Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Misstöne auf der Empore

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Noch haben die beiden christlichen Kirchen nur wenige Probleme, ihre Kirchenmusikerstellen zu besetzen. Doch die Verantwortlichen warnen davor, dass sich das bald ändern könnte

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Noch ist die Situation der Kirchenmusiker bei Protestanten und Katholiken unbedenklich. Dennoch blicken die Verantwortlichen mit leichten Sorgen in die Zukunft. "Natürlich kann es sein, dass sich die Situation ändert und dass es in 20 Jahren selbst bei den großen Chören Einbrüche gibt", sagt Simon Probst, der stellvertretende katholische Dekanatsmusikpfleger.

Doch bereits heute fällt es nicht immer leicht, vor allem die Nebenberufsstellen im westlichen Landkreis zu besetzen. Auf der Internetseite der Erzdiözese München und Freising findet sich eine Liste mit offen Stellen. Demnach gibt es in Günzlhofen eine Stelle mit zwei Wochenstunden, die seit 2014 unbesetzt ist, ebenso die Stelle in Hattenhofen mit 9,25 Stunden. Seit 1. April 2015 wird außerdem ein neuer Kirchenmusiker für 9,8 Stunden pro Woche in der Grafrather Wallfahrtskirche gesucht. "Das muss dann mit freien Musikern überbrückt werden. Das bedeutet vor allem für die Sekretärinnen eine Menge Arbeit, die ihre Liste durchtelefonieren müssen, damit sie alle Gottesdienste verteilt bekommen", erklärt Probst.

Auch Kirsten Ruhwandl, Kantorin des evangelischen Dekanats, ist mit der Situation noch zufrieden. "Wir profitieren stark davon, im Speckgürtel von München zu liegen. Da gibt es eine Menge hervorragender Musiker und es mangelt noch nicht am Nachwuchs." Vor allem qualitativ sei das Dekanat hervorragend besetzt, gerade im Vergleich mit anderen Regionen. "Ich bin immer wieder unterwegs und weiß deshalb, wie es in anderen Dekanaten aussieht", sagt Ruhwandl.

Dennoch, das betonen sowohl Probst wie auch Ruhwandl, spüre man bei den Jugendlichen den Druck des G 8. "Das macht uns schon zu schaffen. So haben wir in den Kinderchören bis zur dritten Klasse gar keine Probleme. Danach geht es bereits um den Übertritt. Der Stress ist dann so groß, dass das Engagement bei uns als erstes gestrichen wird. Ich denke, in Zukunft wird das noch schwerer", sagt Ruhwandl.

Die evangelische Dekanatskantorin rechnet damit, dass es künftig immer schwerer werden wird, die nebenberuflichen Stellen zu besetzen. "Das liegt auch daran, dass die Arbeitszeiten für viele Menschen unattraktiv sind: abends, an Feiertagen, am Wochenende, in den Ferien. Also immer dann, wenn Freunde und Familie frei haben", erzählt Ruhwandl. Außerdem seien viele Menschen immer weniger bereit, sich langfristig zu etwas zu verpflichten. Früher sei das ganz anders gewesen. "Bis zum Zweiten Weltkrieg war es nicht unüblich, dass die Volksschullehrer nebenbei auch die Kirchenmusik in ihrer Gemeinde gemacht haben. Diese Tradition gibt es eben nicht mehr, und deshalb müssen neue Wege gefunden werden."

Während es im evangelischen Dekanat nur eineinhalb hauptamtliche Musikerstellen gibt, Kirsten Ruhwandl in Fürstenfeldbruck und Jean Mondesir Benoit, der in Eichenau, Puchheim und Olching arbeitet, sind es bei den Katholiken sechs Stellen im Dekanat, außerdem zwei in Germering. Dazu kommen noch etwa 30 nebenberufliche Musikerstellen, schätzt Probst, die allerdings konstant wechseln. Ob eine Stelle mit einem Haupt- oder Nebenberuflichen besetzt wird, wird anhand einer Aufgabenliste bestimmt. "Die wird dann in Stunden umgerechnet und je nachdem, wie viele zusammenkommen, wird eine passende Stelle ausgeschrieben", sagt Probst.

Ausgesucht werden die Kirchenmusiker bei den Katholiken dann von der Kirchenstiftung der jeweiligen Gemeinde. "Mit deren Vertretern gibt es ein Vorstellungsgespräch und dann wird entschieden", erzählt Probst. Die Diözese hat dabei nicht mitzuentscheiden, sie wirkt höchstens beratend mit. Bezahlt werden die Musiker dennoch vom Ordinariat. Ähnlich ist das Verfahren aktuell auch noch bei der evangelischen Kirche. Zum kommenden Jahr allerdings wird sich das ändern (siehe unten).

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Quelle:
SZ vom 18.07.2015
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