Fürstenfeldbruck:Heimatstil

Wie stark der Architekt Adolf Voll Bruck geprägt hat, lässt sich am besten bei einem Spaziergang durch die Stadt sehen

Von  Aline Pronnet, Fürstenfeldbruck

Unter einem runden Bogen und durch eine hölzerne Tür geht es in der Emmeringer Straße 2 hinein in das Wohnhaus des Architekten Adolf Voll. 1910 zog er mit Ehefrau Erna in das eigens erbaute Heim, das heute noch von seinen Nachfahren bewohnt wird. Ein Porträt des Architekten, gemalt von Henrik Moor, hängt im Treppenhaus. Besser gesagt, derzeit hängt es als Leihgabe der Familie in der Ausstellung "Adolf Voll - Architekt seiner Zeit" des Projektteams zur Erforschung des architektonischen Werkes des Bruckers. Sie präsentiert die Spurensuche des Teams und einige der erforschten Gebäude mit Plänen, Fotografien und zeitgenössischem Material.

Auch das Landhaus der Volls wird in dem Abschnitt, der sich mit den von ihm geplanten Wohnhäusern beschäftigt, vorgestellt. Da der Architekt es für sich selber entwarf, ist davon auszugehen, dass es seinen Vorstellungen eines idealen Wohnhauses entspricht. Einige Formelemente die Voll schon zu Beginn seiner Karriere ausführte, finden sich in seinem Gesamtwerk immer wieder. Beispielsweise überdachte Eingänge mit angrenzendem inneren Vorplatz mit Treppenhaus, vertäfelte Sitzecken in den Wohnküchen, Erker und Gauben in der Dachlandschaft.

In den von der Fürstenfeldbrucker Hauptstraße ausgehenden Straßenzügen ist Volls Handschrift noch heute zu sehen. Sie laden geradezu zu einem Stadtspaziergang auf den Spuren des Architekten ein. So finden sich in der Emmeringer Straße einige von Voll entworfene Wohnhäuser. Bei den Hausnummern 8 und 18 handelt es sich um schlichte Bauten. Ganz im Gegensatz dazu steht die Nummer 36: Die repräsentative Villa beeindruckt mit ihrem monumentalen Eingangsbereich, neubarocken Schweifgiebeln und im Inneren durch das helle Treppenhaus mit ovalem Fenster.

In der Dachauer Straße sind die Hausnummern 52 und 54 benachbarte Voll-Gebäude. Dass die Hausnummer 54 für Hans Erich Blaich, Arzt und Simplicissimus-Autor, erbaut wurde, lässt sich noch heute am erhaltenen Briefkastenschild ablesen. Nummer 63, die Villa des Malers Eugen von Ruckteschell von 1907, ist das erste Gebäude, das Adolf Voll in Fürstenfeldbruck plante. Ein Jahr später erbaute er das Haus in der Pucher Straße 6. Das prächtig wirkende Gebäude mit der schön gestalteten Fassade entpuppt sich bei einem Blick in den Hinterhof aber als Mogelpackung, denn Voll baute hier bis an die Grundstücksgrenzen und entschied sich für ein Pultdach. Von der Straße aus wirkt das Gebäude dadurch doppelt so breit wie es eigentlich ist. Die Pucher Straße 31 ist das Wohn- und Geschäftshaus der Bäckerei Drexler. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stadtauswärts folgen in einer Reihe gleich vier Wohnbauten Volls: die Hausnummern 54, 56, 58 und 60. Sie unterscheiden sich zwar deutlich, doch funktionieren sie gut im Ensemble. Hier finden sich neubarocke Schweifgiebel, Erker, Gauben und Backsteine als Zierelemente. Und auch im Innenraum sind typische Voll-Elemente wie das Treppenhaus mit dem charakteristischen Handlauf und den kleinen Fenstern zur Beleuchtung, Sprossenfenster und -türen zu sehen.

Bruck: FRAUEN-Gespraech in der Redaktion / Aline Pronnet, Erika Huppertz

Die 23-jährige Aline Pronnet studiert Kunstgeschichte und Literatur in München.

(Foto: Johannes Simon)

Als Verlängerung der Pucher Straße stellt die Aicher Straße erneut ein Beispiel für kleine Wohneinheiten dar. Hier wurden die vom damaligen Markt Fürstenfeldbruck in Auftrag gegebene, baugleiche, nebeneinander liegende Doppelhäuser, 7/9 und 11/13, erbaut. Auch der Gebäudetyp, den Voll in der Landsberger Straße 1/3, 6/8 und 10/12 ausführte, wurde baugleich in der Unfaltstraße geplant. Dabei handelt es sich um Kleinhäuser mit Garten.

Besonders prächtig ist der Garten des Mühlangers 4. Das Haus ist das prunkvollste Gebäude, das der Architekt in der heutigen Kreisstadt entworfen hat. Die großzügige Villa ist umgeben von einem imposanten Grundstück und zeigt in der Hauptansicht sowohl einen dreibogigen Loggia-Eingang als auch ein Risalit mit Turmaufsatz, vergleichbar mit dem in der Pucher Straße 56. Die typischen verspielten Dachlandschaften finden sich ebenso wieder, wie auch die Fenster, innen die vertäfelten Sitzecken, die Baudetails der Treppen und auch das Bogenmotiv des Eingangs wird aufgegriffen. Zeitgleich, 1924, verwendete Voll den Loggia-Eingang mit Arkaden auch in der Fürstenfeldbrucker Straße 13/15, diesmal allerdings symmetrisch ausgelegt, so dass der Bau eine gewisse Eleganz bekommt. Die Fürstenfelder Straße 18 kommt hingegen ganz ohne verspielte Details aus - 1939 unter den Nationalsozialisten waren solche Spielereien eben nicht mehr gefragt.

Neben den genannten Gebäuden plante Adolf Voll noch weitere Wohnhäuser in Fürstenfeldbruck, in der späteren Schaffenszeit beispielsweise die Mühlfeldstraße 9. Er baute aber auch in Dachau, Olching, Maisach, Emmering und Germering Wohn- und Geschäftshäuser. Immer fügen sich Volls Bauten in das regionale Landschaftsbild ein und bei seinem Heimatstil handelt sich um eine Bauweise, die größten Wert auf Behaglichkeit im Inneren legt. Voll macht in seiner Wohnhausarchitektur bei der Planung der Lebensräume keinen Unterschied zwischen repräsentativer Villa oder sozialem Wohnungsbau. Die von ihm geplanten Häuser zeigen - von der Größe unabhängig - immer sein Bemühen, den Lebensraum jeweils bestmöglich an die Bedürfnisse der Bewohner anzupassen und die Gebäude auch im kleinen Maßstab als stimmiges Gesamtkunstwerk auszuarbeiten. Moderne Neuerungen wie fließendes Wasser in Haushalten machte die Planung von Badezimmern und Toiletten möglich, die Voll durchwegs einzeichnete. Und wer damals nicht die Möglichkeit hatte im eigenen Wohnhaus ein Bad zu nehmen, der konnte von 1911 an das von Adolf Voll erbaute Warmbad am Schlachthof auf der Lände besuchen und dort sogar mit warmen Wasser die Körperhygiene aufrechterhalten.

Die Ausstellung "Adolf Voll - Architekt seiner Zeit", zu deren Organisatoren Aline Pronnet gehört, läuft noch bis zum 7. Juni im Haus 10 auf dem Klostergelände.

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