Fürstenfeldbruck:Mehr als nur Gwand

Wiesnzeit ist Trachtenzeit: Auf dem Oktoberfest sind oft Fantasie-Dirndl zu sehen, Modeexperten wollen aber einen Trend zu traditioneller Kleidung entdeckt haben. Um diese kümmern sich auch Vereine im Landkreis

Von Katharina Knaut, Fürstenfeldbruck

Mode und Tracht ist ein Widerspruch in sich. Mode ist zukunftsgerichtet und kurzweilig, Tracht langlebig und traditionell. Und doch: Glaubt man den Frauenmagazinen, ist beides untrennbar miteinander verbunden. Von "Trachtenmode" ist die Rede. "Was trägt man zum Oktoberfest?", ist die ultimative Frage zum ersten Wiesnwochenende. Und dabei spielt die Tradition dieses Jahr eine entscheidende Rolle: Es wird wieder traditioneller! Darin sind sich professionelle wie selbsternannte Modeexperten einig. Wadenlange Röcke und hochgeschlossene Blusen sind wieder in Mode.

Symbolfoto Tracht

Zur Wiesn werfen sich wieder viele in eine vermeintliche Tracht.

(Foto: Günther Reger)

Die eigentlichen traditionellen Dirndl und Lederhosen kann man aber nicht im Bierzelt, sondern am Sonntag beim Trachten- und Schützenumzug bewundern. Auch etliche Trachtenvereine aus Fürstenfeldbruck tragen dabei ihre schwingenden Röcke, bestickten Mieder und schmucken Hüte zur Schau.

Mehrere Trachtenvereine aus dem Landkreis sorgen sich darum, dass alte bayerische Tracht nicht in Vergessenheit gerät. Jeder Verein pflegt dabei seine individuelle Kleidung, die im Vereinsleben, aber auch zu etlichen Anlässen wie Kirchweih oder dem Aufstellen des Maibaums angelegt wird. Gelebte Tradition, die die Jugend aber oft nicht mehr erreicht. Kinder und Jugendliche sehen Tracht dann doch eher als Mode zu Volks- und Oktoberfest. So kämpfen einige Vereine mit Nachwuchsproblemen. Während Mammendorf, Maisach und Grafrath mit bis zu 30 jungen Mitgliedern noch verhältnismäßig starke Jugendgruppen stellen, sorgen sich vor allem die münchennahen Städte und Gemeinden um Nachwuchs. "Wir haben schon noch Kinder und Jugendliche, aber es ist schwer, die Gruppe auf den Beinen zu halten", erklärt Günter Lederer, Vorsitzender der D'Parsberger aus Germering.

Mammendorf: Trachtenverein D'Moasawinkler üben Schuhplatteln

D'Moasawinkler aus Mammendorf erhalten die Tracht.

(Foto: Johannes Simon)

Den Heimat- und Volkstrachtenverein Olching trifft es noch härter, er musste die Jugendgruppe ganz aufgeben. "Wir brauchen wieder neue junge Mitglieder, sonst hört unser Verein irgendwann ganz auf", sagt Jugendleiterin Anja Halm. Es sei schwieriger, weil München so nah sei, meint Jugendleiterin Marga Gschwandtner vom Trachtenverein D'Maisachtaler. In ländlicheren Gegenden hätten die Traditionen einen anderen Stellenwert, vermutet auch Ralf Hollenbach, Vorsitzender des Trachtenvereins Almfrieden in Gröbenzell. Das glaubt auch Tochter Daniela Hollenbach, die Jugendleiterin. "Dort wird es einfach eher gelebt. In die Städte und Gemeinden nahe München ziehen oft Leute von außerhalb, die mit den Traditionen nicht so vertraut sind." Auch Gröbenzell hatte vor einiger Zeit mit dem Nachwuchs zu kämpfen. Der Verein konnte aber wieder neue junge Mitglieder akquirieren. "Momentan haben wir rund 20 Kinder und Jugendliche", so Hollenbach. "Aber das war harte Arbeit."

Trachtenverein Maisachtaler

Erhalten werden die überlieferten Formen und Farben von den Trachtenvereinen im Landkreis, wie etwa den Maisachtalern

(Foto: privat)

Jetzt wollen die Vereine kreativ werden. Traditionsgemäß steht in den Trachtenvereinen vor allem der Erhalt der Volkstänze im Vordergrund. Diese bringen sie auch den Kindern und Jugendlichen bei. Welche das sind, ist wiederum vereinsabhängig. Während etliche sich auch der Tradition des Schuhplattelns widmen, konzentriert Germering sich auf die Volkstänze. "Geplattelt wurde zuerst nur im Gebirge. Erst als die Menschen auf der Suche nach Arbeit nach München kamen, kam auch das Platteln in die Region", so Lederer. Auch darin sieht er ein Problem hinsichtlich des Nachwuchses. "Wenn man die Tradition schon pflegt, dann vielleicht eher das Platteln." Aber das reiche nicht mehr aus. Viele lassen in den Gruppenstunden nicht mehr nur Volkstänze wieder aufleben. Vor allem für die Kleinen gibt es oft Spiele oder Basteleinheiten. Zu Weihnachten wird gesungen und zu Ostern werden Palmbuschwedel gebunden. Im Sommer fahren viele ins Zeltlager, teilweise zusammen mit Vereinen anderer Landkreise. "Da treffen sie Kinder und Jugendlichen außerhalb des Vereins. Sie sehen: Die machen das auch", meint Gschwandtner. Auf diese Weise werde die Freude weitergegeben.

Aus dem Gebirge in die Stadt

Trachten können sich je nach Region und Anlass deutlich unterschieden. Auch innerhalb des Landkreises hat jeder Trachtenverein besondere Merkmale. Die meisten orientieren sich an der Gebirgstracht. Diese wurde, entsprechend dem Namen, zunächst nur in den Bergen getragen. Erst um 1900, als die Gebirgsbewohner auf der Suche nach Arbeit nach München zogen, kam diese Art der Tracht nach Oberbayern. Dort gründeten sie die "Schuhplattlergesellschaften" und später die "Gebirgstrachtenerhaltungsvereine", die der Trachtenbewegung einen Aufschwung gaben. Charakteristisch für die Gebirgstracht sind die kurzen Lederhosen und die Mieder der Dirndl. In Fürstenfeldbruck orientiert man sich vor allem an der Miesbacher Gebirgstracht. In der Regel zeichnet sich diese durch eine kurze schwarze Lederhose mit grünen oder gelben Stickereien aus, die Joppe ist meist grau. Die Damen tragen ein schwarzes Mieder und einen bodenlangen Rock, der in Falten gelegt ist. Die Farbe unterscheidet sich dabei je nach Verein. An dieser Tracht, die je nach Region und Anlass variieren kann, orientieren sich unter anderem die Trachtenvereine in Maisach, Mammendorf, Grafrath und Gröbenzell.

Der Heimat und Volkstrachtenverein Olching sowie D'Parsberger aus Germering widmen sich dagegen jeweils einer Volkstracht, die getragen wurde, bevor die Gebirgstracht sich etablierte. Die Volkstracht zeichnet sich vor allem durch lange Lederhosen aus, die Dirndl haben in der Regel kein Mieder. Erforscht wird die Kleidung im Trachten-Informationszentrum des Bezirks Oberbayern in Benediktbeuern. Dort finden sich 4000 originale Kleidungsstücke, rund 20 000 Bilder und eine umfangreiche Bibliothek zur oberbayerischen Tracht (www.trachten-informationszentrum.de). katk

Um diesen Effekt zu nutzen und auch das Prestige zu stärken, gehen viele Trachtenvereine mittlerweile in die Schulen, um dort in einer Stunde Buben und Mädchen einen Eindruck von den Volkstänzen zu verschaffen. "Zuerst haben sich daraufhin nur ein paar gemeldet. Dann haben sie immer mehr Freunde mitgebracht. So ging es wieder bergauf", erzählt Daniela Hollenbach. Diese Strategie will nun auch Olching anwenden. Auf diese Weise hofft Halm, die Jugendgruppe wiederbeleben zu können.

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