Fürstenfeldbruck:Grenzüberschreitung

Vor dem Amtsgericht in Fürstenfeldbruck wird ein Gebäudereiniger beschuldigt, eine 34-jährige Puchheimerin in ihrem Haus bedrängt und unsittlich berührt zu haben. Der Angeklagte bezichtigt die Frau der Lüge

Von Max Keldenich, Fürstenfeldbruck

Ein Freitag Ende April: Um 8.30 Uhr öffnet eine 34-jährige Frau aus Puchheim ihre Haustür. Sie erwartet einen Gebäudereiniger aus München, der seit Februar bei ihr arbeitet und das Haus säubern soll. Eigentlich sei die Situation völlig normal gewesen, sagt die Mutter von drei Kindern bei ihrer Zeugenaussage vor dem Amtsgericht. Sie erläutert dem Putzmann, was er zu tun habe. Danach geht sie in den Keller und legt dort einige Gegenstände ab. Doch plötzlich steht der Gebäudereiniger in einem engen Kellerraum vor ihr, legt seine Hände auf ihre Schultern, berührt sie an den Brüsten und im Genitalbereich. Er drückt sie mit einem festen Griff gegen ein Regal, das sich hinter ihr befindet. Sie spürt sein erigiertes Geschlechtsteil an ihrer Hüfte. "Lass mich bitte los", will die Frau gesagt haben. Kurze Zeit später kommt ihr ihr Hund zu Hilfe und fletscht mit den Zähnen, so dass der mutmaßliche Täter von ihr ablässt. Sie verständigt die Polizei und erstattet Anzeige wegen sexueller Nötigung. Der Fall beschäftigt jetzt das Amtsgericht Fürstenfeldbruck. Ein Urteil ist frühestens am Montag zu erwarten, wenn noch weitere Zeugen, darunter mehrere Polizeibeamte, gehört worden sind.

Die Frau leidet seit dem Vorfall unter Panikattacken und befindet sich in psychologischer Behandlung. Sie fühle sich in ihrem eigenen Zuhause nicht mehr sicher, sagt sie. Auch sei es für sie kaum möglich, einen Staubsauger in die Hand zu nehmen oder allein in den Keller des Hauses zu gehen. All dies erinnere sie an die Tat im April. Sie sei vom Übergriff des Täters völlig überrascht worden. "Ich hatte keine Angst vor ihm. Er war immer zuvorkommend und höflich. Ich habe ihn auch mit meiner Tochter allein zu Hause gelassen", sagte sie vor Gericht. Sie habe ihn sogar für homosexuell gehalten, und er habe sie auch in keiner Form belästigt. Zweimal pro Woche ist er ins Haus gekommen, um dort Reinigungsarbeiten zu verrichten. Meistens habe er sich dort etwa zwei Stunden aufgehalten. Probleme habe es nie gegeben, sie habe ihn nur einige Male darauf hingewiesen, wo er noch putzen solle. Erst der Vorfall Ende April habe das wahre Gesicht des mutmaßlichen Täters enthüllt.

Der Mann habe sie angefasst und soll dann gesagt haben: "Ich will dich spüren". Dass sie sich zunächst nicht dagegen wehrte, erklärte sie mit den besonderen Umständen der Tat: "Ich hätte ihn treten und wegschubsen können. Aber ich stand so unter Schock, dass ich das nicht gemacht habe." Sie sei zunächst in ihr Schlafzimmer gegangen und habe dann bemerkt, dass sich ihre Wertgegenstände in der oberen Etage befanden. Erst dann habe sie den Täter aufgefordert, das Haus sofort zu verlassen. Daraufhin rief sie ihren Mann an. Der sagte aus, seine Frau sei am Telefon "völlig aufgelöst" gewesen. "Sie konnte erst nicht mit mir sprechen. Sie wusste gar nicht, was sie machen sollte. Ich habe ihr dann gesagt, dass sie die Polizei rufen soll. Ich bin dann nach Hause gefahren und habe mich um sie gekümmert", berichtete der 44-Jährige.

Der Angeklagte, der seit 2004 als selbständiger Gebäudereiniger tätig ist, bestritt den Vorwurf der sexuellen Nötigung. "Sie lügt wie gedruckt", sagte der 50-Jährige. Sie sei ihm in den Keller gefolgt, wo sie ihm ihre Hände auf die Schultern gelegt und ihn gefragt haben soll: "Was ist jetzt?" Er habe gesagt, dass er nichts von ihr wollte und arbeiten müsse, weil er noch weitere Aufträge an diesem Tag zu erledigen habe. Auch sei ihr Hund nicht in direkter Nähe gewesen, der ihn hätte einschüchtern können. Der Angeklagte bestätigte, dass die Frau ihn aufforderte, das Haus sofort zu verlassen. Indes konnte er das Motiv der Frau nicht überzeugend erklären. "Vielleicht wollte sie mich nicht mehr bezahlen", vermutete der mutmaßliche Täter. Welche Version das Gericht für die glaubwürdigere hält, wird nun am Montag entschieden.

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