Fürstenfeldbruck:Moria-Flüchtlinge müssen warten

Stadtrat kann BBV-Eilantrag wegen fehlender Dringlichkeit zunächst nicht behandeln

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Was sich dem sprichwörtlichen gesunden Menschenverstand nicht erschließt, kann von der Gemeindeordnung vorgegeben sein: Am Dienstag wird deutlich, dass die Notlage der Menschen im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos zwar akut ist, dass sich damit formal aber offenbar kein Eilantrag an den Oberbürgermeister begründen lässt.

Daran, dass sich der Mitte September von Christian Götz (BBV) gestellte "Eilantrag" gut zwei Wochen später nicht auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung findet und mithin darüber nicht beschlossen werden kann, entzündet sich eine hitzige Debatte. Dabei besteht im Gremium augenscheinlich weitgehend Einigkeit, dass die Stadt einige anerkannte Asylbewerber, die durch den Brand ihres Lagers obdachlos geworden sind, aufnehmen soll. In der Praxis erweist sich die Willensbekundung freilich als komplizierter als gedacht.

Die BBV wollte die Verwaltung beauftragen, "kurzfristig Mittel und Wege zu finden", Geflüchtete aufzunehmen. Der OB solle Bundes- und Landesregierung mitteilen, "dass die Stadt Fürstenfeldbruck bereit ist, eine noch festzulegende Zahl an Geflüchteten aus dem Flüchtlingslager Moria im Stadtgebiet unterzubringen." Zudem solle sich Fürstenfeldbruck dem Städtebündnis "Sichere Häfen" anschließen.

OB Erich Raff (CSU) freilich spricht dem Stadtrat die Zuständigkeit ab für die Aufnahme von Flüchtlingen und beruft sich mit ausdrücklicher Rückendeckung des Stadtjuristen Christian Kieser auf eine Stellungnahme der Kommunalaufsicht. Credo: Ein Eilantrag lässt sich in dieser Sache nicht begründen. Für die Menschen auf Lesbos ist das Problem dringlich, für eine Stadt in Bayern aber streng genommen eben nicht. Außerdem lassen manche Formulierungen zu viel Interpretationsspielraum. Kieser rät dem Stadtrat davon ab, eine Dringlichkeit eigenmächtig zu bejahen und dann über den Antrag abzustimmen. Die Aufnahme von Moria-Bewohnern befürwortet er persönlich zwar ausdrücklich. Ein Beschluss an diesem Tag könne aber dazu führen, dass der OB diesen nicht vollziehen dürfe und die Sache damit erst mal ganz vom Tisch ist. Dann lieber fristgerecht einen "normalen" Antrag stellen mit konkreteren Angaben, wie viele anerkannte Asylbewerber aufgenommen werden könnten - der von der Verwaltung bearbeitet wird und über den auf der nächsten Stadtratssitzung Ende Oktober abgestimmt wird, so Kiesers Empfehlung. Wann alle 2000 Flüchtlinge aus Moria ankommen, die Horst Seehofer nach Deutschland holen will, lässt sich ohnehin noch nicht absehen.

Zunächst fliegen die Fetzen. Götz ist sauer, dass die Stadtspitze nicht auf die Idee gekommen ist, den Antrag einfach als "normalen Antrag" auf die Tagesordnung zu setzen und weist Raffs Vorwurf, er habe sich nicht mit der Fachabteilung im Rathaus abgestimmt, entrüstet als "Unsinn" zurück. Es gehe um eine "humanitäre Katastrophe". Städte wie Weißenburg hätten bewiesen, dass man formale Hürden auch mal "hemdsärmelig" überwinden könne. Ebenso wie Alexa Zierl (ÖDP) findet es Karin Geißler (Grüne) "peinlich", wenn es kleinkrämerisch nur darum geht, was nicht geht - statt das Signal auszusenden: "Wir sind bereit, was zu tun." Ein Signal, das eine absehbare Mehrheit aber wohl noch aussenden will - dann eben in einem Monat.

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