Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Metzgerhandwerk blutet aus

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Innung plagt Existenzangst: Vier Betriebe wurden 2014 geschlossen, momentan gibt es nur einen Lehrling

Von Maren Jensen, Fürstenfeldbruck

Der Fleischer-Branche in der Region fehlt der Nachwuchs. Zu groß ist die Konkurrenz durch Supermärkte, zu klein die Lust an dem blutigen Job. Immer weniger Jugendliche wollen Metzger werden. Dies bestätigte Obermeister der Metzgerinnung Engelbert Jais. Auf der Mitgliederversammlung am Mittwoch äußerte er große Sorgen um die rund 20 Betriebe im Landkreis. Bereits vier Geschäftsstellen mussten in den letzten zwölf Monaten schließen. Sollte die Tendenz in den nächsten Jahren weiter abwärts gehen, droht den Metzgern eine echte Existenzkrise. "In spätestens zehn Jahren werden wir es richtig merken. Uns fehlt das Fachpersonal. Es wird langsam knapp mit den Mitgliedern", sagt Jais. Nur drei Auszubildende seien heuer eingestellt worden, wobei nur einer das traditionelle Metzgerhandwerk lernt. Die anderen beiden sind angehende Fleischereifachverkäufer.

"Ich weiß nicht was wir noch tun sollen", sagt Jais. Um den Beruf attraktiver zu gestalten hat die Innung schon viel versucht. Imagefilme, Tarifänderungen und Werbeaktionen zeigten bisher wenig Erfolg. So wie viele andere Handwerksbetriebe droht der Beruf auszusterben. "Was passiert, wenn unsere durchschnittlich 50 Jahre alten Mitarbeiter in Rente gehen? Wie soll es noch weitergehen", fragt sich Jais. Auch diverse Besuche auf Berufsinformationsmärkten erwiesen sich als erfolglos. "Das war sprichwörtlich ein Schuss in den Ofen. Kaum ein Jugendlicher hat sich für unseren Beruf interessiert. Und wenn doch mal einer da war, dann nur weil er dafür Schulfrei hatte", sagt er. Durch den momentanen Flüchtlingsstrom schöpft die Innung wieder Mut. Potenzielle Arbeitskräfte könnten unter den zahlreichen Jugendlichen sein. "Wir haben gemerkt, dass sie nicht diese extremen Berührungsängste haben", erzählt der Innungsmeister. Ein ausländischer 28-jähriger Lehrling sei bereits vor einiger Zeit fest eingestellt wurden "Wir sehen, dass das gut funktioniert. Er macht sich wirklich gut", bestätigt auch Vize-Obermeister Bernhard Huber.

Trotzdem wolle die Innung noch nicht aufgeben Jugendliche aus der Region zu animieren. "Ich kann gar nicht nach vollziehen, warum sich so wenige für den Beruf finden. Mir macht er sehr viel Spaß", erklärt Florian Seifert, der in diesem Jahr seine Meisterprüfung bestanden hat. "Es kommt einfach auf den Menschen an. Aber am Ende sein fertiges Produkt in den Händen halten zu können ist schon ein tolles Gefühl", sagt er. Ebenfalls bedrückt wirkte Kreishandwerksmeister Harald Volkwein. "Ich wünsche den Betrieben viel Kraft für die Zeit, die Ihnen jetzt bevor steht. Der Metzgerbetrieb ist ein deutsches Kulturgut und wir müssen daran festhalten."

Ein großes Problem sieht die Innung vor allem in den Supermärkten und großen Industrien. "Wir sehen, wie Jugendliche in die Ausbildung gelockt, ja fast bestochen werden. Wir können unseren Lehrlingen eben kein IPad als Begrüßungsgeschenk bieten", sagt Marcus Königbauer von der Versicherungsgruppe Münchener Verein. Der Regionaldirektor sprach über die Metzgerrente und appellierte an den Vorstand, dass dringend eine Modernisierung des Berufes notwendig sei. "Das Jahr 2015 war ein Ausnahmejahr. So leicht geben wir nicht auf", so Jais

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Quelle:
SZ vom 30.10.2015
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