Fürstenfeldbruck:Lücken in den Impfpässen

Masernimpfung für Erwachsene empfohlen

Nur knapp 90 Prozent der Kinder im Landkreis verfügen über einen vollständigen Schutz gegen Masern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Kinder im Landkreis erhalten heute deutlich mehr Impfungen als früher. Dennoch bleiben später notwendige Auffrischungen häufig aus - oft einfach aus Vergesslichkeit

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Dass manche schwere Infektionskrankheit nur durch eine Impfung verhindert werden kann, ist den meisten Menschen bewusst. Dennoch besitzen auch im Landkreis Fürstenfeldbruck längst nicht alle einen ausreichenden Impfschutz. Vor allem bei jungen Erwachsenen bestehen Lücken. In vielen Fällen fehlen Auffrischungsimpfungen, manchmal ist noch nicht einmal die Grundimmunisierung abgeschlossen. So besitzen neuesten Zahlen aus dem Fürstenfeldbrucker Gesundheitsamt zufolge nur knapp 90 Prozent der Kinder im Landkreis einen vollständigen Schutz gegen Masern.

Ein umfassendes System zur Erhebung von Impfdaten gibt es in Deutschland nicht. Bei der Schuleingangsuntersuchung wird auf Impflücken aufmerksam gemacht, bei den Sechstklässlern wiederholt das Gesundheitsamt im Landkreis den Blick in die Impfpässe. Diese vorzulegen, ist freiwillig. Die Bereitschaft dafür scheint allerdings zu wachsen, für die jüngste Untersuchung lagen dem Gesundheitsamt immerhin 82 Prozent der Impfpässe aller Sechstklässler vor. In den Jahren zuvor waren es deutlich weniger gewesen. "Das zeigt, dass die Bevölkerung den Sinn des Impfschutzes und der Überprüfung versteht", freut sich Gesundheitsamtsleiter Rudolf Summer.

Die Auswertung der Impfdaten für den Landkreis zeigt, dass die Impfquoten zwar steigen, dass aber noch Nachholbedarf besteht. Etwa bei den Masern: 95 Prozent der Kinder, die ihren Impfpass vorgelegt haben, wurden einmal gegen Masern geimpft, knapp 90 Prozent zweimal. Da die Masernimpfung üblicherweise als Kombinationsimpfstoff verabreicht wird, sind die Impfraten bei Mumps und Röteln ähnlich. Allerdings garantiert nur die zweimalige Impfung einen vollständigen Schutz gegen die Krankheit, bei der es sich keineswegs um eine harmlose Kinderkrankheit handelt. Komplikationen der Masern können Bronchitis, Mittelohr- und Lungenentzündung oder eine lebensbedrohliche Hirnentzündung mit der Spätfolge eines Gehirnzerfalls sein. Masernimpfungen erfolgten häufig zu spät, insbesondere die zweite Impfung werde vielfach nicht im empfohlenen Zeitintervall verabreicht, warnt auch das Bundesgesundheitsministerium. Mit einer Quote von unter 95 Prozent verfehlt Deutschland auch das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Masern gänzlich auszuschalten. Denn erst von einer Impfrate von 95 Prozent an wären über die sogenannte Herdenimmunität genügend Menschen gegen den Erreger immun, so dass dadurch auch jene geschützt wären, die etwa wegen Immundefekten oder weil sie als Säuglinge noch zu jung sind, nicht oder noch nicht geimpft werden können. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt deshalb seit 2010 eine einmalige Impfung gegen Masern für alle nach 1970 Geborenen, die in der Kindheit nicht oder nur einmal geimpft wurden.

Im Jahr 2013 hatte es im Landkreis mehrere Masernfälle gegeben, im vergangenen Jahr und im Verlauf dieses Jahres noch keinen. 2016 wurden bislang je ein Fall von Mumps und Röteln an das Gesundheitsamt gemeldet, im Vorjahr waren es vier Mumpserkrankungen und ein Fall von Röteln. Summer vermutet aber, dass die Dunkelziffer höher ist und sein Amt nicht Kenntnis von allen Fällen erlangt, "beispielsweise bei Geschwisterkindern", die oftmals zeitgleich erkrankten und dann gleich mitbehandelt würden.

Deutlich gesteigert wurden im Landkreis die Impfraten gegen Meningokokken (70 Prozent) - das sind Bakterien, die eine bakterielle Hirnhautentzündung oder eine Blutvergiftung auslösen können - und gegen die extrem leicht übertragbaren Windpocken-Viren. 27 Prozent der Schüler im Landkreis wurden einmal, 38 Prozent zweimal gegen Windpocken geimpft - das sind doppelt so viele wie noch zwei Jahre zuvor. Die Impfung wird erst seit 2004 in Deutschland empfohlen, deshalb gingen die Zahlen auch jetzt erst langsam hoch, erläutert Summer. Eine Grundimmunisierung gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) besitzen den Untersuchungen zufolge 96 Prozent der Schüler, gegen Diphtherie und Kinderlähmung 94 Prozent. Für Keuchhusten liegen die Zahlen etwas darunter. Fehlende Impfungen hätten aber nicht immer mit Impfgegnern zu tun, sagt Summer. Häufig fühlten sich die Menschen verunsichert oder würden die notwendigen Auffrischungen einfach vergessen.

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