Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck/München:Nachbar schlägt mit dem Hammer zu

55-Jähriger steht vor Gericht, weil er drei Jugendliche angegriffen und teils schwer verletzt hat

Von Andreas Salch, Fürstenfeldbruck/München

Wolfgang G. reichte es. Er fühlte sich gestört. Deshalb griff er zu einem Zimmermannshammer und schlug zu. In den frühen Morgenstunden des 4. August vergangenen Jahres soll der 55-Jährige in einem Mehrfamilienhaus in Fürstenfeldbruck einen Teenager mit dem Hammer fast erschlagen haben. Für die Tat muss sich der Familienvater nun vor dem Schwurgericht am Landgericht München II verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen versuchten Totschlags erhoben.

Es war gegen 1 Uhr am Morgen jenes 4. August 2019 Jahres. Wolfgang G. stand am Treppenabsatz im ersten Stock in dem Mehrfamilienhauses. Von unten kamen ihm drei junge Männer entgegen. Sie wollten in die zweite Etage, wo einer der Teenager mit seinem Vater in einem Apartment wohnt. "Jetzt reicht' s" zischte Wolfgang G., der sich durch die Jugendlichen gestört fühlte, weil sie angeblich zu laut waren. Er packte einen der drei, einen 18-Jährigen, an der Schulter und schlug sofort mit seinem Zimmermannshammer in Richtung von dessen Kopf. Der 18-Jährige konnte jedoch ausweichen. Dennoch wurde er am Kiefer und am linken Schlüsselbein getroffen. Hinter dem 18-Jährigen stand dessen ein Jahr älterer Freund.

Wolfgang G. versetzte dem jungen Mann laut Anklage mindestens einen Schlag mit seinem schweren, gut 30 Zentimeter langen Hammer am Kopf. Der 19-Jährige erlitt eine zwei Zentimeter lange, tiefe Riss-Quetsch-Wunde. Danach soll der Angeklagte auch den dritten Jugendlichen attackiert haben. Der jedoch konnte ausweichen und blieb unverletzt.

Die jungen Männer ergriffen die Flucht. Auch der 19-Jährige, den Wolfgang G. besonders schwer verletzt hatte. "Ich stand voll unter Schock", berichtete der Facharbeiter am Dienstag vor dem Schwurgericht bei seiner Vernehmung. Er habe "extrem geblutet" und die Wunde am Kopf mit seinem T-Shirt abgedrückt. Wolfgang G. rannte den Ermittlungen zufolge den Jugendlichen hinterher, konnte sie aber nicht einholen. In der Fichtenstraße blieben die Teenager stehen. Sie wähnten sich in Sicherheit. Als ein Auto vor ihnen stehen geblieben sei, sagte 19-Jährige vor Gericht, habe er geglaubt, jemand wolle helfen. Doch der Mann, der aus dem Kleinwagen ausstieg, war Wolfgang G. Einer der beiden anderen junge Männer versuchte den 55-Jährigen aufzuhalten. Vergeblich. Schließlich flohen die drei erneut. Zwei in die eine Richtung. Ein 17-Jähriger in die andere. Ihm rannt der Angeklagte hinterher. Inzwischen war die Polizei alarmiert worden.

Die Beamten nahmen G. fest. Seit der Tat sitzt der Brucker in Untersuchungshaft. Wolfgang G. sagte bei der Vernehmung, in der Wohnung über ihm, in dem eines der Opfer mit seinem Vater wohnt, sei Partystimmung gewesen. Außerdem versicherte der 55-Jährige, er habe in Notwehr gehandelt. Einer der drei jungen Männer habe eine Flasche in der erhobenen Hand gehalten. Wolfgang G. wollte sich bei dem 19-Jährigen entschuldigen. Der aber wollte vorerst keine Entschuldigung hören. Der Prozess dauert an.

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SZ vom 25.03.2020
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