Während das Thema Klima im Bundestagswahlkampf 2021 noch eine entscheidende Rolle spielte, scheint es bei dieser vorgezogenen Wahl in den Hintergrund gerückt. In vielen Fernsehdebatten kommt es nicht einmal mehr vor oder nur in kurzen Nebensätzen. Doch die Klimakrise ist kein fernes Thema. „Es geht nicht mehr nur um die Eisbären, sondern um das blanke Überleben“, sagt Leonard Burtscher vom Umweltinstitut München bei seinem Vortrag in der Volkshochschule in Fürstenfeldbruck.
Dass das Klima in diesem Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle spielt, liege laut Burtscher an verschiedenen Ursachen. Vor allem aber an der aktuellen Unbeliebtheit des Klimathemas. Stichworte wie Heizen und Wärmepumpe seien für viele Reizthemen geworden, die mit hohen Kosten und Unsicherheiten verbunden würden. Aber auch die mächtige Fossil-Lobby sei bei der Verschiebung des Diskurses nicht zu unterschätzen.
Wo stehen die Parteien?
Das Umweltinstitut München hat die Wahlprogramme analysiert und zeigt, welchen Kurs welche Partei verfolgt. Leonard Burtscher präsentiert eine Ampel-ähnliche Aufteilung: Grüne, Linke und SPD befinden sich hierbei im grünen Bereich. Klimaanpassungen, also beispielsweise die Anpassung von Gebäuden an Extremwetterbedingungen, oder Hochwasserschutzanlagen wollen sie laut Umweltinstitut als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Außerdem präsentierten sie eine gerechte Klimafinanzierung. CDU und CSU befinden sich in diesem Schaubild im gelben Bereich: Laut Umweltinstitut fordern sie, staatliche Ausgaben für Klimafolgen zu kürzen.
FDP und BSW befinden sich im orangefarbenen Segment: Das Thema Klimafolgen sei kaum im Programm zu finden. Bei der FDP sieht das Umweltinstitut zudem eine absehbare Finanzierungslücke, während das BSW auch Klimaschutzmaßnahmen streichen wolle. Im roten Bereich befindet sich einzig und allein die AfD, die den menschengemachten Klimawandel leugne und keinen Schutz vor Klimafolgen vorsehe, so das Umweltinstitut.
„Wir sind oft weiter, als wir denken“
Aktuell steuere die Welt auf eine Erwärmung von 2,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu, so Burtscher. Eine Erderwärmung von mehr als zwei Grad führe zu einem anderen Zustand der Atmosphäre und zu irreversiblen Veränderungen der Ökosysteme. Und trotzdem sei noch nicht alles verloren – die internationale Klimapolitik funktioniere. Die meisten Menschen seien bereits alarmiert und besorgt über den Klimawandel – auch wenn die Stimmen der Leugner meist am lautesten sind. „Wir sind oft weiter, als wir denken“, sagt Burtscher deshalb.
Vor allem bei der Energiewende sei schon viel passiert. Jedes Mal, wenn ein Solarmodul installiert werde, sinke der Preis pro Watt für ein Solarmodul. Strom aus erneuerbaren Energien werde billiger, je mehr es davon gebe, was bei Kohle und Atomenergie nicht der Fall sei. Auch wenn seit dem Angriffskrieg in der Ukraine eine „fossile Renaissance“ zu beobachten sei, sei das Beharren auf Kohle, Öl und Gas ein Irrweg, so Burtscher. Auch Stimmen, die ein Comeback der Atomkraft fordern, hält er für nicht zukunftsweisend: „Die enormen Risiken werden dabei ausgeblendet und das Potenzial überschätzt“, liest man im Flyer des Münchner Umweltinstituts.
Solar und Wind nennt er die günstigsten Stromerzeugungsoptionen. Man müsse kein Grüner sein, um dafür zu sein, so Burtscher, man müsse nur rechnen können. Saubere Luft, breite Radwege, grüne Städte, inklusive Mobilität und nachhaltige Energie: „Warum brauchen wir überhaupt die Klimakrise, um das zu wollen?“, fragt er. Die Klimakrise sei zwar eine Herausforderung, aber auch die Chance, eine bessere Welt zu schaffen.