Kultur:Kunst als Symbiose von Vergehen und Überdauern

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"Requiem" hat Gabriele Schröder ihre Installation genannt, die einem toten Fuchs, den sie auf einem Acker entdeckt hat, gewidmet ist. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In ihrer Jahresausstellung beschäftigt sich die Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck auf spannende und einladende Weise mit zwei großen Themen der Menschheit.

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Der Gedanke der Vergänglichkeit alles Seienden gehört fest zum Wertegerüst der christlichen Vorstellungswelt, manifestiert im Begriff "Vanitas". Und auch im antiken Rom findet sich das "Memento mori" als ständige Mahnung, sich der eigenen Sterblichkeit bewusst zu sein. Und so ist es kein Wunder, dass sich auch die Kunst seit Jahrtausenden immer wieder mit diesem Thema beschäftigt. An genau diese Tradition knüpft die Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck mit ihrer Jahresausstellung an, die an diesem Freitag, 1. April, im Haus 10 im Kloster Fürstenfeld eröffnet wird. Unter dem Titel "Von Flüchtigkeit und Dauer" zeigen knapp 30 Mitglieder der Künstlervereinigung ihren Zugang zu diesem sehr offenen und grundsätzlichen Thema.

So sperrig der Titel klingen mag, so zeitgemäß und spannend sind die Ansätze, mit denen sich die Künstlerinnen und Künstler diesem fundamentalen Gegensatzpaar "Dauer" und "Vergänglichkeit" nähern. Durch die Ausstellung zu gehen macht deshalb soviel Spaß, weil die Arbeiten dem Betrachter oft viel Spielraum für eigene Interpretationen lassen. Etwa die beiden Arbeiten von Jeanne Dees mit dem Titel "Inner power, outer Chaos". Zwei moderne, abstrakte Arbeiten mit jeweils einer großen Farbfläche, einmal orange, einmal blau, im Zentrum, die von einem chaotischen Strom von Farben und Linien umgeben sind. Die Flächen, so lässt es sich interpretieren, stehen dabei für das "Selbst", das einem immerwährenden Strom von Einflüssen und Eindrücken ausgesetzt ist. Manches berührt dieses Selbst, das meiste aber rast irgendwo an einem vorbei.

Die Amper als perfektes Symbol für etwas, das zugleich dauerhaft und doch vergehend ist, hat Christiane Neuberger gemalt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Genauso finden sich in der Ausstellung aber auch Werke, die klassische Motive der Kunstgeschichte aufgreifen. So ist spätestens seit dem Barock die brennende oder abgebrannte Kerze neben dem Totenschädel eines der wichtigsten Symbole der Vergänglichkeit. In diese Tradition reiht sich Hilde Seyboth mit einer großen Kerze im Eingangsbereich der Ausstellung ein. "Wie lange dauert die Ewigkeit" heißt die Arbeit, der Satz findet sich vielfach in schwarzer Schrift auf dem weißen Wachs wieder. So massiv ist die Kerze, dass man meinen könnte, sie werde ewig brennen. Dem selben Symbol bedient sich Peter Neuberger. Zwei abstrahierte Köpfe hat er gestaltet. Einen aus Wachs, der langsam niederbrennt. Sein Pendant dagegen ist massiv, wird den ersten Kopf sicher überdauern.

Mit dem Porträt ihrer Tante geht Hanna Strahl der Frage nach der Vergänglichkeit von Selbstbestimmung nach. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Doch es sind nicht nur metaphysische Ideen, denen die Künstlerinnen und Künstler eine Form geben. So porträtiert Hanna Strahl in zwei großformatigen Gemälden ihre Tante, die ohne es wirklich zu wollen, eines Tages in Heim musste. Es sind einfühlsame Arbeiten, die sich nicht nur mit der Vergänglichkeit des menschlichen Körpers beschäftigen, sondern die auch die Frage aufwerfen, was mit einem Menschen passiert, wenn er nicht mehr selbstbestimmt über sein Leben entscheiden kann. Einen ironisch-kritischen Blick auf die Diskrepanz zwischen der Selbstüberhöhung der Menschheit und ihrer wahren Rolle in der Geschichte des Planeten wirft Friedo Niepmann mit seinem hölzernen Setzkasten voller Krähenvögel. Es ist wohl nicht übertrieben, zu behaupten, dass sich der Mensch für wesentlich wichtiger hält als den Vogel. Und doch sind sie es, die quasi direkt Nachkommen der Dinosaurier sind und damit wesentlich älter als die Menschen - und wer weiß, wie lange sie ihn überleben werden. So einfach lässt sich die Flüchtigkeit des Menschen also darstellen.

Und noch etwas, macht die Ausstellung deutlich. Dass nämlich die Kunst das ideale Medium ist, um die beiden namensgebenden Begriffe zu verbinden. Gute Kunst ist der Moment, in dem etwas Vergängliches - ein Moment, eine Szene, ein Gedanke - in etwas Dauerhaftes überführt wird.

"Von Flüchtigkeit und Dauer", Jahresausstellung der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck. Eröffnung an diesem Freitag, 1. April, von 19.30 Uhr an im Haus 10, Kloster Fürstenfeld. Danach zu sehen bis zum 18. April jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr

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