Fürstenfeldbruck:Klimapilgern für eine gerechte Welt

PK Klimapilgern

Werben fürs Klimapilgern (von links): Walter Ulbrich, Michaela Bock, Marianne Schneider-Ortmann, Elisabeth Tocha-Ring und Georg Meyer.

(Foto: Günther Reger)

Das Nord-Süd-Forum und Agenda 21 laden zu einer Wanderung mit Denkanstößen ein. An Orten, die entweder den Klimawandel bremsen oder fördern, soll über die Zukunft nachgedacht und diskutiert werden

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Die klassische Abendveranstaltung mit Vortrag ist tot. Sie sei nicht sehr nachhaltig und bewege die Leute nicht mehr. Diese Ansicht vertritt der Puchheimer Walter Ulbrich, der sich bei Campo Limpo und im Nord-Süd-Forum engagiert. Wer Öffentlichkeit herstellen und Menschen informieren will, müsse also neue Wege ausprobieren. Wege, bei denen auf eine andere Art, in Verbindung mit einem "Event", wie Ulbrich sagt, Bildungsarbeit geleistet wird. Ein solcher Weg ist für den Puchheimer und seine Mitstreiter das gemeinsame "Klimapilgern", zu dem Agenda 21 und Nord-Süd-Forum gemeinsam mit mehreren Dritte-Welt-Gruppen am Samstag, 17. Oktober, auf zwei jeweils 19 Kilometer langen Strecken aufrufen, von denen eine durch den östlichen und die anderen durch den westlichen Teil des Landkreises führt.

"Geht doch!" So lautet das Motto des ökumenischen Pilgerns für Klimagerechtigkeit. Zu pilgern bezeichnet Ulbrich als "spirituelle Angelegenheit", die mehr bringe, "als abends an einem Tisch herumzusitzen und zu diskutieren". Wer pilgert kommt schließlich mit anderen Pilgern ins Gespräch. Und wer gemächlich durch die Flur läuft, hat bei einem infolge der Bewegung gut durchbluteten Gehirn ideale Voraussetzungen und viel Zeit zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, welche Folgen der Klimawandel hat und was jeder selbst dazu beitragen kann, diesen abzuwenden. Zu den Folgen des Klimawandels zählt der Umweltreferent des Kreistags Max Keil (UBV) beispielsweise den extrem warmen Sommer dieses Jahres. Er sei aber auch eine der Ursache für das weltweite Anwachsen der Flüchtlingszahlen.

Damit ein solcher Denkprozess zum Klimawandel und Gespräche unter den Teilnehmern angeregt werden, legen die Klimapilgerer unterwegs an mehreren Stationen Stopps ein. Vorgestellt werden dann Einrichtungen wie das Windrad in Mammendorf, das für einen positiven Beitrag für mehr Klimagerechtigkeit steht. Station gemacht wird aber auch an Einrichtungen, die, wie der Sonderlandeplatz für Flugzeuge in Jesenwang, für einen hohen Energieverbrauch stehen und damit als wenig nachhaltig und wenig zukunftsfähig gelten.

Die Ostroute startet um 9 Uhr am Puchheimer S-Bahnhof beim Mahnmal "Nord-Süd-Durchblick" und führt über das Gebrauchtwarenzentrum in Puchheim-Ort, über die Kirche in Holzkirchen und den Engelsberger Hofladen zum Klosterstüberl in Fürstenfeld. Da das Pilgern eine lange christliche Tradition hat, unterstützen die katholische und evangelische Kirche die Aktion unter dem Dach der Ökumene im Landkreis. Als Sponsoren konnten Firmen und Vereine gewonnen werden.

Das Klimapilgern auf der Westroute durch den ländlichen Teil des Landkreises beginnt ebenfalls um 9 Uhr. Die Teilnehmer treffen sich an der Bushaltestelle Aicher Straße in Mammendorf. Die Wanderung führt über die Biogas- und Fotovoltaikanlage in Egg, den Kreislehrgarten in Adelshofen und die Willibaldskirche bei Jesenwang zur Bauschuttdeponie in Jesenwang. Von dort aus geht es über Landsberied und Schöngeising zur Kirche Sankt Bernhard im Westen von Fürstenfeldbruck.

In Sankt Bernhard beginnt um 19.30 Uhr im Pfarrsaal die Abschlussveranstaltung. Es tritt eine aus obdachlosen Jugendlichen hervorgegangene südafrikanische Tanz- und Theatergruppe auf. In der Inszenierung "Inheritance - das Erbe" thematisieren die afrikanischen Jugendlichen die Folgen des Klimawandels in ihrer Heimat und sie stellen Ideen vor, wie in Afrika Klimagerechtigkeit zu schaffen ist. Eintritt: fünf Euro. Dazu bietet Georg Meyer, Inhaber von "africanheart" in Puchheim, afrikanische Gerichte an.

Mit dem Ökopilgern verbinden die Organisatoren einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen in Afrika. Die Spenden der Sponsoren und Teilnehmer dienen deshalb der Finanzierung der Solarstromanlage einer einfachen Klinik in Ghana. Dort will der Fürstenfeldbrucker Verein "Aktiv für Afrika" im dorf Aboasa mit dem Bau einer Fotovoltaikanlage bis Ende des Jahres 2016 einen Beitrag zur Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung von rund 10 000 Menschen leisten. Laut Marianne Schneider-Ortmann fällt in Aboasa täglich der Strom zwölf Stunden aus. Das erschwere Operationen wie etwa Geburten. Auch lebenswichtige Medikamente würden regelmäßig verderben, weil sie nicht mehr gekühlt werden können. Die Anlage gilt als nachhaltige Hilfe, weil eine Firma aus Ghana die Teile liefert und Dorfbewohner bei den Bauarbeiten mithelfen und später die Instandhaltung übernehmen. Bei Bedarf können Ersatzteile im eigenen Land erworben werden.

Das Klimapilgern ist keine Brucker Erfindung. Die Initiatoren orientieren sich am ökumenischen Pilgerweg, der im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Paris von Flensburg über Trier in die Landeshauptstadt von Frankreich führt. Dort soll als Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll ein neues Abkommen mit verbindlichen Klimazielen für alle 194 Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention vereinbart werden.

Eine Anmeldung zu Klimapilgern ist nicht erforderlich. Weitere Informationen im Agenda-21-Büro im Landratsamts unter der Nummer 08141/51 93 36 oder auf der Agenda-21-Webseite unter www.agenda21-ffb.de.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: