Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Marsch in der Klosterkirche

Zwei Organisten zeigen eindrucksvoll, wie abwechslungsreich das Genre daherkommen kann

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Zwei Organisten brachten in der Pfingstmatinee in der voll besetzten Klosterkirche ihre Instrumente in Stellung für ein friedliches Duell: Roland Muhr spielte an der Fux-Orgel, sein "Rivale" Mario Duella aus Italien an der Chororgel. Das Programm beinhaltete ausschließlich Märsche aus der Barockzeit bis ins 20. Jahrhundert, wobei die älteren Kompositionen bis zum 18. Jahrhundert auf der Fux-Orgel und die neueren Werke auf der Marienorgel im Chorraum vorgetragen wurden. Allerdings handelte es sich dabei nicht um kämpferische Märsche im militärischen Sinn, sondern um solche Kompositionen, die für das feierliche Schreiten geeignet sind. An dem knappen Dutzend Märsche dieser Matinee wurde vielmehr auf frappierende Weise deutlich, wie vielfältig der Charakter von Werken sein kann, die mit den Kennzeichen eines Marsches wie gerader Takt, einfacher Rhythmus oder gleichmäßige Betonung der ersten Zählzeit eines Taktes musikalisch zusammengefasst werden können.

Am Anfang standen vier Märsche aus Oratorien von Georg Friedrich Händel, die Roland Muhr für die Fux-Orgel bearbeitet hat. Die beiden umschließenden Märsche aus "Hercules" und der Cäcilienode erfüllten alle Erwartungen an einen veritablen Festmarsch: Bei ausgewogener Klangbalance zwischen den Stimmen waren der straff punktierte Rhythmus und der fulminant schreitende Bass bei insgesamt reicher Registrierung dominierend. Fast graziös wirkte dagegen der oberstimmenbetonte Marsch aus "Judas Maccabäus", lieblich im Gestus und langsamer im Tempo vermittelte das entsprechende Stück aus "Saul" einen eher vorsichtig tastenden Charakter.

Während die meisten Märsche der Matinee im bekräftigenden Dur standen, begann der Marche antique de Turenne von Jean-Baptiste Lully in Moll, womit französische Eleganz einzog, die in ihrem Charme direkt an eine Ballettvorführung erinnerte. Ein besonderes Stück war der Marche des Marseillois et l'Air Ca-ira von Claude Balbastre, weil hier die Marseillaise als Thema die Grundlage für eine Reihe an Variationen bildete. Dabei waren oft entgegenlaufende, filigrane Tonleiterabschnitte in den beiden Händen zu vernehmen, aber auch Spielwerk in der Oberstimme und tiefe Geräuschklänge im Pedal.

In keiner Weise pompös war der Marche pour procession von Louis Lefébure-Wély aus dem 19. Jahrhundert auf der Marienorgel. Ausgehend von einem beständig wiederholten Motiv im Tenor entfaltete sich durch den klaren Ton in der Oberstimme im tänzerischen Mittelteil eine betörende Melodie. Seinem Titel als Marcia festiva wurde das Stück von Marco Enrico Bossi durch die kräftigen Akkorde und den hymnischen Ausdruck gerecht, wobei im etwas zurückgenommenen zweiten Teil eine schreitende Basslinie hörbar wurde, die man im Jazz als Walking Bass bezeichnen würde.

Wie die Ouvertüre zu einer Oper mutete der Marsch von Otto Olson an, der zugleich die visuelle Assoziation eines sich öffnenden Vorhangs auslöste. Diese Spielart wechselte sich ab mit einer einfühlsam vorgetragenen Melodie in näselnd-weicher Registrierung, die auch die Moll-Aura immer wieder streifte. Schlussstück der Matinee war das Processional von William Mathias, ein Werk des 20. Jahrhunderts. Hier bildeten Quint- und Quartklänge ein beständiges Fundament, über dem sich eine Melodie erhob, die die klare metrische Diktion des Marsches immer wieder augenzwinkernd durchbrach.

Das Publikum dankte den Organisten am Schluss mit reichem Beifall, der letztlich aber nicht nur ihrem Spiel, sondern auch der gelungenen Programmkonzeption galt.

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Quelle:
SZ vom 27.05.2015
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