Fürstenfeldbruck:Leben auf der Baustelle

Wasser in Deckenlampe und Lüftung, falsch konstruierte Dächer und Risse an der Zimmerdecke: Käufer von Reihenhäusern im Neubaugebiet Am Hochfeld ärgern sich über Mängel, Verzögerungen und den angeblich abweisenden Ton des Bauträgers. Der räumt Fehler ein und stellt Entschädigungen in Aussicht

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

"Raum zum Leben, Rückzugsoase, Freiraum für die persönliche Entfaltung, hochwertige Materialien" - mit all diesen Begriffen wirbt der Bauträger in seinem wunderbar bebilderten Prospekt für seine neue Wohnanlage Am Hochfeld, im Norden Fürstenfeldbrucks. Nils Burhenne wollte sich einen Lebenstraum erfüllen, verschuldete sich und zahlte viel Geld für eines der 18 hier neu gebauten Reihenhäuser und Doppelhaushälften im Neubaugebiet nahe der Polizei. Seit dem Einzug am 26. Februar entpuppte sich alles eher als Albtraum. Denn da war längst noch nicht alles fertig. Zuvor bereits hatte das Dach der Wohnanlage wegen Konstruktionsmängeln saniert werden müssen. Und aus dem Bad im Obergeschoss lief Wasser bis runter in eine Lampe im Erdgeschoss.

Es ist ein Leben auf der Baustelle. So wie ihm ergeht es mehreren anderen Käufern, einige davon haben sich bereits einen Rechtsanwalt genommen. Der Bauträger räumt einige der reklamierten Mängel ein, weist die Verantwortung teils aber Subunternehmern zu.

Wer den 29-Jährigen, seine Frau, 33, und die beiden drei Monate und drei Jahre alten Kinder besuchen will, läuft zunächst über Stock und Stein und Bauschutt, an offenen Rohren und unverkleideten Betonsockeln entlang. Innen dient eine Sackkarre als improvisierte Garderobe. Das ist kein Problem, ärgerlicher für den frisch gebackenen Immobilienbesitzer aber sind all die anderen Provisorien im neuen Eigenheim, die eigentlich gar keine Provisorien sein sollen - und auch die Reaktionen des Bauträgers, die von einem Nachbarn als "Unverschämtheit" bezeichnet werden.

Die Familie Burhenne wollte sich im vergangenen Jahr einen Traum erfüllen. Aus der engen Münchner Wohnung sollte es nach Fürstenfeldbruck in eines dieser schönen Reihenhäuser aus dem Prospekt der Firma "Kaufeigenheime"-Wohnungsbaugesellschaft gehen - in direkter Nachbarschaft zu dem architektonisch sehr interessant gestalteten sogenannten Schlangenhaus mit seinen 64 Eigentumswohnungen und dem Rewe-Markt. Zwischen Oktober und Dezember sollte Bezugstermin sein, allerspätestens aber musste das Haus Ende Februar schlüssel- und bezugsfertig übergeben werden. Anfang Oktober dann die erste Hiobsbotschaft: Da entdeckten Käufer, dass die Hinterlüftung des mit Schotter abgedeckten Pultdachs vergessen worden war. Das Dach musste wieder abgedeckt werden. Anschließend tauchten im Obergeschoss die ersten feinen Risse auf. Arbeiter überdeckten diese mit breiten "Zierleisten". Dann war da die Sache mit dem Bad: Der Estrich war irrtümlich bis unter die Badewanne gegossen worden. Mit Hammer und Meißel hätten Arbeiter diesen stellenweise dann wieder herausgehauen, berichtet Burhenne. Da kamen dann die Fliesen drüber. Fertig? Schwer zu sagen, man sah ja nichts mehr. Als im Erdgeschoss Wasser aus der Lampe tropfte, war klar, dass etwas nicht stimmt. Und als es erstmals stärker regnete, kam auch noch Wasser aus dem Lüfter im Erdgeschoss, weil auf dem Dach offenbar eine Abdeckung fehlte. Folge: Schimmel in einem Neubau. Die Burhennes reagierten fassungslos. Dass auch noch die Holzstufen der Treppe ausgesägt wurden, um an den Wandhalterungen vorbeizupassen, brachte das Fass zum Überlaufen: Pfusch sei das, schimpft Nils Burhenne. Und dafür haben sie 550 000 Euro bezahlt. "Ich verstehe ja, dass der Bauträger Gewinn machen will, aber das geht zu weit." Ähnliches Bild auch im Umfeld: Eine nur grundierte Brandschutztür, eine Tiefgarage, in der die Autos wegen der lange nicht funktionierenden Brandmeldeanlage erst vom 29. März an parken dürfen. Gar nicht gut zu sprechen ist Burhenne auf Kaufeigenheime-Chef Uwe Emontz, der die meisten Mängel abgestritten habe und unhöflich aufgetreten sei. So sieht das auch Burhennes Nachbar Mario Breitscheidel, 35, der ebenfalls mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern in eines der Reihenhäuser eingezogen ist. Lange Mängellisten hätten die Käufer eingereicht - und just an diesem Mittwoch zurückbekommen. Die Hälfte der reklamierten Mängel seien abgelehnt worden, bei einem Nachbarn seien von 42 Mängeln lediglich acht akzeptiert worden. "Jetzt habe auch ich mir einen Anwalt genommen", sagt Breitscheidel. Er spricht von unsauberer "Hobbyarbeit", von Putz, der von den Wänden fällt, von nicht eingehaltenen Absprachen und von Treppenstufen, deren Höhen um mehr als vier Zentimeter variieren. Vor allem eines ärgert Burhenne und Breitscheidel gewaltig: In einem Schreiben vom November, das der SZ vorliegt, war den Käufern eine vorgezogene Abnahme angeboten worden, um einen Einzug noch im Dezember zu ermöglichen. Wer daraufhin seine Mietwohnung kündigte, war dann der Gelackmeierte. Denn knapp einen Monat später kam die Botschaft, dass es so schnell mit dem Einzug doch nichts werde. Wer bereits die Wohnung gekündigt habe, so die beiden Immobilienbesitzer, der müsse nach drei Monaten auch ausziehen und sei praktisch gezwungen, das neue Haus zu beziehen, Mängel hin oder her. Einige der mindestens fünf Nachbarn, die ebenfalls über rechtliche Schritte nachdenken, wittern dahinter Kalkül.

Wohneigenheime-Chef Uwe Emontz tritt solchen Vorwürfen entgegen. Mit Blick auf das Dach räumt er freilich durchaus ein, dass es "während der Bauerstellung in der Tat zu gravierenden Mängeln gekommen" sei. Dadurch bedingte Risse beim Trockenbau seien aber ebenso "erfolgreich nachgebessert" worden wie die undichten Abläufe in einigen Bädern. Ursächlich für die Probleme mit der Tiefgarage waren offenbar Abstimmungsprobleme zwischen Siemens und Telekom. Abgesehen vom Planungsfehler des Dachs, der dem Architekten anzulasten ist, bewertet Emontz die anderen von den Käufern reklamierten Mängel aber als "leider im Bereich des ,Normalen', insbesondere dann, wenn unter extremem Zeitdruck gearbeitet wird". Gibt es dennoch eine finanzielle Entschädigung? Emontz deutet das an, legt sich aber nicht fest: "Soweit der einzelne Käufer Schäden (zum Beispiel Wasser im Haus) erlitten hat, werden diese ihm sicherlich ersetzt." Auch für verspätete Übergaben könne es eine Entschädigung "nach den Grundsätzen des deutschen Schadensrechts" geben. Nach den bisherigen Erfahrungen hegen einige der Käufer bislang Zweifel, ob zumindest solche Wünsche wirklich in Erfüllung gehen werden.

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