„Wir müssen durch eigene Erfahrungen den kritischen Umgang mit KI erlernen, ähnlich wie vor einigen Jahren bei Suchmaschinen“, sagt Jennifer Petz. Die Designerin an der Mediadesign Hochschule München war eine von mehr als 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus verschiedenen Branchen, die sich beim Unternehmer-Infotreff der Wirtschaftsförderung mit den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz auseinandersetzten. Die zentrale Frage, gestellt von den Informations-Technik-Dienstleistern Anett und Reinhard Wehner aus Germering, lautete: „Wie integriert man KI in bestehende Prozesse?“
Die meisten Anwesenden gaben an, in ihren Unternehmen bisher keine KI zu nutzen; nur vereinzelt wird die Technologie bei Bedarf eingesetzt. Laut einer McKinsey-Studie sei KI besonders geeignet für Marketing, Vertrieb, Kundenservice sowie für IT- und Produktentwicklung. Die Wehners stellten anhand fiktiver Praxisbeispiele dar, wie KI in Unternehmensprozesse eingebunden werden kann: Mit Chat-GPT nahmen sie Datenanalysen vor und berechneten Kennzahlen, indem sie relevante Daten einspielten. Sie ließen zudem einen Branchenvergleich anfertigen, um die Ergebnisse im Kontext zu interpretieren.
Auf die Frage nach Datenschutz wies Reinhard Wehner darauf hin, dass die Daten in anonymisierter Form oft nicht rückverfolgbar seien, zumal Unternehmen ohnehin gesetzlich verpflichtet sind, ihre Bilanzen offenzulegen – ein Punkt, den ein Unternehmer aus der Medizintechnikbranche ansprach. „Dennoch rate ich davon ab, vertrauliche Informationen oder konkrete Unternehmensdaten in Chat-GPT einzugeben“, sagte Wehner. Wehner ergänzte, dass es verschiedene Möglichkeiten gebe, die Rückverfolgbarkeit weiter zu erschweren.
Anschließend präsentierten die Wehners eine eigens entwickelte KI-Lösung ihres Unternehmens. Der Unterschied zu Chat-GPT bestehe darin, dass die eigene Lösung nur mit Daten des jeweiligen Kunden gespeist wird und nur diese Informationen weitergibt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kundenservice können die KI für schriftliche Anfragen nutzen oder direkt auf der Kundenwebsite einsetzen, sodass sie in mehreren Sprachen Kundenanfragen beantworten kann – eine hilfreiche Option für international tätige Unternehmen. Auch E-Mails könnten durch die KI bearbeitet werden, was den Arbeitsalltag zusätzlich entlastet.

Ein weiteres Einsatzgebiet ist das Wissensmanagement: Hierbei wird dem Bot beispielsweise der Ausbildungskompass des Landratsamts bereitgestellt, sodass Reinhard Wehner auf Knopfdruck verschiedene Ausbildungsoptionen abrufen und vergleichen konnte. Auf die Frage nach möglichen Kapazitätsgrenzen erklärte der Informatiker, dass eine Einzelfallprüfung erforderlich sei, um festzustellen, welche Dokumente für die KI geeignet sind. Die Kosten hängen von der Datenmenge und der Abfragedauer ab. Neben Textdaten kann die KI auch Sprachdaten verarbeiten, die transkribiert werden, wodurch sogar Videoanalysen möglich sind; die Bilddatenanalyse steckt hingegen noch in den Anfängen. Bisher werde KI vor allem im Bereich Kommunikation eingesetzt, doch Wehner sieht auch Potenzial in der Fertigung und Produktion, etwa durch Produktionsroboter.

Meinung Künstliche Intelligenz:Deutschland spielt bei KI nur in der zweiten Liga – aber auch dort gibt es was zu gewinnen
Ein Unternehmer aus der Medizintechnikbranche zeigte Interesse daran, den Bot zur Verknüpfung von Datenbanken und für vereinfachte Abfragen zu nutzen. „Ich nutze KI, um auf dem Laufenden zu bleiben und meine persönliche Lernkurve zu fördern“, erklärte er. In der Technologie sieht er großes Potenzial zur Produktivitätssteigerung und Zeitersparnis. Auch Nico Scherer, Marketingleiter einer regionalen Werbemittelagentur, war anwesend und nutzte die Gelegenheit, sich über neue Möglichkeiten zu informieren. „Wir setzen KI seit Mitte 2022 in vielen Prozessen ein – von Übersetzungen über Social-Media-Beiträge bis hin zur Erstellung von Produktbildern und Grafiken“, erklärte Scherer. Geschäftsführer Michael Hagemann betonte die Bedeutung der jungen Generation im Unternehmen: „KI soll unsere Mitarbeitenden entlasten, damit sie mehr Zeit für die individuelle Kundenbetreuung haben.“
Auch Anett Wehner pflichtete bei: „KI soll den Menschen nicht ersetzen, aber die repetitiven Aufgaben, wie E-Mails oder Kennzahlen auszuwerten, die kann sie uns gerne abnehmen.“ Im Hinblick auf den Fachkräftemangel sei die Entlastung durch KI eine vielversprechende Lösung. Zudem entstünden neue Berufsbilder rund um KI-Anwendungen. Harald Hof von der Wirtschaftsförderung des Landkreises appellierte an die Unternehmer: „Gerade wir als Land der Dichter und Denker sollten diese Entwicklungen nicht verschlafen.“