Fürstenfeldbruck:Küchenabfälle für die Energiewende

Fürstenfeldbruck: Sie könnte in Zukunft auch im Landkreis Pflicht werden: eine Biotonne.

Sie könnte in Zukunft auch im Landkreis Pflicht werden: eine Biotonne.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Der Verein Ziel 21 möchte über eine Biotonne mehr Biomüll erfassen und eine eigene Vergärungsanlage dafür bauen lassen. Landrat Karmasin will das nicht. Er sagt, dann würden die Müllgebühren steigen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Wie soll der Landkreis die Energiewende gestalten? Unter anderem mit einer eigenen Biomüllvergärungsanlage, in der aus Bioabfällen Strom wird, sagt zum Beispiel der Verein Zentrum Innovative Energien (Ziel 21). Eine landkreiseigene Biomüllverwertung zu prüfen, haben jetzt auch die Kreisräte von Unabhängigen Bürgervereinigungen, FDP und ÖDP beantragt. Landrat Thomas Karmasin (CSU) hält von der Idee jedoch nichts: "Das ist ein extrem teurer Rückschritt", sagte er auf einer Pressekonferenz, die er eigens zu diesem Thema anberaumt hatte: "Unser System würde sich damit verschlechtern." Zudem müssten die Müllgebühren um 18,5 Prozent steigen.

Die Biomüllerfassung

Der Werkausschuss des Kreistags wird sich der Sache am 11. Juni annehmen. Zuvor wollte Karmasin nicht nur den Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises (AWB) die Details eruieren lassen, sondern das Ergebnis und seine persönliche politische Sicht dazu auch gleich in die Öffentlichkeit bringen. Eine anderes System der Erfassung und Verwertung von Bioabfällen würde für die Gebührenzahler nicht nur deutlich teurer werden, sondern auch keine Verbesserung gegenüber dem jetzigen System darstellen, meint Karmasin. Zwar darf Biomüll laut einer neuen gesetzlichen Vorgabe seit Jahresbeginn nicht mehr als Restmüll verbrannt werden. Im Landkreis Fürstenfeldbruck aber werden Nahrungs- und Küchenabfälle schon seit 1992 getrennt in kleinen Säcken aus Papier oder Maisstärke gesammelt und wöchentlich abgeholt. Ausnahmen gibt es für Haushalte, die ihren Biomüll im eigenen Garten kompostieren und deshalb auch weniger Müllgebühren zahlen.

"An dem System würde ich ungern etwas ändern, das funktioniert sehr gut", sagt auch Dieter Rubenbauer (CSU), der Referent für Abfallwirtschaft im Kreistag. Die knapp 5000 Gewichtstonnen Bioabfälle aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck werden derzeit bei der Högl Kompost- und Recycling GmbH in Volkenschwand im Landkreis Kehlheim in einer Nassvergärungsanlage zu Biogas vergoren. Das Biogas wiederum wird in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme umgewandelt. Mit einem Teil des Stroms wird die Biogasanlage betrieben, der Großteil - etwa 75 Prozent - wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Der flüssige Gärrest wird in der Landwirtschaft als biologischer Dünger genutzt, der feste Gärrest wird kompostiert.

Gartenabfälle werden im Landkreis schon seit 1987 getrennt entsorgt. Jährlich geben die Bürger etwa 15 000 Tonnen davon an den großen Wertstoffhöfen oder den 16 speziellen Gartenabfallsammelstellen ab. Die Verwertung der Gartenabfälle übernimmt die Firma Dilu im Mammendorfer Ortsteil Egg. Der dort entstehende Kompost wird zu drei Vierteln von Landwirten in der Region als Ersatz für mineralischen Dünger genutzt und zu einem Viertel von Gartenbaubetrieben, Kleingärten, Bürgern und Kommunen.

Was Ziel 21 möchte

Durch die Eigen- und Grüngutkompostierung würden viele organische Abfälle nicht energetisch genutzt, kritisiert indes der Verein Ziel 21. "Biomasse kompostieren bedeutet Energieverschwendung", heißt es in einem Infobrief an Landrat Karmasin und die Mitglieder des Kreistags. Ziel 21 fordert deshalb, Bioabfälle künftig flächendeckend über eine neu einzuführende braune Biotonne zu sammeln und sie in einer landkreiseigenen Biogasanlage zu Biomethan aufzubereiten und dann ins Erdgasnetz einzuspeisen. "Die Energie wird so wesentlich effizienter genutzt als bei der reinen Verstromung in einem Blockheizkraftwerk", heißt es in einer Pressemitteilung, die der Verein nach einer Besichtigungsfahrt zur Biomüllvergärungsanlage Augsburg verschickt hatte. Die Einspeisung ins Gasnetz stelle sicher, dass das Biogas als erneuerbare Energie gespeichert und vor Ort zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden könne. Bei einer Anlage mit einer Kapazität von 40 000 Tonnen Biomasse könnte nach Berechnungen von Ziel 21 jährlich Heizwärme für 20 000 Einwohner produziert werden.

Was der Landkreis möchte

Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises beziffert die Investitionskosten für den Bau einer eigenen Vergärungsanlage auf 13 bis 22 Millionen Euro. Ein wirtschaftlicher Betrieb einer solchen Anlage ist laut AWB erst ab einem Volumen von 30 000 Tonnen zu erwarten. Eine dafür notwendige deutliche Steigerung der Biomüllerfassung hält man beim AWB jedoch nicht für realisierbar. Da die Anlage in Augsburg ihre Kapazität von 55 000 auf demnächst 80 000 Tonnen ausweiten will, würde wohl "ein Verteilungskampf um Biomüll los gehen", mutmaßt AWB-Leiter Herbert Britzelmair. Der Vorteil des Landkreissystems sei, dass durch die separate Erfassung von Nahrungsabfällen und Grüngut bereits sortenrein getrennt würde. Mit der Folge, dass aus dem überwiegend aus Küchenabfällen bestehenden Biomüll um bis zu 100 Prozent mehr Gas erzeugt werden könne als mit Bioabfällen, die viele Gartenabfälle enthalten. Damit erfülle das Verwertungskonzept des Landkreises hohe ökologische Standards. Laut Britzelmair würden sich bei einer Umstellung auf ein System mit Biotonne und anschließender Vergärung in einer eigenen Anlage jährliche Mehrkosten von 2,5 Millionen Euro ergeben. Damit müssten die Müllgebühren um 18,5 Prozent steigen. Auch würde eine Systemumstellung "einen Teil der Müllbürger schikanieren", sagt Karmasin, weil es ihm "das ordentliche Kompostieren nimmt".

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