Fürstenfeldbruck:Kampf ums Überleben

Die Freien Wähler konzentrieren sich nach der Schlappe bei der Bundestagswahl auf den Wiedereinzug in den Landtag

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Deutlich gescheitert sind die Freien Wähler (FW) bei ihrem zweiten Versuch, in den Bundestag einzuziehen. Nun konzentriert sich die Partei auf die Landtags- und Bezirkstagswahl im nächsten Jahr, wo es ums Überleben geht. Führende Mitglieder des Kreisverbandes äußerten sich optimistisch, dass die Partei nicht zwischen CSU, FDP und AfD zerrieben wird. Was den Bezirkstag betrifft, droht zusätzliche Konkurrenz. Der Olchinger FW-Stadtrat Ewald Zachmann ist dabei, eine eigene Liste zu zimmern.

Die Freien Wähler sind in vielen Kommunen des Landkreises Fürstenfeldbruck ein Machtfaktor. Bei der Bundestagswahl brachten es die FW aber nur auf 2,39 Prozent, etwas weniger als vor vier Jahren. Bloß in Mammendorf schaffte die Kandidatin Lilian Edenhofer bei den Erststimmen knapp den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Bei der Europawahl im Mai 2014 errangen die FW im Landkreis immerhin noch 4,13 Prozent. Allerdings gibt es da keine Fünf-Prozent-Hürde, und die FW ergatterten ein Mandat in Straßburg.

Zwar sei aufgrund der Prognosen klar gewesen, dass es bei der Bundestagswahl "sehr schwierig" werde, es sei aber richtig gewesen, als bürgerliche Mitte anzutreten und der AfD das Feld nicht kampflos zu überlassen, sagte Michael Leonbacher, der Vorsitzende der FW-Kreistagsfraktion, der SZ. Die Freien Wähler hatten 2012 noch mit prominenten späteren AfD-Gründern wie Bernd Lucke kooperiert, etwa gegen die Finanzhilfen für Griechenland. "Die waren gegen den Euro, gegen Europa und gegen Ausländer, da wollten wir nicht hin", betonte Leonbacher, der damals bundesweit als Pressesprecher der Freien Wähler im Einsatz war.

Ob es einen dritten Anlauf nach Berlin geben wird, konnte Leonbacher nicht sagen. "Das muss man noch mal genau diskutieren." Am Sonntagabend hätten die Freien Wähler auf Landtagswahl "umgeschaltet". Nach allen Umfragen würden sie die Fünf-Prozent-Hürde im Freistaat überspringen und zum dritten Mal ins Maximilianeum einziehen. "Wir haben gute Chancen, aber wir müssen etwas dafür tun", sagte Leonbacher. Ähnlich zuversichtlich äußerte sich Michael Schanderl. Der Bürgermeister von Emmering gehört seit neun Jahren der FW-Fraktion im oberbayerischen Bezirkstag an.

Ihr Optimismus stützt sich auf zwei Überlegungen: Die unmittelbare Konkurrenz sei nicht so stark, und die FW könnten mit Inhalten punkten. Schanderl ist überzeugt, dass die CSU nach der herben Schlappe vom Sonntag einige Zeit mit sich selbst und mit Personalfragen beschäftigt sein wird. Die AfD müsse erst noch beweisen, dass sie außer Fremdenfeindlichkeit noch andere Inhalte habe, und bei der FDP sei die Personaldecke ziemlich dünn. Die wichtigen Leute bei den Liberalen zögen jetzt alle in den Bundestag nach Berlin.

Für die Freien Wähler als bürgerliche Kraft in der politischen Mitte sei genügend Platz, hofft Leonbacher. Die Partei müsse sich als Vertreterin der Kommunen präsentieren und in der Struktur- und Bildungspolitik punkten. Er verwies auf den erfolgreichen Einsatz gegen Studiengebühren und für das G 9. Schanderl ergänzte, es gelte Wohnraum für Einheimische und Zuwanderer zu schaffen, egal ob diese aus anderen Bundesländern oder dem Ausland kämen. Außerdem gelte es, Straßen und Schienen auszubauen. "Ich sehe den Verkehrskollaps jeden Tag im Berufsverkehr vor der Rathaustüre", sagte Schanderl. Was das Reizthema Flüchtlinge betrifft, so sei das Schlagwort "Obergrenze" wichtig für die CSU, aber kein Thema für einen Landtagswahlkampf, sagte Leonbacher. Vielmehr müsse man konkrete Lösungen für die Integration in den Landkreisen und Kommunen finden.

Ein dritter Pluspunkt sei, dass es innerhalb der FW keinen Widerstand mehr gegen die Landtagskandidatur gebe. "Im Landkreis sind 99 Prozent dafür, anders als bei der Bundestagswahl", sagt Leonbacher. Was den Bezirkstag betrifft, besteht Konsens, weil es sich um die dritte kommunale Ebene in Bayern handelt. Schanderl wäre bereit, ein drittes Mal für den Bezirkstag zu kandidieren.

Ungemach droht von einem alten Weggefährten. Ewald Zachmann will mit gleichgesinnten FW-Gruppen, die nicht der FW-Partei angehören, eine eigne Liste für den Bezirkstag aufstellen. Seit Anfang der Neunzigerjahre hatte er dafür gekämpft, dass die FW überregional antreten. Er konnte sich gegen starke Widerstände durchsetzen und kandidierte zweimal erfolglos für den Landtag.

Später überwarf sich Zachmann mit alten Weggefährten, weil er die Umwandlung der FW in eine Partei ablehnte, die notwendig war, als die Gruppierung 2013 erstmals für den Bundestag kandidierte. Zachmann trat aus dem Verband aus. Im bayerischen Landtag hätten die Freien Wähler "versagt", sagte er der SZ. Die Professionalisierung, die er stets gefordert habe, sei nie erreicht worden. Darum habe er die Kandidatur für das Parlament in Berlin als "Größenwahn" eingestuft.

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