Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Glücksmobil

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Für einen besonderen Rettungswagen des Arbeiter-Samariter-Bundes wirbt Inge Weis um Spenden. Mit ihm werden Todkranken letzte Wünsche erfüllt

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

"Ja, was ist denn heute bei euch los." Als die Kundin den Salon "City Beauty" betritt, fällt ihr Blick unweigerlich auf das Kuchenbuffet mit Muffins, Streusel- und einem Kuchen in Herzform mit grünem Guss. "Wir haben heute unsere Spendenaktion." Chefin Marina Merk deutet auf den Tisch mit den Kuchen, das weiße Sparschwein und den auf der anderen Straßenseite geparkten Rettungswagen vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). "Der Wünschewagen - Letzte Wünsche wagen" steht in Weiß auf dem blauen Farbstreifen. Es ist der einzige dieser Art in Bayern. An diesem Freitag ist er vier Stunden lang in Fürstenfeldbruck vor dem Friseursalon. "Zum Präsentieren", wie Fahrerin Inge Weis erläutert. Die Bruckerin ist - ebenso wie Merk - von dem Projekt, das schwer kranken Menschen einen letzten Wunsch erfüllt, total begeistert und will es unter den Leuten publik machen.

Seit Juni vergangenen Jahres gibt es den Wünschewagen in Bayern. Mit ihm sind es jetzt zehn in neun Bundesländern. Finanziert wird der speziell ausgestattete Rettungswagen - mit Led-Lämpchen als Sternenhimmel, verdunkelten Panoramafenstern und dem ganzen medizinischen Equipment in Schränken versteckt - und seine Einsätze über Spenden. "Das Zeitfenster ist oft sehr kurz", berichtet Weis. Denn ihren "Fahrgästen, nicht Patienten", wie sie betont, bleibt oft nicht mehr viel Zeit. Die Wünsche sind ganz verschieden: ein letztes Mal in die Allianz-Arena, ein Vater, der die Kommunion seines Sohnes mitfeiern oder ein Fünfjähriger, der einfach nur Zuhause sterben wollte.

Sind solche Fahrten, bei denen immer drei ausgebildete Rettungskräfte dabei sind, nicht sehr belastend? Für Inge Weis nicht: "Man gibt ihnen noch mal ein Stück Leben zurück." Die strahlenden Augen ihrer Fahrgäste und ihre jahrzehntelange Erfahrung als Krankenschwester und Rettungssanitäterin genügen der Fürstenfeldbruckerin zufolge, damit sie ihre Einsätze gut verarbeiten kann. Vom ASB gäbe es die Möglichkeit zur Supervision, doch bislang musste Weis sie nicht nutzen.

Doch was macht nun ein solcher Wagen, der todkranken Menschen ihren letzten Wunsch erfüllt ausgerechnet vor einem Friseursalon? "Ich habe vorgehabt, eine Spendenaktion zu machen, aber ich habe nicht gewusst, für was", erklärt Marina Merk. Da traf es sich gut, dass Ines Weis Stammkundin in dem Laden in der Ludwigstraße ist. Und dass beide ehrenamtlich und sehr engagiert als Rettungssanitäter tätig waren. Das verbindet. Zudem ist Merk ursprünglich Arzthelferin, in ihrer Familie gibt es einige Mediziner.

Während Merk, Mutter von zwei Kindern, erläutert, dass sie ihre Tageseinnahmen und alles aus dem Sparschwein für das Projekt spenden will, ist Weis wieder beim Wünschewagen. Ein älterer Herr begutachtet interessiert das Interieur, befragt Weis, macht ein paar Fotos. Kaum ist er weg, nähert sich eine ältere Dame, gezogen von ihrer etwa vier Jahre alten Enkelin, dem Wagen. Friseurmeisterin Merk erläutert derweil, dass ihr ebenfalls selbständiger Partner auch für das Projekt spenden will. Er wird ihre Spende verdoppeln.

Vier Stunden später, am Ende der Aktion, sind die beiden ehemaligen Rettungssanitäterinnen vollauf zufrieden: Sie habe "in einer Tour" über den Wünschewagen aufgeklärt, berichtet Weis ganz glücklich. Dass Vertretern vom BRK und der Kreisklinik da waren, helfe, den Wünschewagen bekannter zu machen, ist sich Weis sicher.

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Quelle:
SZ vom 15.07.2017
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