Fürstenfeldbruck:Kirchliche Kitas bleiben verschont

Einrichtungen müssen sich nicht zu Antidiskriminierung bekennen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt wird keinen Präzedenzfall schaffen und die Gewährung freiwilliger Zuschüsse für Kitas an ein Bekenntnis der Träger zur Antidiskriminierung knüpfen. Gegen die Stimmen der SPD, der Grünen und der Piraten hat der Stadtrat am Dienstag einen Mehrheitsbeschluss des Sozialausschusses kassiert, mit dem dieser sich im November 2014 für die Ausarbeitung eines solchen Konzepts ausgesprochen hatte. Die erneute Grundsatzdebatte im Gremium stand im Zeichen von Vorwürfen gegen die Stadtverwaltung: diese habe unberechtigterweise einen legitimierten Auftrag eines Fachgremiums ignoriert.

Sowohl Stadtjurist Christian Kieser als auch die Rechtsaufsicht im Landratsamt waren in ihren Stellungnahmen zu dem Schluss gekommen, dass die Stadt gegen die im Grundgesetz verankerten Privilegien verstoßen würde. Diese gewähren Kirchen mehr Freiheit bei der Personalplanung. So können sie Mitarbeiter im Gegensatz zu anderen Einrichtungen leichter entlassen, wenn diese sich beispielsweise zu ihrer Homosexualität bekennen, nach einer Scheidung wieder heiraten oder aus der Kirche austreten.

Die Stadt gewährt den Kinderbetreuungseinrichtungen über die Pflichtfinanzierung hinaus einen Ausgleich des Defizits. Axel Lämmle (SPD) hatte bevorstehende Zuschusserhöhungen und die damit erforderliche Neuformulierung von Verträgen zum Anlass genommen, von den Kita-Trägern eine Verpflichtungserklärung zu verlangen. Um in den Genuss der freiwilligen Zuschüsse zu kommen, sollten sie ausdrücklich auf die kirchlichen Privilegien verzichten. Lämmle wiederholte am Dienstag seine Position. Ihm gehe es um ein deutliches Signal, um Werte, die im Grundgesetz verbrieft sind und um das Bekenntnis zu einer benachteiligungsfreien Gesellschaft. "Wir sollten den Mut aufbringen, für diese Werte einzustehen." Am Selbstbestimmungsrecht der Kirchen wolle er gar nicht rütteln, aber die Stadt genieße bei freiwilligen Leistungen Gestaltungsspielraum. Der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende illustrierte das mit einem Beispiel: So zahle die Stadt auch an einen Verein, der keine Jugendförderung betreibe, nicht die entsprechenden freiwilligen Zuschüsse, ohne dass dies beanstandet werde. Lämmle bestreitet vor allem die Notwendigkeit, der Einschätzung von Stadtjurist und Rechtsaufsicht zu folgen und könnte sich vorstellen, einen abweichenden Beschluss auch gerichtlich durchzufechten. Eine Auffassung, die in diesem Punkt auch Alexa Zierl (Grüne) und Jurist Franz Neuhierl (Freie Wähler) teilen: Eine Bewertung ist kein Beleg für Rechtswidrigkeit. Unterstützung erhielt Lämmle von Andreas Ströhle (Piraten): Die Verwaltung habe den Beschluss des Sozialausschusses für ungültig erklärt, obwohl ihr das nicht zugestanden sei: "Wir müssen gar nichts aufheben!"

Klaus Quinten (BBV) bekannte sich zwar zur Nichtdiskriminierung, sieht aber keine Notwendigkeit für "Symbolpolitik". Bislang sei in Bruck niemand aus den besagten Gründen gekündigt worden, es gebe also keinen Handlungsbedarf. Lämmle widersprach dieser Auffassung: Irgendwann werde es keinen Erziehermangel mehr geben. Deshalb sei jetzt die beste Zeit, in neuen Verträgen vorzubeugen - für laufende Kontrakte gelte ohnehin Bestandsschutz.

Andreas Lohde (CSU) warnte vor den Folgen einer Zuschusskürzung kirchlicher Träger. Auf diese Weise würden die Eltern der dort betreuten Kinder über höhere Beiträge diskriminiert.

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