Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge:Meister im Improvisieren

Das Aufnahmelager für Flüchtlinge im Fliegerhorst soll am 3. Oktober bezugsfertig sein. Bis dahin müssen ein Trennzaun gezogen und viele Betten aufgestellt werden

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Die Bundeswehr hat in den vergangenen Tagen die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass spätestens am Tag der Deutschen Einheit, also am kommenden Freitag, 3. Oktober, die ersten 200 Flüchtlinge das künftige Erstaufnahmelager der Regierung von Oberbayern im Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck beziehen können. Da sich laut Angaben von Herwig Bahner, dem für die Kaserne zuständigen Chef der Bundeswehrverwaltung, zurzeit die Lage jedoch fast stündlich ändert, liegt es nun in der Hand der Regierung von Oberbayern, ob es wirklich gelingt, bis dahin in den Räumen des ehemaligen Unteroffiziersheims die erforderlichen Betten für die etwa 200 Menschen aufzustellen.

Zuerst sollten die Möbel und Betten in der Kaserne schon am vergangenen Freitag aufgestellt werden, nun soll das am Montag geschehen. Da in diesen Tagen überall in Oberbayern neue Flüchtlingsquartiere angemietet und bezogen werden, ist es unmöglich zum aktuellen Ausbaustand einzelner Einrichtungen verlässliche Angaben zu erhalten. Die Beteiligten müssen improvisieren. So etwas geht nicht nach genau ausgetüftelten Zeitplänen. Auf jeden Fall hatte die Luftwaffe das frühere Casino mit drei jeweils rund 150 Quadratmeter großen Sälen am Donnerstag bereits bis auf den Keller komplett ausgeräumt. Und auch die Bäume, die der Abgrenzung der Flüchtlingsunterkunft von der weiterhin von der Bundeswehr genutzten Kaserne durch einen Zaun im Wege standen, sind bereits alle gefällt.

Die eigentlichen Probleme stecken ja häufig in den Details. Ein solches Detail, das den Bezug am 3. Oktober möglicherweise noch einmal verzögern könnte, ist die Abnahme des ersten, etwa 700 bis 800 Meter langen Trennzauns, mit dessen Bau am Montag begonnen werden soll. Der Zaun muss nach den Vorgaben des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), dem Nachrichtendienst der Bundeswehr, errichtet und nach Fertigstellung von dessen Mitarbeitern abgenommen werden. Erst nachdem der MAD zugestimmt hat, dürfen die Flüchtlinge kommen. Wie aus dem Fliegerhorst zu erfahren ist, hätten die ersten Asylbewerber eigentlich schon eintreffen sollen. Allein das zeigt, wie groß die Not inzwischen ist.

Auch die Unterzeichnung des Mietvertrages verzögerte sich. Schließlich will die Regierung neben dem ehemaligen Unteroffiziersheim noch die Gebäude der früheren Luftkriegsschule anmieten. Immerhin geht es hier um eine beheizbare Gebäudefläche von insgesamt 15 000 Quadratmetern. Im Vergleich dazu ist das Unteroffiziersheim ein Klacks, dessen ehemaliger Tanzsaal und zwei weitere größere Gaststättenräume haben gerade mal eine Fläche von rund 500 Quadratmetern. Kompliziert wird die Angelegenheit auch dadurch, dass nicht nur die Gebäude übernommen werden, sondern auch Einrichtungsgegenstände wie Spinde oder Küchenausstattung des ehemaligen Unteroffiziersheims. Ob dazu auch Bundeswehrbetten gehören, war nicht in Erfahrung zu bringen.

Offen ist auch, ob es langfristig bei den angekündigten bis zu 600 Asylbewerbern bleiben wird, die im Fürstenfeldbrucker Fliegerhorst registriert und nach spätestens drei Monaten auf Kommunen verteilt werden sollen. Die Bayernkaserne in München war ursprünglich von der Bundeswehrverwaltung für 350 Flüchtlinge vermietet worden. Inzwischen leben dort rund 2000 Menschen.

Nach Angaben des Landratsamtes ist seit Mitte September die Zahl der dem Landkreis zugewiesenen Flüchtlinge von 437 auf 454 angewachsen. Mit elf zusätzlichen Asylbewerbern fällt der größte Zuwachs auf die Gemeinde Mammendorf, in der inzwischen 79 Menschen aus Krisengebieten ein Zuhause gefunden haben. In der kommenden Woche rechnet die Ausländerbehörde mit voraussichtlich acht weiteren Flüchtlingen. Da sich die Zahlen fast täglich ändern, handelt es laut einer Pressesprecherin bei diesen Angaben nur um eine Momentaufnahme.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2149003
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.09.2014
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.