Fürstenfeldbruck:Moscheestreit geht weiter

Nach jahrelangen Auseinandersetzungen erteilt die Kreisstadt die Baugenehmigung. Prompt reicht ein Nachbar Klage ein. Muslime und Verwaltung sind überzeugt, dass die Kompromisslösung nicht mehr zu kippen ist

Von Gerhard Eisenkolb

Ziehen in zwei Jahren Vereine und Honoratioren wie am Freitagnachmittag zum Auftakt des Heimatfestes zum Volksfestplatz in Fürstenfeldbruck, werden die Trachtler und Musiker voraussichtlich in der Nachbarschaft des Maibaums im Biergarten der Brauerei die Kuppel einer Moschee und ein 18 Meter hohes Minarett erblicken. Den Stadtrat stört ein solches Bauvorhaben nicht. Und die Stadtverwaltung hat nun, nach einem fast zehn Jahre dauernden Streit um die Frage, ob die Baumasse des Gebäudes in die Augsburger Straße passt oder nicht, die Baugenehmigung erteilt. Damit könnte der Türkisch-Islamische Verein laut Auskunft der Rechtsabteilung des Rathauses eigentlich sofort mit den Bauarbeiten auf dem Anwesen mit Hausnummer 31 in der Augsburger Straße beginnen, obwohl ein Nachbar eine Klage gegen die Genehmigung eingereicht hat.

Der selbe Kläger hatte bereits vor acht Jahren das Verwaltungsgericht München beschäftigt. Das Gericht stimmte damals im Gegensatz zum Landratsamt dem Vorhaben zu. In der Verhandlung zeigte sich der Türkisch-Islamische Verein kompromissbereit und sagte zu, Lärmauflagen zu erfüllten. Die Moschee erhält nun eine große Tiefgarage mit rund einem Dutzend Stellplätzen, was laut Mehmet-Akif Nemutlu vom Türkisch-Islamischen-Verein die Baukosten fast verdoppelte. Anstelle der ursprünglich veranschlagten rund 750 000 Euro soll die Moschee nun 1,5 Millionen Euro kosten. Diese Kostensteigerung trifft den Verein hart, da die Mitglieder den Bau selbst finanzieren müssen. Für einen sofortigen Baubeginn fehlt ihnen noch das Geld.

Nemutlu hofft, dass nun, mit dem Vorliegen der Baugenehmigung, die Spendenbereitschaft der rund 1500 bis 2000 sunnitischen Muslime in Fürstenfeldbruck stark zunehmen wird. Sollte sich diese Einschätzung als richtig erweisen, könnte im nächsten Jahr mit den Bauarbeiten begonnen werden. Nemutlu beruft sich auf den ersten Erfolg vor dem Verwaltungsgericht. Da den Richter das Hauptargument der Kläger, die erdrückende Wirkung des knapp zwölf Meter hohen Gebäudes, nicht überzeugte, ist Nemutlu optimistisch, auch den zweiten Rechtsstreit zu gewinnen. Zudem hatte das Verwaltungsgericht betont, dass die Religionsfreiheit im Grundgesetz besonders geschützt sei und darauf verwiesen, dass auch ein weiteres Nachbargebäude mehrgeschossig sei.

Auch für Christian Kieser, den Leiter der Rechtsabteilung im Rathaus, steht fest, dass die Baugenehmigung nun nicht mehr durch ein Gericht gekippt wird. Schließlich seien alle Bedenken berücksichtigt worden. Der Kläger, dessen Haus etwas zurückgesetzt neben der künftigen Moschee liegt, beteuert, ihm gehe es nur um die Baumasse und die Höhe. "Ich habe gegen die Rücksichtslosigkeit dieses Baus etwas", sagte er. Gegen ein Minarett oder eine Moschee neben seinem vermieteten Haus habe er dagegen nichts einzuwenden. Und der Kläger will sich auch nicht damit abfinden, dass die Stadtverwaltung dem Türkisch-Islamischen Verein sehr, sehr weit entgegen kam, nur um ihren "Integrationswillen" zu beweisen. Alles, was in dem Mischgebiet nur irgendwie an Baumasse möglich und zulässig gewesen sei, sei auch genehmigt worden, kritisiert er. Im Gegensatz hierzu bezeichnet Kieser die künftige Moschee als "nicht riesig". Noch etwas stört den Kläger. Er beruft sich auf einen Gutachter und macht geltend, dass sein Grundstück völlig verschattet wird.

Auch der Versuch, den Nachbarstreit über eine Mediation beizulegen, scheiterte. Zu den Gesprächen, das Haus des Klägers an einen Muslim oder den Türkisch-Islamischen Verein zu verkaufen, der bereits auf dem Anwesen in einem älteren Haus über Gebets- und Gruppenräume sowie eine Wohnung für einen Imam verfügt, gibt es unterschiedliche Versionen.

Das Zentrum der künftigen Moschee bildet im zweiten Stockwerk unter einer 5,6 Meter hohen Kuppel ein rund 160 Quadratmeter großer Gebetsraum. Dort können sich bis zu 80 Männer versammeln. Der wesentlich kleinere Gebetsraum für Frauen liegt im ersten Stock, dort sind auch zwei kleinere Wohnungen und Büroräume vorgesehen. Das Erdgeschoss bietet Platz für eine Teestube mit Küche und Ladenräume, die vermietet werden sollen. Um Platz für die neue Moschee zu schaffen, muss der Altbau abgerissen werden. Für OB Sepp Kellerer ist noch offen, ob das Minarett überhaupt gebaut wird. Sollte es dazu kommen, ist es nur eine optische Zier. Genutzt werden darf es nicht.

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