Übungsgebäude für die Polizei:Konflikte im Minutentakt

Bruck: Eröffnung Zentrum für Polizeiliches Einsatzverhalten (PE)

Michael Maresch (links) erklärt die Übungsausrüstung (Mitte: FH-Präsident Hermann Vogelgsang, rechts: Polizeipräsident Walter Kimmelzwinger

(Foto: Johannes Simon)

In einer Fürstenfeldbrucker Villa trainieren Polizisten künftig für Einsätze im häuslichen Bereich

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Im polizeilichen Alltag sieht es anders aus als im Krimi. Doch auch wenn deutlich weniger geschossen wird und Verfolgungsjagden die Ausnahme sind, so werden die Beamten doch regelmäßig mit Krisensituationen konfrontiert, die schnelles Eingreifen erfordern: eine Ruhestörung, häusliche Gewalt oder auch die Vollstreckung eines Haftbefehls. Eine alte Villa an der Dachauer Straße steht nun für das Einsatztraining zur Verfügung. Hermann Vogelgsang, Präsident der Fachhochschule (FH) für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern und auch zuständig für den in Fürstenfeld ansässigen Fachbereich Polizei, sowie Walter Kimmelzwinger, Chef des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, stellten am Freitag das neue "Zentrum für Polizeiliches Einsatzverhalten" vor. Seit das staatliche Forstamt vor zwei Jahren ins Grüne Zentrum nach Puch gezogen ist, stand die 1923 von Geheimrat Alexander Kreuther erbaute Villa leer. Jürgen Roese, Verwaltungsleiter der FH, beziffert den Wert von Grundstück und Gebäude auf 1,8 Millionen Euro, die Kosten für Erwerb und Unterhalt teilen sich FH und Polizeipräsidium. Für 11 000 Euro wurde das Gebäude für den Trainingsbetrieb umgerüstet. In fünf Räumen sowie im Treppenhaus können Beamte der verschiedenen Polizeidienststellen rund um Fürstenfeldbruck sowie Studenten der im Kloster ansässigen FH nun unter realen Bedingungen im Zuge der praxisorientierten Ausbildung trainieren - täglich bis etwa 18 Uhr insgesamt um die 30 Personen. Spezialkommandos der Polizei werden in Fürstenfeldbruck nicht üben. Weil aber "bereits eine Autokontrolle fatal enden kann", so Vogelgsang, ist es auch für Beamte im Streifendienst wichtig, vorbereitet zu sein. Beim Rollentraining treffen dabei - unter den Blicken von Schiedsrichtern - die Beamten auf Kontrahenten, die von Kollegen gemimt werden. Ziel ist es, solche Situationen möglichst ohne den Einsatz von Waffen zu meistern: mit klarer Ansprache und ohne Aggression. "Um das Risiko für die Beamten und für ihr Gegenüber zu minimieren, ist auch psychologisch vernünftiges Handeln gefragt", sagt Kimmelzwinger. Bei Volltrunkenen oder gewaltbereiten Menschen freilich kommen Deeskalationsstrategien auch mal an ihre Grenzen. Dann müssen die Einsatzkräfte mit Pfefferspray, Schlagstock oder als Ultima Ratio auch mit der Dienstwaffe umgehen können. Bei den Übungen in der Villa tragen die Frauen und Männer Schutzwesten und Helme. Denn auch wenn die Beamten nicht im Einsatz sind, wird durchaus geschossen - allerdings lediglich mit wenig durchschlagskräftiger Übungsmunition, die auf Kleidung oder an der Wand abwaschbare Farbpunkte hinterlässt. Außerhalb des dann geschlossenen Hauses sei das nicht zu hören, sagt Michael Maresch, Erster Polizeihauptkommissar, Fachlehrer für Einsatzlehre und Trainer. Wohl auch deshalb gab es nach Worten Vogelgsangs bei den Nachbarn keine Einwände gegen die neue Einrichtung.

Als "Glücksfall" bezeichnet der Chef der Brucker FH das nun zur Verfügung stehende Gebäude. Bislang hatten Studenten unter eher suboptimalen Bedingungen in Räumen oder Speichern des früheren Klostergebäudes geübt. In der Villa gibt es nicht nur Umkleideräume, sondern auch einen Erste-Hilfe-Raum, in dem kleinere Blessuren behandelt werden können, die trotz Schutzkleidung bei einer Festnahmeübung im Treppenhaus oder beim Eintreten der speziell präparierten Tür im ersten Stock schon mal vorkommen können. Im Erdgeschoss gibt es zudem einen Raum, in dem aufgenommene Videos von den Teilnehmern ausgewertet werden.

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