Süddeutsche Zeitung

Corona-Pandemie:Aufnahmestopp auf der Intensivstation

Die neun verfügbaren Plätze in der Kreisklinik sind belegt. Fast die Hälfte mit Covid-Patienten

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Die Kreisklinik Fürstenfeldbruck kann aktuell keine weiteren Patienten auf der Intensivstation annehmen. Grund dafür ist einerseits die steigende Zahl an Covid-Erkrankungen, anderseits sind es Krankheitsfälle beim Pflegepersonal. "Wir sind quasi immer ausgelastet und müssen uns regelmäßig von der Versorgung abmelden, weil die belegbaren Betten voll sind. Im Moment können wir auch nicht aufstocken", sagt der Leitende Oberarzt und Intensivmediziner Hermann Schubert. Er betont aber auch, dass die Lage in Fürstenfeldbruck nicht anders als in vielen Krankenhäusern im Umkreis sei.

Um die Intensivkapazitäten ideal nutzen zu können, sind die Kliniken in einem Rettungsverband zusammengeschlossen. Dort wird gemeldet, welche Klinik noch aufnimmt und welche nicht. Die Rettungsleitstelle hat diese Informationen auch und weiß, wohin die Patienten gebracht werden können.

"Bisher funktioniert das System noch, wenn es knapp wird, wird noch ein Bett frei gemacht, damit alle Leute versorgt werden können", so Schubert. Aktuell hält die Kreisklinik in Fürstenfeldbruck neun Intensivbetten bereit. Die Zahl variiert je nach Bedarf und Kapazitäten. In den vergangen Wochen seien davon konstant drei bis vier mit Covid-Patienten, deren Versorgung zudem besonders lange dauert, belegt gewesen. Wer auf der Intensivstation landet, muss aber nicht immer beamtet werden. Es könne sich auch um Patienten handeln, deren Zustand so schlecht sei, das die Notwendigkeit einer Beatmung jederzeit drohe oder dass eine Beatmung gerade beendet werden konnte. Am Dienstag waren zwei Covid-Intensivpatienten auf eine Beatmung angewiesen, insgesamt werden derzeit 15 Covid-Patienten in der Kreisklinik behandelt.

Dass die Klinik nur neun Intensivbetten bereitstellen kann, liegt auch am saisonbedingten Krankenstand des Personals. "Es ist wie jedes Jahr im Herbst und Winter, dass mehr Personal krank wird. Da gibt es also schon immer Engpässe, aber durch die Pandemie ist es noch einmal problematischer. Zum Glück ist man da jetzt auch sensibler. Wenn jemand Erkältungssymptome hat, lässt man ihn eher mal zu Hause, weil es ja auch Covid sein könnte", sagt Schubert. Operationen hätten bisher noch nicht verschoben werden müssen, auch wenn die Behandlungskapazitäten im gesamten Haus begrenzt seien.

Mit Blick auf die Nachbarlandkreise sagt der Oberarzt, er habe den Eindruck, dass Fürstenfeldbruck in den vergangenen Wochen mit die höchste Aufnahmebereitschaft gehabt habe. "Wenn es woanders eng wird, wird auch mal jemand zu uns gefahren, wenn hier Platz ist", erklärt Schubert. Momentan ist es ein Patient aus einem anderen Landkreis. Schubert fürchtet allerdings, dass die Situation in den kommenden Wochen nicht besser werde. "Wir machen das jetzt knappe zwei Jahre, wenn die Inzidenzen steigen, dauert es zwei Wochen, bis uns diese Welle auf der Intensivstation erreicht. Warum sollte es diesmal anders sein? Wir haben heute 15 Covid-Patienten, das ist die Folge der Infektionen vor zwei Wochen. Damals waren wir bei einer Inzidenz von 80. Heute sind wir bei knapp 150. Wie wird es also in zwei Wochen sein?"

Sollten die Kapazitäten dann nicht mehr ausreichen, werde der Krisenstab der Klinik, der sich mindestens einmal pro Woche trifft, entscheiden, wie man reagieren solle. "Wir haben jetzt ja schon ein paar Wellen erlebt. Dann wird der Betrieb in anderen Bereichen heruntergefahren werden müssen, damit wir da aufstocken können, wo wir Kapazitäten für die Covid-Patienten brauchen. Wir versuchen einfach, angemessen und flexibel zu reagieren. Bisher hat das ganz gut geklappt", so Schubert.

Dennoch sei das Personal mittlerweile spürbar erschöpft, auch weil die Versorgung der Covid-Patienten besonders aufwendig sei. "Und dann hängt es von der eigenen Gelassenheit ab, wie man es erträgt, dass quasi alle schweren Verläufe ungeimpft sind." Denn bis auf zwei Ausnahmen, erläutert der Mediziner, seien in den vergangenen drei Monaten auf der Intensivstation nur ungeimpfte Covid-Patienten gewesen, auch Menschen unter 30 Jahren, wie der Arzt betont.

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SZ vom 03.11.2021
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