeworfen, gemeinsam mit dem 23-Jährigen und zwei der anderen möglichen Täter aus dem ersten Überall im selben Monat einen Drogendealer überfallen zu haben. Dabei sollen sie unter anderem 100 Tabletten MDMA und ein oder zwei Beutel Speed und 500 Euro erbeutet und ihr Opfer mit einer Schreckschusspistole und einem Messer bedroht haben.

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Quelle:
SZ vom 25.09.2020 / FlHa
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