Fürstenfeldbruck:Mekka der Lichtbildner

Lesezeit: 3 min

Ein Buntfalke beobachtet das vorhersehbare Duell Spiegelreflexkamera gegen Handy, ein brasilianischer Profi nimmt seinen Preis entgegen und die 360-Grad-Kamera trifft auf den Barfußschuh: Etwa 11 000 Besucher kommen zu den 19. Internationalen Fürstenfelder Naturfototagen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Szene hätte man sich passender nicht ausdenken können: Auf der Waaghäuslwiese können die Besucher der Internationalen Fürstenfelder Naturfototage wieder Greifvögel beobachten und fotografieren. So auch am Sonntag, als eine Falknerin einen sieben Jahre alten Buntfalken präsentiert. Der ist nur etwa 20 Zentimeter groß und sitzt ruhig auf ihrem Arm. Und doch ist die Enttäuschung bei einem Mann groß, als er sich etwas später seine Aufnahmen ansieht: "Oh schade, da hat es nicht richtig fokussiert. "Es", das ist ein Handy. Die Szene steht für eine Entwicklung, die ambitionierte Fotografen eher frösteln lässt. Es werden immer mehr Aufnahmen mit immer besser auflösenden Mobiltelefonen gemacht. Besser werden solche Fotos aber meist nicht. Wirklich eindrucksvollen Aufnahmen, wie sie zu Hunderten am Wochenende im Veranstaltungsforum zu sehen waren, erfordern nicht nur eine ordentliche Ausrüstung, sondern auch das Knowhow über das Zusammenspiel aus Blendenöffnung, Belichtungszeit und Brennweite sowie vor allem: Zeit und Geduld. An diesem Erfolgsrezept hat die digitale Revolution nichts Grundlegendes geändert, mag sie dem Fotografen auch bislang unerreichte Auflösung, Autofokus oder eine ausgefuchste digitale Nachbearbeitung an die Hand gegeben haben.

Das weiß auch Stephan Wichtrey aus München. Er hat eine Vollformat-Spiegelreflexkamera und ein sehr lichtstarkes 85/1,2-Objektiv dabei, das er im Studio bevorzugt für die Porträtfotografie einsetzt. Damit freilich lässt sich auch ein Buntfalke stechend scharf abbilden, bei weit geöffneter Blende hebt er sich von dem verschwimmenden Hintergrund ab - 1:0 im Vergleichskampf Spiegelreflex gegen Handy. Für Wichtrey, der in der IT-Branche arbeitet, ist Fotografieren ein Ausgleich. "Wie Urlaub" sei es, mit der Kamera in der Natur unterwegs zu sein. Der semiprofessionell arbeitende Fotograf, der die Fototage zum zweiten Mal besucht, schätzt die Veranstaltung in Fürstenfeld wegen ihrer Vielfalt - auch wenn der Makrofoto-Workshop, den er gerne besucht hätte, bereits ausgebucht war. Als Ausgleich bringt er seine Kamera zur kostenlosen Sensorreinigung bei einem der vier namhaften Hersteller aus Fernost. Recht rege nachgefragt ist auch ein Service, der unter anderem in Germering ansässigen Firma Cewe. Besucher können eine eigene Postkarte mit Bild und Text gestalten und diese sogleich in die fernsten Winkel der Erde oder auch zu sich nach Hause versenden lassen.

Wer Kuriositäten sucht, wird ebenfalls fündig: Da gibt es kugelförmige 360-Grad-Kameras, auf Baumscheiben aufgedruckte Naturmotive und sogar Barfußschuhe - vielleicht für den geduldig verharrenden Menschen auf Fotopirsch in freier Wildbahn. Beim Fotomarkt in der Tenne kann Fotografen-Handwerkszeug gekauft oder ausgeliehen werden. Wie man dieses einsetzt, zeigt die Glanzlichter-Fotoausstellung gegenüber in der Kulturwerkstatt: Zu sehen ist dort auch das Bild des diesjährigen Siegers Marcio Cabral. Titel: "Futtersuche mit Beleuchtung." Im brasilianischen Emas-Nationalpark installierte er eine hochauflösende Canon EOS 5 DSR mit einem Nikon 2,8/14-24 sowie zwei Blitzgeräte. Die 30 Sekunden währende Aufnahme bei Iso 5000 zeigt einen Ameisenbär vor einem von Glühwürmchenlarven illuminierten Termitenhügel vor einem eindrucksvollen nächtlichen Sternenhimmel. Fototage-Chef Udo Höcke freut sich, dass Cabral eigens aus Brasilien angereist ist, um am Freitagabend seinen Preis in Empfang zu nehmen.

Um die 11 000 Besucher lassen sich vor allem am Wochenende vom Thema Mittelmeer nach Fürstenfeld locken. Ein Forum, das auch die Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz, Eugenie Scherb, gerne nutzt. Denn Naturfotografen haben in der Regel großes Interesse, eben jene Natur zu erhalten. In diesem Jahr stehen Wildbienen im Blickpunkt des BN, auf deren Gefährdung in Kürze auch mit Ausstellungen im Landratsamt sowie in Eichenau aufmerksam gemacht werden soll. Ebenso wie dem BN sind auch Greenpeace und den Vogelschützern die Stände kostenlos zur Verfügung gestellt worden.

Bereits fest geplant ist die nächste Auflage der Naturfototage vom 10. bis 13. Mai 2018. das Motto heißt dann "Projekt Tier". Einen Unsicherheitsfaktor freilich gibt es: Falls das Brucker Ordnungsamt an seinen angekündigten Sicherheitsauflagen festhalte, so Höcke, "dann wären wir weg". Diesmal sei auf die zunächst geforderte Umzäunung sowie Taschenkontrollen verzichtet worden. Höcke: "Wie sollte das denn auch funktionieren, jeder Zweite hat eine Fototasche dabei, das geht gar nicht."

Auch eine Canon-Mitarbeiterin reist mit sehr gemischten Gefühlen heim. Am Samstag hatte sie bei einem Workshop im Reitstall am Engelsberg Kameras und Objektive präsentiert. Während einer Pause wurden aus dem Vorraum des Reiterstüberls dann zwischen 13.50 und 14.20 Uhr eine Kamera Canon I DX Mark II sowie ein Objektiv EF 100-400, 4,5-5,6 LIS II im Gesamtwert von etwa 8600 Euro gestohlen. Die Polizei bittet um Hinweise.

© SZ vom 15.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: