Flüchtlinge im Landkreis Fürstenfeldbruck:Landrat verteidigt Wortwahl

Don Bosco Altenheim

Das Don-Bosco-Heim in Germering ist eines von zwei wintertauglichen Notfallquartieren im Landkreis.

(Foto: Günther Reger)

Thomas Karmasin hält an der Bezeichnung von Kosovo-Flüchtlingen als "Winterurlauber" fest. Schon bald muss der Landkreis weitere Asylbewerber in Germering und womöglich in einer Olchinger Turnhalle unterbringen.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Landrat Thomas Karmasin (CSU) hat seine deftigen Worte, wonach die hierzulande zur Verfügung gestellten Plätze für Asylbewerber nicht "für Winterurlauber auf Kosten der Steuerzahler" gedacht seien, verteidigt, aber nicht zurückgenommen. Im Gegenteil: Er stünde zu seiner Wortwahl, sagte er am Donnerstagnachmittag in der Sitzung des Fürstenfeldbrucker Kreistags, nachdem ihn Kreispolitiker von SPD und Grünen wegen der Aussage, die sich gegen Flüchtlinge aus Kosovo richteten, angegriffen hatten. "Ich bin der Meinung, dass man hier die vollständige Wahrheit kommunizieren muss", betonte Karmasin.

Täglich würden allein in München bis zu 800 Kosovaren ankommen, die nicht zu jenen Flüchtlingen gehörten, die Chance auf Anerkennung hätten, und die nicht zu jenen gehörten, die existenzielle Bedrohung erlebten. Sie würden "Werbekampagnen von Schleuserbanden auf den Leim gehen", wieder ausreisen und dann wiederkommen. Man merkte Karmasin an, dass es ihm ernst war. Er fürchtet, dass der ungebremste Flüchtlingsansturm aus den Westbalkanstaaten die Aufnahmekapazitäten überfordern könnte. Die Regierung von Oberbayern bestätigte am Freitag, dass drei Viertel der Neuankömmlinge aus Kosovo seien.

Der Landkreis Fürstenfeldbruck muss im Rahmen des Winternotfallplans schon bald neue Flüchtlinge aufnehmen. Im Don-Bosco-Altenheim in Germering sind bereits 86 Flüchtlinge untergebracht, die restlichen 24 noch freien Plätze sollen nun bereit stehen. Mit wie vielen Flüchtlingen er wann rechnen müsse, wisse er aber nicht genau, sagte Karmasin am Freitag. Anschließend sind Karmasin zufolge erst andere Landkreise an der Reihe, ehe erneut Fürstenfeldbruck für die Aufnahme bereit stehen muss. Dann würden Turnhallen mit Flüchtlingen belegt, als erste die Dreifachhalle des Gymnasiums Olching. Der Notfallplan sieht hier 150 Plätze vor. Für nächste Woche rechnet Karmasin noch nicht damit.

In der Kreistagssitzung hatten sich Politiker von SPD und Grünen an Karmasins Ausdrucksweise gestoßen. Peter Falk (SPD) nutzte seine Haushaltsrede, um den Begriff der "Winterurlauber" als "unsäglich" zu brandmarken. Martin Runge (Grüne) hielt es für angebracht, während der Betrachtungen über die Kreisfinanzen dem Landrat "dumpfe, bösartige Polemik" vorzuhalten. "Wir ärgern uns über solche Sprüche", sagte Runge und erinnerte daran, dass man seinerzeit bei einem gemeinsamen Besuch in der Asylunterkunft in der Brucker Hasenheide Karmasins Vorgehen noch gelobt habe. Kathrin Sonnenholzner (SPD) rügte eine "Diktion, die bei Pegida kursiert" und warf dem Landrat vor, "niedere Instinkte zu wecken". Michael Schrodi (SPD) wähnte sich in "einer Debatte auf Stammtischniveau".

Karmasin verteidigte sich: "Ich glaube nicht, dass ich bei der Hilfe für Flüchtlinge durch eine grundsätzlich ablehnende Haltung aufgefallen bin." Doch das Wohlstandsgefälle in Europa sei nicht durch einen "falschen Gebrauch des Asylrechts" zu lösen. Die Kollegen von der CSU-Fraktion applaudierten laut. Darunter der Moorenweiser Bürgermeister Joseph Schäffler, der der SZ sagte: "Ich unterstütze das voll. Wir können uns nicht ausnutzen lasen. Wenn die Politik alles vertuscht, dann ist kein Vertrauen mehr da." Karmasin käme mit seiner Aussage "glaubhaft rüber".

Karmasin bot den Kreisräten an, ihnen bei Bedarf genaue Details über die Zuwanderer, ihre Chancen auf Anerkennung und die Kosten zu liefern. Dass Asylbewerber nur ein Taschengeld bekämen, wie SPD-Kreisrat Peter Falk angemerkt hatte, mochte Karmasin so nicht stehen lassen. Eine sechsköpfige Familie mit Kindern bis 15 Jahren erhalte in einer Erstaufnahme-Einrichtung monatlich 660,64 Euro und Vollverpflegung, nach Verlegung in eine dezentrale Unterkunft 1458,04 Euro plus einmal im Halbjahr einen Einkaufsgutschein über 859,98 Euro für Bekleidung. "Für den Steuerzahler", schreibt Karmasin, kämen noch die Kosten von Unterkunft, Verwaltung, medizinischer Versorgung und Sozialberatung hinzu.

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